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Zielfragen
Hat das Haus eine digitale Kultur in der Führung und an der Basis?
Wie ist der Grad der digitalen Reife des Hauses zum aktuellen Zeitpunkt – wie kann das Zielbild sein?
Welche der ab 2025 mit Strafen belegten „Must-Haves“ aus dem KHZG habe ich bereits/kann ich bis dahin umsetzen?
Wie kann das Thema IT-Sicherheit und Datenschutz verantwortlich und sinnvoll im Unternehmen verankert werden?
Was ist darüber hinaus der Organisation noch zuzumuten?
Wer sorgt für einheitliche Prozesse? Kann die Einrichtung diesen Prozess allein steuern, oder benötigt Sie externe Unterstützung?
Wie kann eine Organisation gestaltet werden, damit die Veränderungen durch Digitalisierung mitgetragen und gefördert werden?
Vergessen Sie auf dem Weg nicht die einmaligen Chancen der Digitalisierung. Einmalig, weil dieser disruptive Prozess sich nur einmal in dieser Dekade vollzieht und es nicht verziehen wird, wenn Sie ihn verschlafen. Diese Lehre aus vielen anderen Branchen, die mit Blick auf die Aktienmärkte leicht zu identifizieren sind, sollten allen Entscheidern klar vor Augen führen, dass nur noch jetzt die Zeit zum Handeln ist.
In den nächsten Jahren werden die Mitarbeiter:innen aber auch die Patient:innen mit den Füßen über den Erfolg des Krankenhauses abstimmen, und beide Gruppen werden ein rückständiges Haus meiden. Ergo ist es alternativlos, eine Digitalstrategie zu haben – und diese auch zu leben. Größer als der Druck sind aber die Chancen. Sie können sich vom Wettbewerb differenzieren, das Haus kann zum digitalen Leuchtturm werden, einem Magneten für medizinische Expertise, der Personal wie Patient:innen gleichermaßen an die Einrichtung bindet. Sie haben ein Werkzeug, um dem Fachkräftemangel aktiv etwas Wirksames entgegenzusetzen. Das benötigen Sie schon allein deshalb, weil auch die Menschen in der IT-Abteilung schwer in den Tarifen des öffentlichen Dienstes für die Aufgaben zu halten oder zu finden sind. Und schlussendlich verbessern Sie neben der medizinischen Qualität und der Zufriedenheit der Mitarbeiter: innen auch noch das finanzielle Ergebnis.
Die Finanzierung der IT und der Fachkräfte, die die Digitalisierung umsetzen, ist und bleibt eine Herausforderung der Krankenhausführung. Das KHZG ist eine Chance, ganz wesentliche Impulse durch eine Förderung setzen zu können, und die Themen des Gesetzes werden ohnehin die Inhalte des Healthcare-Marktes für viele Jahre prägen. Wenn Ihr Haus aktuell keine Strategie dazu hat, dann kann die dringende Empfehlung nur heißen, mit allen verfügbaren Mitteln diesen Zustand zu ändern. Haben sie bereits eine Digitalisierungsstrategie, dann muss diese jetzt mit den im KHZG beschriebenen Kann- und Muss-Kriterien abgeglichen werden.
Ich wiederhole mich am Schluss bewusst: Ihr Haus wird nicht digitalisiert.
Das Haus muss sich aktiv und überzeugt auf den Weg begeben und verstanden haben, dass Digitalisierung den Patient:innen, den Mitarbeiter:innen und dem Management gleichermaßen hilft. Hierzu bedarf es des Mutes und der Weitsicht, heute die richtigen Entscheidungen zu treffen.
III
Das Krankenhauszukunftsgesetz
1
Krankenhauszukunftsfonds – Digitales Upgrade für die deutsche Kliniklandschaft
Stephan Krumm, Daniel Petros und Thomas Süptitz
Der vorliegende Beitrag spiegelt ausschließlich die persönliche Meinung der Autoren wider.
1.1 Die Geburtsstunde des Krankenhauszukunftsfonds
In nationalen und internationalen Rankings landet Deutschland im Bereich der digitalen Infrastruktur im Gesundheitswesen, vor allem derjenigen von Krankenhäusern, regelmäßig im hinteren Feld. Dies gilt insbesondere auch für den Digital Economy and Society Index (DESI) der Europäischen Kommission. Ziel von DESI ist es, verschiedene Indikatoren zusammenzubringen, um die digitale Performance der EU-Mitgliedstaaten zu bewerten. Dafür werden 30 Indikatoren aus 5 Dimensionen betrachtet. Im Bereich des öffentlichen Digitalservice, zu dem auch das Thema E-Health zählt, kommt Deutschland im aktuellen Ranking nur auf Platz 21. Ein ähnliches Ergebnis ergibt sich bei einer Betrachtung des EMRAM-Modells der HIMSS (Krankenhaus-Report 2019).
Solche Benchmarks können ganz grundsätzlich kritisch betrachtet werden. So berichtet Bannister (2004) von einem früheren Regierungsmitglied eines europäischen Staates, das sich darüber beklagt, dass entsprechende Rankings und Benchmarks nicht die wahren Anstrengungen eines Landes berücksichtigen würden. Bannister erläutert im selben Beitrag den Grund für diese Kritik: Allein die Frage, welchen Bereich ein Benchmark abbildet, ist kaum abgrenzbar. In anderen Worten: Konzentriert sich ein Benchmark beispielsweise nur auf das Vorhandensein einer digitalen Infrastruktur oder auch auf die administrativen Prozesse dahinter oder auch auf die Arbeitsabläufe der Nutzer:innen?
Ungeachtet dieser fundamentalen Kritik gegenüber Benchmarks werden diese von Entscheidungsträger:innen aus Wirtschaft, Politik und Verwaltung aufmerksam betrachtet – nicht zuletzt aus Gründen der Governance (Schellong 2010).
Daher beeinflussen Benchmarks und deren Ergebnisse die öffentliche Wahrnehmung und Debatte und werden sehr häufig als Ausgangsbasis für Planungs- und Entscheidungsprozesse genutzt (Berntzen u. Olsen 2009).
Betrachtet man die Rankings der letzten Jahre, zeigen sich im zeitlichen Verlauf zwar Fortschritte bei der Digitalisierung des Gesundheitswesens. Dennoch wird gerade im internationalen Vergleich ein Nachholbedarf überdeutlich. Damit geht auch die Gefahr einher, dass die Chancen und Potenziale einer Digitalisierung im Gesundheitswesen verpasst werden.
Eine wesentliche Ursache für den Nachholbedarf liegt in den historisch gewachsenen IT-Strukturen. In vielen Branchen – und dabei stellt das Gesundheitswesen keine Ausnahme dar – werden IT-Systeme seit Jahren oder gar Jahrzehnten eingesetzt. Dies hat dazu geführt, dass Daten – quasi siloartig – häufig redundant gespeichert und verarbeitet werden und ein Datenaustausch zwischen den Systemen – wenn überhaupt – nur in einem zu geringen Umfang erfolgen kann.
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