Robert stand plötzlich auf. Er hob bedeutungsvoll sein Glas. Er spielte seine Rolle geradezu perfekt.
„Liebe Schwiegereltern, ich finde das ganz unglaublich. Nicht nur eure Idee, sondern auch das Schiff. Ganz großen Dank!“
Na also, geht doch , dachte Marion.
Alle erhoben sich und stießen auf diese fantastische Familienreise an.
„Ich möchte noch einen Vorschlag machen“, sagte Jane noch stehend mit dem Glas in der Hand:
„Ich würde gern auch die Mansurs einladen. Das kann für unsere Gruppe nur gut sein.“
Roberts Glas zitterte bei diesen Worten derart, dass er sich zusammenreißen musste.
Diese Schlange … erst der Bruder, dann der Liebhaber … das wird eine Fahrt direkt in die Hölle .
Doch er stimmte lächelnd zu.
Der Präsident überlegte kurz.
Warum eigentlich nicht der befreundete Milliardär mit an Bord … der Mann ist lebende amerikanische Erfolgsgeschichte … wenn er sich an dem Charter beteiligen würde, würde ich das nicht ablehnen … könnte ein netter Deal werden .
„Großartige Idee, Jane! So, lasst uns nach unten gehen. Die Presse wartet schon im Oval Office auf die beiden Enkelkinder. Jane, du klärst das am besten gleich mit euren Gästen ab. Ist alles ein bisschen kurzfristig, aber ich will den Vertrag möglichst schnell verbindlich machen.“
Jane eilte direkt in das Büro ihres Bruders David und berichtete ihm von der Einladung. David überlegte nicht lange.
Ich bin gerade im Zentrum des Hurrikans, der jeden Augenblick durch das Weiße Haus fegen kann … aber mein Job ist getan … das Konzept neues Israel steht … die Überraschung ist vorbereitet … Vater ist praktisch ferngesteuert … wahrscheinlich ist es genau richtig, wenn ich in der heißen Phase nicht hier bin … Susan kommt auch einmal an die frische Luft … Dad, du weißt gar nicht, wie dankbar ich dir bin .
Nach Davids Zusage eilte Jane in den Garten, mit Blick auf die Kinder. Sie rief IHN an, und erzählte ihm von den Neuigkeiten. „Findest du, dass das eine wirklich gute Idee ist?“, fragte Halim.
„Ja, Halim, ich habe große Angst, dass Robert auf dem Schiff ausflippen könnte. David würde sich da nicht einmischen. Du gehörst nicht zur Familie, und du wärst der beste Moderator, wenn es eng werden sollte.“
„Und du meinst, Jane, unsere Beziehung steht dabei nicht im Wege? Wie stellst du dir das vor? Wir lieben uns.“
„Ich habe das Angebot meines Vaters angenommen, weil ich unserer Ehe eine letzte Chance geben will. Ich weiß, Halim, was ich dir hier zumute. Ich kann verstehen, wenn du meinen Vorschlag für unmöglich hältst. Aber es ist auch eine Chance für uns alle. In den zwei Wochen werden sich die Dinge entwickeln. Es wird Klarheit geben, so oder so. Was kommen soll, wird kommen. Wir werden uns alle wie erwachsene Menschen benehmen. Bitte!“
Am anderen Ende der Leitung war einen Augenblick Pause. Halim überlegte, ob er das emotional verkraften würde, um als Liebhaber schlimmstenfalls in die Rolle des Moderators zu wechseln.
Eigentlich hat sie Recht … eine Klärung ist lange notwendig … alle Beteiligten sind auf dem Schiff zusammen … Krisenmanagement mache ich jeden Tag … warum nicht auch einmal in eigener Sache … Das wird interessant .
„Okay, Angebot angenommen. Ich bin ziemlich sicher, dass auch Cecilia zusagen wird. Danke an deine Eltern. Sage ihnen, ich möchte mich bitte ohne Widerspruch an diesem großartigen Törn angemessen beteiligen.“
Robert verzichtete darauf, das Gespräch im manipulierten Smartphone seiner Frau mitzuhören. Er sah sie vom Flur zwischen dem West- und Ostflügel aus durch das Fenster, und er verstand alles.
John F. Martin, General a. D. und höchst effektiver Stabschef des Weißen Hauses, und Chuck Jackson, der relativ neue Chef des Secret Service, und damit verantwortlich für die Sicherheit der Präsidentenfamilie, diskutierten seit zwei Stunden die Schiffsakte und Reiseroute der SUNDOWNER. Chuck, der zwei Generationen jünger war als John und anders als der, auch nie beim Militär gewesen war, verstand sich hervorragend mit dem Stabschef. John schätzte ihn und behandelte ihn auf Augenhöhe. Vielleicht, weil der gewachsene Secret Service-Mann denselben Anspruch an Disziplin und Präzision hatte wie er selbst. Gelegentlich rief Chuck während des Gespräches seine Leute an und ließ Sachverhalte prüfen.
David und Robert verfolgten die Diskussion. Der Präsident wollte, dass sie Teil des Sicherheitskonzeptes sein würden.
Die Reise erforderte in der Tat aufgrund der sechs Mitglieder der Präsidentenfamilie und einem Gastehepaar in einem einzigen Objekt ein besonderes Maß an Sicherheit. Es war beruhigend, dass die neue Superyacht über ein Sicherheitssystem verfügte, das den üblichen Standard weit übertraf. Auch war die südliche Passatroute unter Sicherheitsaspekten völlig unproblematisch. Folglich musste man sich mehr auf die Menschen im Schiff fokussieren.
Innerhalb einer Stunde hatte Chuck die Sicherheitsdossiers über die Reederei und von allen wichtigen Crewmitgliedern auf dem Tisch des Oval Office.
„Wir haben für diese Reise zwanzig Personen, die bei der Hamburg Executive Lines fest oder auf Zeit angestellt sind“, erläuterte er dem Präsidenten und seinem Stabschef.
„Der deutsche Kapitän, Gert Raimunds, ist ein ehemaliger Kapitän zur See der deutschen Bundesmarine und hat lange Jahre auf der Gorch Fock die Weltmeere besegelt. Er ist absolut sauber. Sein Erster Offizier, Dimitri Romanov, ist gebürtiger Ukrainer und fährt seit sechs Jahren für die Reederei. Er kennt das Schiff wie kein Anderer. Raimunds wollte ihn deswegen unbedingt haben. Auch bei ihm haben wir überhaupt keine Unregelmäßigkeiten festgestellt.“
„Trotzdem, Mr. President“, unterbrach der Stabschef, „hatte ich schon bei dem Namen ein schlechtes Gefühl. Deswegen habe ich Chuck bereits vorgeschlagen, dass wir der Schiffsführung einen erfahrenen Navy Offizier mitgeben. Unser Vorschlag ist Commander Peter Patterson, Navy SEAL und Stabschef im US Joint Special Operations Command.“
„Halte ich für eine sinnvolle Idee“, kommentierte der Präsident.
„Weiter bitte, Chuck.“
„Ebenso keine Auffälligkeiten beim Zweiten Offizier, Michael Fischer. Raimunds holte ihn von der Gorch Fock. Dasselbe gilt für die Offiziere an den Maschinen und der Technik. Auch hier haben wir saubere Akten, aber wir wollen ebenfalls zwei SEALs-Ingenieure an ihre Seite stellen.“
Der Sohn des Präsidenten warf lachend ein: „Wenn wir schon an ungemütliche Szenarien denken, dann möchten wir doch auch einen Vorkoster haben.“
Er wollte eigentlich einen Witz machen. Aber der Vater erwiderte: „Den sollt ihr haben. Chuck gibt euch einen Koch des Weißen Hauses mit. Damit ist es jetzt aber auch gut mit der Sicherheit. Das soll eine entspannte Urlaubsreise bleiben.“
„Sehe ich auch so“, setzte Robert offensichtlich erleichtert nach.
„Nun zum Service-Personal“, fuhr Chuck fort.
„Wir haben für die Suiten und den Bedienservice sieben deutsche Fachkräfte. Auch hier eine saubere Aktenlage bei der Reederei, die im Übrigen Wert auf Top-Referenzen und absolute Verschwiegenheit setzt. Die einzig neue Person ist die Hotel-Managerin Karina Marie Anderson. Sie ist die Ehefrau von Marc Anderson, einem ehemaligen Elitesoldaten des deutschen Kommandos Spezialkräfte. Der leitet heute ein Sicherheitsunternehmen in Hamburg.“
„Ist das nicht der Junge, der eine Befreiung von zwei Geiseln aus den Händen des Islamischen Staates fast im Alleingang gestemmt hat?“, fragte der ehemalige Vier-Sterne-General. „Wir waren im NATO-Hauptquartier damals tief beeindruckt.“ „Genau der ist es, und die ehemalige Geisel ist jetzt seine Frau.“
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