29
Die Vielfalt der gesetzlichen Zeugnisvorschriften der verschiedenen Berufsgruppen gehört der Vergangenheit an, sie mündet seit 2003 in § 109 GewO ein (nur eingeschränkt gilt weiterhin § 630 BGB); da das Gewerberecht die Keimzelle des modernen Zeugnisrechts war, ist dieser heutige Standort der maßgeblichen Zeugnisvorschrift zwar zunächst verwunderlich, aber historisch nicht verfehlt!
1 1 Der Begriff „ Arbeitszeugnis “ ist in einem formalen Gesetz bislang nicht verwendet worden,1 sondern nur der schlichte Begriff „ Zeugnis “. Zur Unterscheidung von anderen Zeugnisarten (Prüfungs-, Schul- und Hochschulzeugnissen aller Art) hat sich in der Praxis der Begriff „ Arbeitszeugnis “ und auch „ Ausbildungszeugnis “ herausgebildet. Der Begriff „ Dienstzeugnis “ ist erstmals 1937 für Beamte in das Deutsche Beamtengesetz eingeführt worden, und später auch für Soldaten (und Zivildienstleistende). 2 Das Zeugnis2 bietet für alle Zukunft den bleibenden Nachweis der beruflichen Beschäftigung des Arbeitnehmers3 innerhalb des bescheinigten Zeitraums. 3 Die Crux des Zeugnisrechts besteht in der Kürze der gesetzlichen bzw. tariflichen Regelung; es geht um die „Art und Dauer“ des Beschäftigungsverhältnisses und die Beurteilung von „Leistung und Verhalten“, als Formalie ist die Schriftform genannt – wie das Zeugnis im Übrigen auszusehen hat, aus welchen Bestandteilen es besteht, wie es zu gliedern und zu formulieren ist, welche Umschreibungen wichtig sind, dies ist immer noch teilweise offen und mit dem Prozessrisiko behaftet.
§ 7b Abs. 1 Nr. 2 des Gesetzes zur Ordnung des Handwerks (Handwerksordnung) erwähnt zwar das „Arbeitszeugnis“, aber nur beispielshaft als möglichen Nachweis für handwerkliche Tätigkeiten, um eine behördlich zu erteilende Ausübungsberechtigung zu erhalten; diese Vorschrift ist keine Zeugnisnorm. 2 Das Zeugnis2 bietet für alle Zukunft den bleibenden Nachweis der beruflichen Beschäftigung des Arbeitnehmers3 innerhalb des bescheinigten Zeitraums. 3 Die Crux des Zeugnisrechts besteht in der Kürze der gesetzlichen bzw. tariflichen Regelung; es geht um die „Art und Dauer“ des Beschäftigungsverhältnisses und die Beurteilung von „Leistung und Verhalten“, als Formalie ist die Schriftform genannt – wie das Zeugnis im Übrigen auszusehen hat, aus welchen Bestandteilen es besteht, wie es zu gliedern und zu formulieren ist, welche Umschreibungen wichtig sind, dies ist immer noch teilweise offen und mit dem Prozessrisiko behaftet.
Eine umfangreiche und immer noch beachtenswerte Abhandlung des Zeugnisrechts bietet Monjau, „Das Zeugnis im Arbeitsrecht“, DB 1966 S. 264, 300 und 340. Zu einer ebenfalls älteren, aber kürzeren Fassung des Zeugnisrechts: Schleßmann, „Das Arbeitszeugnis“, BB 1988 S. 1320. 3 Das Zeugnis2 bietet für alle Zukunft den bleibenden Nachweis der beruflichen Beschäftigung des Arbeitnehmers3 innerhalb des bescheinigten Zeitraums. 3 Die Crux des Zeugnisrechts besteht in der Kürze der gesetzlichen bzw. tariflichen Regelung; es geht um die „Art und Dauer“ des Beschäftigungsverhältnisses und die Beurteilung von „Leistung und Verhalten“, als Formalie ist die Schriftform genannt – wie das Zeugnis im Übrigen auszusehen hat, aus welchen Bestandteilen es besteht, wie es zu gliedern und zu formulieren ist, welche Umschreibungen wichtig sind, dies ist immer noch teilweise offen und mit dem Prozessrisiko behaftet.
Die geschlechtergerechte Sprache wird zwecks leichterer Lesbarkeit auf die männliche Form verkürzt. 4 Deutsches Recht und damit die deutschen Zeugnisvorschriften gelten für jeden, der in Deutschland seinen gewöhnlichen Arbeitsort hat bzw. hier eingestellt wurde.4 § 109 GewO gilt für sämtliche Arbeitnehmer (siehe auch § 6 Abs. 2 GewO). § 630 BGB, die ehemalige Grundnorm des Zeugnisrechts, findet keine Anwendung mehr auf Arbeitsverhältnisse (siehe § 630 Satz 4 BGB) und hat an Bedeutung für das Arbeitsrecht verloren. § 16 BBiG bildet die gesetzliche Grundlage für Ausbildungszeugnisse. Für Beamte bestehen spezielle, gesetzliche Zeugnisvorschriften. 5 Auch in Tarifverträgen finden sich Zeugnisvorschriften, die entweder den bereits gesetzlich normierten Zeugnisanspruch inhaltlich gleichsam deklaratorisch wiederholen, oder eine über die gesetzlichen Vorschriften hinausgehende, aber für den Arbeitnehmer günstigere Ausgestaltung des Zeugnisrechts vorsehen (z.B. § 35 TVöD bzw. TV-L). Die tarifvertragliche Zeugnisvorschrift genießt durch § 4 Abs. 4 TVG eine Absicherung hinsichtlich des Verzichts und der Verwirkung. 6 Die verschiedenen Zeugnisvorschriften ähneln sich, lediglich § 630 BGB spielt insofern eine Sonderrolle, als ein „dauerndes“ Dienstverhältnis gefordert wird (siehe Rn. 109). Die jeweilige Rechtsgrundlage wird im Zeugnis nicht zitiert.
Art. 8 der VO (EG) 593/2008 = Rom I-VO. 5 Wenn das endgültige Zeugnis verlangt werden kann, scheiden das vorläufige und das Zwischenzeugnis aus, sie sind subsidiär.5 9 Inhaltlich werden diese Zeugnisse unterschieden (siehe § 109 Abs. 1 GewO): Das einfache Zeugnis (das nur Fakten wiedergebenden Charakter hat) und das qualifizierte Zeugnis6 (das darüber hinaus Bewertungen über Leistung und Verhalten enthält).
LAG Frankfurt, 28.3.2003 (12 SaGa 1744/02). 6 das qualifizierte Zeugnis6 (das darüber hinaus Bewertungen über Leistung und Verhalten enthält).
Im TVöD als „Endzeugnis“ bezeichnet. 7Tschöpe (Wessel), Rn. 20. 8C. Sende, Dissertation 2016 – siehe dazu Rn. 729 (Studie 2011). 9Im anglo-amerikanischen Wirtschaftsraum sind Arbeitszeugnisse unbekannt und stattdessen Empfehlungsschreiben üblich = Kursawe, „Der Anspruch auf ein englischsprachiges Arbeitszeugnis“, ArbRAktuell 2010 S. 643. 10Selbstangefertigte „Empfehlungsschreiben“ können im Internet präsentiert werden (z.B. in Business-Kontaktbörsen wie LinkedIn oder Xing), um Arbeitgeber auf sich aufmerksam zu machen. 11Grau/Watzka, „Arbeitszeugnisse in Deutschland – Kritische Analysen zu ihrer Erstellung und Nutzung in der Personalauswahl“, 2016, S. 135. 12VGH Kassel, 26.10.2007 (1 TP 1731/07), NJW 2008 S. 1608. 13Speziell zum Dienstzeugnis für Gerichtsreferendare: BVerwG, 26.1.1961 (II C 45/59), NJW 1961 S. 1131. 14BAG, 9.5.2006 (9 AZR 182/05), NZA 2006 S. 1296. 15Weitere Informationen unter ‚www.europass-info.de‘. 16Ausführlicher in NZA 2006 S. 1392 („Historisches zum Arbeitszeugnis“). 17In der Bergordnung von Joachimsthal (1518) wurde der „Abkehrschein“ erstmals erwähnt, vgl. Müller-Erzbach, „Das Bergrecht Preußens und des weiteren Deutschlands“, (1917), S. 380. 18Im 16. Jahrhundert hatte sich in den Zunftordnungen die durchweg 3-jährige Wanderpflicht durchgesetzt. 19Erstmals wurden Gesindezeugnisse verlangt in der Gesindeordnung von Hildesheim/Braunschweig/Lüneburg im Jahre 1445, vgl. Könnecke, „Rechtsgeschichte des Gesindes in West- und Süddeutschland“, (1912), S. 860 – reichseinheitlich in der Reichspolizeiordnung von 1530 (für Knechte und „andere Dienstbotten“). 20Um 1900 wurden in Deutschland 59 Gesindeordnungen gezählt! Zur Weitergeltung des Gesinderechts über 1900 hinaus, siehe Art. 95 des Einführungsgesetzes zum BGB. 21Zur Weitergeltung des Bergrechts über 1900 hinaus, siehe Art. 67 des Einführungsgesetzes zum BGB. 22Reichsgericht, 3.12.1895, amtliche Sammlung in Zivilsachen, Band 36 S. 71.
II. Bedeutung des Zeugnisses
30
Das Zeugnis hat eine „ zweiseitige Zielsetzung... (es) dient dem Arbeitnehmer regelmäßig als Bewerbungsunterlage und ist insoweit Dritten, insbesondere möglichen künftigen Arbeitgebern, Grundlage für ihre Personalauswahl “.23
31
Aber auch für den Zeugnisaussteller hat das Zeugnis Bedeutung: er darf sich mit seinem weiteren Verhalten nicht in Widerspruch zum Zeugnisinhalt setzen (die Beurteilung bindet), und bei leichtfertiger Formulierung droht Schadensersatz.
Читать дальше