Kurt Erlemann
Gleichnisse
Theorie – Auslegung – Didaktik
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Umschlagabbildung: © Öko Wein- und Sektgut Gretzmeier in 79291 Merdingen
© 2020 · Narr Francke Attempto Verlag GmbH + Co. KG
Dischingerweg 5 · D-72070 Tübingen
Internet: www.narr.de
eMail: info@narr.de
Einbandgestaltung: Atelier Reichert, Stuttgart
utb-Nr. 5494
Das Werk einschließlich aller seiner Teile ist urheberrechtlich geschützt. Jede Verwertung außerhalb der engen Grenzen des Urheberrechtsgesetzes ist ohne Zustimmung des Verlages unzulässig und strafbar. Das gilt insbesondere für Vervielfältigungen, Übersetzungen, Mikroverfilmungen und die Einspeicherung und Verarbeitung in elektronischen Systemen.
ISBN 978-3-8252-5494-0 (Print)
ISBN 978-3-8463-5494-0 (ePub)
Klaus Berger (1940-2020) in Memoriam
Gleichnisse sind rätselhaft und faszinierend zugleich. Vergleichende Rede von Gott ist ein Kernstück der Verkündigung Jesu. Gleichnisse und Metaphern prägen die Sprache der Bibel in besonderem Maße. Bis heute erfreuen sich Gleichnisse großer Beliebtheit in Verkündigung und Religionsunterricht. Bis heute sind Gleichnisse und Metaphern Gegenstand wissenschaftlichen Nachdenkens.
Der UTB-Band ist Ergebnis jahrzehntelanger, wissenschaftlicher und existenzieller Beschäftigung mit den Gleichnissen Jesu und anderen vergleichenden Texten der Bibel. Zahlreiche Aspekte der Gleichnistheorie seit Adolf Jülicher, Fragen der exegetischen Erschließung vergleichender Texte, theologische Reflexionen sowie didaktisch-methodische Überlegungen fließen in das Buch ein. Das Buch ist im besten Sinne eine Kombination aus Fach- und Lehrbuch: Erstens , es ermöglicht einen raschen Einstieg in Grundbegrifflichkeiten (Kapitel 1). Zweitens , es bietet einen informativen Überblick über die Geschichte der Gleichnisforschung (Kapitel 2). Drittens , es entwickelt die Gleichnisforschung kreativ weiter (Abschnitt 2.5). Viertens , es führt in die Methodik der Gleichnisauslegung ein und konkretisiert sie an Musterexegesen (Kapitel 3 und 4). Fünftens , es schenkt einen Einblick in den Reichtum der Gleichnis-Theologie (Abschnitt 4.5). Sechstens , es setzt Impulse für eine verantwortbare Gleichnisdidaktik und konkretisiert sie anhand von praktischen Skizzen (Kapitel 5). Eingestreute Definitionen zu einzelnen Begriffen, Grafiken, Tabellen, Textbeispiele zu einzelnen Theorie-Aspekten sowie ein reichhaltiger Service-Teil komplettieren das Angebot dieses UTB-Bandes.
Viele Menschen haben zum Gelingen des Bandes beigetragen: Wichtige Forschungsimpulse verdanke ich dem Dialog mit dem geschätzten Kollegen Ruben Zimmermann. Für Literatur-Recherchen danke ich Simon Dietz. Wertvolle inhaltlich-didaktische Hinweise verdanke ich meinen verehrten Freunde und Kollegen Tim Schramm und Gunther vom Stein. Lisa Katharina Beckmann leistete akribische und vorbildliche Korrekturarbeit. Daniel Schmitz und Thomas Wagner haben mir in Corona-Zeiten selbstlos den Rücken freigehalten. Für die Begleitung auf Verlagsseite danke ich Kristina Dronsch, Valeska Lembke und Gunter Narr, dem langjährigen Wegbegleiter und Verleger meiner wissenschaftlichen Arbeiten. Für alle andere, unschätzbare Unterstützung und nicht selbstverständliche, enorme Rücksichtnahme sage ich meiner Frau Steffi Springer ausdrücklich Dank! Gewidmet ist das Buch dem langjährigen Freund, Weggefährten und Ideengeber Christhard Lück. Et hätt noch immer joot jejange!
Kurt Erlemann, Neviges, August 2020
Das vorliegende Buch ist das fünfte in einer Reihe von Gleichnisbüchern des Autors seit 1988. Es dokumentiert die Entwicklung, welche die Gleichnisforschung seit den 1980er Jahren genommen hat, und vollzieht einen weiteren Schritt in der theoretischen Erschließung der biblischen Gleichnistexte. Er erschien notwendig, da durch Beiträge zum Thema der letzten Jahre – allen voran das von Ruben Zimmermann 2007/2008 herausgegebene, zweibändige ‚Gleichniskompendium‘ – viele frühere Erkenntnisse revisionsbedürftig schienen. Dazu gehören eine Reihe von Fachbegriffen, die dank interdisziplinärer Zusammenarbeit neu zu fassen sind, aber auch Überlegungen zu einer Unterteilung der Gleichnisstoffe. Im Folgenden werden die Intention (1.1) und das Konzept des Buches (1.2) vorgestellt, bevor mit Thesen und Begriffsklärungen der Einstieg ins Thema erfolgt (1.3 – 1.5).
1.1 Die Intention des Buches
Das Buch ist vom Format her eine Neuauflage des 1999 erschienenen, schon lange vergriffenen UTB-Bandes „Gleichnisauslegung. Ein Lehr- und Arbeitsbuch“ (UTB 2093) und ähnlich konzipiert. Zwischen beiden Büchern liegen freilich über zwanzig Jahre Forschungsarbeit an den Gleichnissen. Ebenfalls bei UTB ist das zusammen mit Irmgard Nickel-Bacon und Anika Loose 2014 erarbeitete Buch „Gleichnisse – Fabeln – Parabeln“ (UTB 4134) erschienen. Der Band zeichnet sich durch den interdisziplinären Zugang (Theologie – Sprachwissenschaft – Religionspädagogik) aus, ist aber in vielen Punkten noch der älteren Gleichnistheorie verpflichtet. 2017 erschien in einer Reihe leicht verständlicher Einführungen ins Neue Testament „Fenster zum Himmel. Gleichnisse im Neuen Testament“, das einige frühere gleichnistheoretische Erkenntnisse korrigiert. Der vorliegende Band versucht auf dieser Grundlage, die seit 1999 eingegangenen Inputs zum Thema zu bündeln und in ein weiterführendes Konzept zu integrieren (→ 2.5).
1.2 Das Konzept des Buches
Das Buch bietet, neben einem Überblick über die Gleichnisforschung seit Adolf Jülicher, einen gleichnistheoretischen Neuansatz, eine Einführung in die Auslegungsmethodik, eine Reihe von Musterexegesen, einen Ausblick auf die Theologie der Gleichnisse und didaktische Impulse für verschiedene Schulstufen.
Den Einstieg bilden einführende Thesen zu den wichtigsten gleichnistheoretischen Erkenntnissen des Buches (1.3). Es folgt ein Überblick über die gängigsten vergleichenden Textformen, die auf Grundlage interdisziplinärer Forschung definiert werden (1.4). Die Klärung wichtiger gleichnisspezifischer Termini schließt sich an (1.5). Kapitel 2 bietet die Geschichte der Gleichnisforschung in einem chronologischen Längsschnitt (2.1–2.4). Eine systematische Auswertung sowie Überlegungen zu einer weiterführenden Gleichnistheorie schließen sich an (2.4; 2.5). Kapitel 3 erschließt den exegetischen Weg der Gleichnisauslegung auf Grundlage der historisch-kritischen Methode.1 Kapitel 4 enthält Musterexegesen zu verschiedenen Gleichnistypen (4.1–4.4) sowie einen ausführlichen Blick auf den theologischen Bezugsrahmen der Gleichnisse (4.5). Kapitel 5 geht den Weg von der Exegese zum Untericht und führt in eine integrative Didaktik gleichnishafter Texte ein, orientiert an den Kernlehrplänen für Evangelische Religionslehre des Landes Nordrhein-Westfalen. Abgerundet wird das Buch durch einen Serviceteil mit einem Abkürzungsverzeichnis, einem Glossar inklusive Übersetzung fremdsprachlicher Ausdrücke, einem Schlagwort- und Textstellenregister, einer Übersicht über die neutestamentlichen Gleichnistexte sowie mit einem Literaturverzeichnis.2
Die wichtigsten gleichnistheoretischen Erkenntnisse dieses Buches werden vorab in Form kurzer Thesen vorgestellt und unter → 2.5 zu einem Konzept gebündelt.
These 1: Gleichnisse sind Brücken zwischen Alltagswelt und Gottes Welt
Analogische, vergleichende Sprache verbindet eigentlich getrennte Wirklichkeitsbereiche miteinander und erschließt damit Unbekanntes ( Bildempfänger ) durch Bekanntes ( Bildspender ). Was für vergleichende rhetorische Stilfiguren gilt, trifft für narrativ ausgestaltete Gleichnisse im Besonderen zu: Sie öffnen ein ‚Fenster zum Himmel‘ und zeigen, wie Gott ‚tickt‘ – freilich, ohne ihn auf bestimmte Vorstellungen zu fixieren. Gleichnisse zeigen Ähnlichkeiten zwischen Alltagswelt und der Welt Gottes, aber auch die bleibenden Unterschiede auf (→ 2.5.1).
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