Gegebenenfalls haben sich insoweit auch unterhaltsverpflichtete Angehörige im Hinblick auf die Beseitigung der Notlage vorrangig zu beteiligen:

§ 43 Abs. 1 Satz 1 Sozialgesetzbuch Zwölftes Buch
Für den Einsatz des Einkommens sind die §§ 82 bis 84 und für den Einsatz des Vermögens die §§ 90, 91 anzuwenden […].
3.2 Grundsicherung in Form der besonderen Hilfen
Darüber hinaus entfaltet die Sozialhilfe ihre besondere Bedeutung überall dort, wo das oben skizzierte System der Sozialversicherung nicht eingreift, nicht ausreicht oder versagt. Genau hier übernehmen die Leistungen der sozialen Fürsorge ihre Funktionen als Lückenfüller, um die Mängel, insbesondere der gesetzlichen Krankenversicherung sowie der sozialen Pflegeversicherung, überwinden zu helfen.
3.2.1 Hilfen zur Gesundheit
Gewissheit darüber, ob die Sozialversicherung Lücken hinterlässt, lässt sich anhand von unterschiedlichen Fragestellungen ermitteln. Die erste bezieht sich darauf, ob eine Person überhaupt zum sozialversicherten Personenkreis gehört?
Beispiel 
Eine Migrantin ohne sicheren Aufenthaltsstatus erscheint in der Notaufnahme eines Kinderkrankenhauses mit ihrem schwerst erkrankten Kind und begehrt dringendst Behandlung. Da sie keine Krankenversichertenkarte vorlegen kann, wird sie vom Krankenhausträger prompt abgewiesen.
Tatsächlich gehört die Migrantin, ebenso wenig wie etwa hierzulande lebende Obdachlose, d. h. nicht sesshafte Menschen, formal nicht zum Kreis der versicherten Personen. Insofern muss die oben gestellte Frage verneint werden, ein Anspruch auf Behandlung gegen eine gesetzliche Krankenkasse besteht daher dem Grunde nach nicht. Hier versagt daher vordergründig das System der gesetzlichen Krankenversicherung. Ist jedoch eine derartige Person akut erkrankt, so hat sie gleichwohl Anspruch auf Krankenbehandlung wie eine gesetzlich Krankenversicherte:
Denn hier leistet die Sozialhilfe in Form der »Hilfen zur Gesundheit«.

§ 48 Sozialgesetzbuch Zwölftes Buch
Um eine Krankheit zu erkennen, zu heilen, ihre Verschlimmerung zu verhüten oder Krankheitsbeschwerden zu lindern, werden Leistungen zur Krankenbehandlung entsprechend dem Dritten Kapitel […] des Fünften Buches erbracht. Die Regelungen zur Krankenbehandlung nach § 264 des Fünften Buches gehen den Leistungen der Hilfe bei Krankheit nach Satz 1 vor.
Soweit die Krankenkasse nicht für die Übernahme der Krankenbehandlung für Empfänger von Gesundheitsleistungen nach dem so genannten Asylbewerberleistungsgesetz verpflichtet sein sollte, ist der zuständige Sozialhilfeträger letzten Endes für die Leistungen der Hilfen bei Krankheit bzw. Hilfen zur Gesundheit verantwortlich.
Darüber hinaus ergänzt die Sozialhilfe die oft nicht ausreichenden Leistungen, die pflegebedürftige Menschen im Rahmen der häuslichen Pflege benötigen. Häufig decken die der Höhe nach begrenzten Pauschalen der sozialen Pflegeversicherung, etwa die je nach Pflegegrad gestaffelten Leistungssätze der Pflegesachleistung, nicht die Kosten, die von einem ambulanten Leistungsanbieter für erbrachte Leistungen in Rechnung gestellt werden.
Auch insoweit gewährt die Sozialhilfe im Rahmen dieser weiteren besonderen Hilfen die noch benötigte finanzielle Unterstützung, bietet aber auch kompensatorische Hilfen in Form von reinen Sach- oder Dienstleistungen an.

§ 61 Satz 1 Sozialgesetzbuch Zwölftes Buch
Personen, die pflegebedürftig im Sinne des § 61 a sind, haben Anspruch auf Hilfe zur Pflege, soweit ihnen und ihren nicht getrennt lebenden Ehegatten oder Lebenspartnern nicht zuzumuten ist, dass sie die für die Hilfe zur Pflege benötigten Mittel aus dem Einkommen und Vermögen […] aufbringen.
In diesen Konstellationen ist somit die Frage, ob die zur Verfügung stehenden Leistungen der Sozialversicherung, hier speziell der Pflegeversicherung, ausreichen, um den Bedarf einer Person zu decken, verneint worden.
In besonderer Weise wird die Funktion der Sozialhilfe offensichtlich, wenn es um die Begleichung von Kosten im Rahmen der stationären Pflege geht. Hier gewährleistet die Sozialhilfe die Finanzierung jenes Heimkostenanteils, den der pflegebedürftige, oft hochbetagte Mensch auch unter Einsatz der Renteneinkünfte und der Pauschalbeträge seiner Pflegekasse nicht aufzubringen imstande ist. Hier umfasst die Hilfe zur Pflege unter anderem auch die stationäre Pflege (vgl. a. § 63 SGB XII).
Ergänzt wird dieser Anspruch noch durch die Erbringung des sogenannten notwendigen Lebensunterhalts innerhalb von Einrichtungen, der unter anderem auch eine Bekleidungspauschale und einen darüber hinausgehenden Barbetrag zur Deckung der persönlichen Bedürfnisse des täglichen Lebens umfasst, den die betreffende Person in eigener Verantwortung – sofern sie dazu noch eigenständig in der Lage ist – bestimmungsgemäß verwendet. Er wird in Höhe von 27 % des derzeit geltenden Regelsatzes der Regelbedarfsstufe 1 (= 446 € im Jahre 2021) zwecks persönlicher Verwendung zur Verfügung gestellt (vgl. a. § 27 b SGB XII).
3.2.3 Leistungen der Eingliederungshilfe
Im Zusammenhang mit den Lücken der Sozialversicherung ist schließlich auch noch zu fragen, welche konkreten Leistungen der betreffende Zweig der Sozialversicherung bzw. das Sozialleistungsrecht überhaupt zu erbringen imstande wäre.
Beispiel 
Ein krankenversicherter, körperbehinderter, jedoch nicht pflegebedürftiger Mensch benötigt nicht nur einen Rollstuhl – der tatsächlich von der Krankenkasse bereitzustellen und zu finanzieren wäre – sondern darüber hinaus zur Verwirklichung der Barrierefreiheit auch eine Anfahrrampe, um in den eigenen Wohnbereich gelangen zu können.
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