Gesine Manuwald
Römisches Theater
Von den Anfängen bis zur frühen Kaiserzeit
A. Francke Verlag Tübingen
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E-Book-Produktion: pagina GmbH, Tübingen
ePub-ISBN 978-3-8463-4581-8
Diese Einführung zum römischen Theater zur Zeit der Republik und in der frühen Kaiserzeit möchte Lesern, die am römischen Theaterwesen interessiert sind, einen Überblick über diesen Bereich der römischen Kultur vermitteln und einen Zugang zu den weithin nur fragmentarisch erhaltenen Textzeugnissen erleichtern. Damit liegt nun eine kompakte moderne Darstellung in deutscher Sprache vor. Die Ausführungen entsprechen teilweise denen, die in meinem Buch Roman Republican Theatre (2011) publiziert sind, und überschneiden sich mit der Zusammenstellung aufschlussreicher römischer Textbelege in Roman Drama: A Reader (2010). Für diese Einführung wurden die in den genannten Büchern vorgestellten Überlegungen und Textbeispiele überarbeitet, neu angeordnet, ergänzt, auf den aktuellen Forschungsstand gebracht und um die Entwicklungen in der Kaiserzeit und (selektiv) in der Rezeptionsgeschichte erweitert. Da in diesen Einführungswerken vom Narr-Francke-Attempto-Verlag/UTB keine intensive Auseinandersetzung mit den jeweiligen wissenschaftlichen Diskussionen vorgesehen ist, sei dafür auf die kommentierte Bibliographie am Ende dieses Buchs und (für die republikanische Zeit) auf die Nachweise in Roman Republican Theatre verwiesen.
Zu großem Dank verpflichtet fühle ich mich Tilmann Bub vom Narr-Francke-Attempto-Verlag, der die Anregung zu diesem Buch gegeben und sein Entstehen durchgängig mit weiterführenden Hinweisen begleitet hat, sowie allen Helfern, die die Mühe des Korrekturlesens auf sich genommen haben, vor allem Julia Buchholz. Zu danken ist ferner allen Institutionen, die eine Erlaubnis zur Reproduktion für die Abbildungen gewährt haben.
London, Sommer 2016 G. M.
Das römische Drama ist eine der ersten literarischen Gattungen, die sich in Rom etablierten, als sich in republikanischer Zeit eine römische Literatur zu entwickeln begann. Dieses Genre erhielt wesentliche Impulse durch die Kontakte Roms mit anderen Kulturen während seines Aufstiegs zur bedeutendsten Macht im Mittelmeerraum. Daher ist die Geschichte des frühen römischen Dramas nicht nur von literarischem Interesse, sondern auch von politischer, sozialer und kultureller Relevanz: So bedingte etwa die Einführung dramatischer Aufführungen Änderungen im Format der öffentlichen Spiele. Im Laufe der Zeit kam es zu einer Aufgliederung der Gattung des römischen Dramas in eine Reihe von untereinander verschiedenen dramatischen Formen, wobei die römischen Dichter auch ihrem persönlichen Stil oder den Erfordernissen historischer Umstände entsprechend Stücke in unterschiedlicher Weise präsentierten. Von der späten Republik an ist zu beobachten, dass antike Wissenschaftler chronologische und terminologische Fragen in Bezug auf Dramen als Themen von eigenständigem Interesse diskutierten. Im Übergang von der Republik zur Kaiserzeit veränderten sich die Bedingungen für Aufführungen im Theater, und die Dramatiker passten sich dem Publikumsgeschmack und der gewandelten politischen Situation an. Deswegen besteht die literarische Gattung des Dramas in der Kaiserzeit zunächst fort, hat aber nicht mehr dieselbe Relevanz für das öffentliche Leben. Die Betrachtung der damals entstandenen Dramen ermöglicht zugleich einen Einblick in die literarischen und historischen Bedingungen der frühen Kaiserzeit. Für die spätere Kaiserzeit kann man von einem römischen Drama im eigentlichen Sinne nicht mehr sprechen, weswegen der vorliegende Überblick über das römische Drama die Republik und die frühe Kaiserzeit behandelt.
Trotz der Bedeutung dieses literarischen Genres haben die Gattung bzw. die verschiedenen einzelnen Formen des römischen Dramas bei Lesern und Forschernnicht immer dasselbe Interesse gefunden wie andere Gattungen der römischen Literatur. Das hängt nicht zuletzt mit der Überlieferungssituationzusammen. Denn ein großer Teil der römischen dramatischen Literatur ist nicht erhalten. Namen von Dramen-Dichtern, Titel von Dramen, Testimonia (Zeugnisse zu den Dichtern und ihren Stücken) und Fragmente einer begrenzten Zahl von Dramen ist alles, was für einige Zeitabschnitte und/oder einzelne dramatische Gattungen vorhanden ist. Die einzigen vollständig erhaltenen Dramen der klassischen römischen Periode sind die Komödien von Plautus und Terenz aus der republikanischen Zeit und die Tragödien des jüngeren Seneca (darunter wahrscheinlich eine unechte) und die anonyme Praetexta Octavia (überliefert im Corpus der Dramen Senecas) aus der frühen Kaiserzeit.
In diesem Buchwird der Versuch gemacht, als Ergänzung zu ausführlicheren und/oder auf einzelne dramatische Gattungen oder Epochen beschränkten Überblicken, eine Einführung zum römischen Drama in seiner Gesamtheit zu geben, wobei sowohl die Republik als auch die frühe Kaiserzeit und sowohl die vollständig erhaltenen als auch die fragmentarischen Stücke berücksichtigt werden (mit einem Schwerpunkt auf der Situation in Rom). Dabei sind aufgrund der sachlichen Gegebenheiten (z.B. Überlieferungssituation, Aufführungsmodalitäten) manche Aspekte mehr für die Republik und andere mehr für die frühe Kaiserzeit relevant sowie manche mehr für vollständig erhaltene und manche mehr für fragmentarisch erhaltene Stücke von Bedeutung, sodass der Fokus nicht in allen Abschnitten derselbe sein kann. Um die Entwicklung der Gattung des römischen Dramas als Ganzes bzw. die der einzelnen dramatischen Gattungen in ihrer jeweiligen Eigenart herausarbeiten zu können, werden die Dramatiker und ihre Stücke in den historischen, kulturellen und praktischen Kontext eingeordnet und Dramenaufführungen als Teil der römischen Festkultur interpretiert, was im eigentlichen Sinn nur für die republikanische Zeit gelten kann. Dabei ist es unvermeidlich, dass einige zentrale Fakten in mehreren Kapiteln erwähnt werden.
Um die Entwicklung und Eigenarten des römischen Dramas möglichst ganzheitlich zu erfassen, wird auch den fragmentarisch erhaltenen dramatischen Gattungen gebührende Aufmerksamkeit gewidmet, werden sie mit denen, für die Dramen vollständig erhalten sind, in Beziehung gesetzt und beide in demselben Kontext betrachtet. Es darf daher nicht erstaunen, wenn die dramatischen Gattungen und Dichter in den entsprechenden Kapiteln in chronologischer Folge abgehandelt und den besser bekannten nicht notwendigerweise mehr Platz zugestanden wird, zumal etwa für Plautus, Terenz und Seneca zahlreiche spezielle Abhandlungen zur Verfügung stehen.
Da das Buch als Einführung gedacht ist, sind detailliertere Diskussionen sprachlicher Entwicklungen oder metrischer Details eher knapp gehalten, und es gibt keine Fußnoten oder eine explizite Auseinandersetzung mit Sekundärliteratur. Die kommentierte Bibliographie am Ende des Buchs (mit einem Schwerpunkt auf einführenden und überblickshaften Beiträgen auf Deutsch oder Englisch) enthält Hinweise auf einschlägige Literatur und vermittelt Anregungen für weitere Lektüre.
Um einen direkten Eindruck von den Werken der römischen Dramatiker und der antiken Diskussion über Fragen des Theaters zu ermöglichen, sind in größerem Umfang durchgängig ausgewählte wörtliche Zitate aufgenommen, die Charakteristika der einzelnen Dramatiker oder des Theaterwesens erkennen lassen (im Stellenverzeichnis am Ende aufgelistet). Für diese Zitate ist neben den Originaltext eine deutsche Übersetzung gestellt, die hauptsächlich als Verständnishilfe gedacht ist und daher versucht, relativ nahe am Originaltext zu bleiben; knappe Erläuterungen und/oder verständnisfördernde Zusätze sind in eckigen Klammern eingefügt. Die Zitate (mit T und fortlaufender Nummerierung gekennzeichnet) sind in grau unterlegten Kästen vom Haupttext abgesetzt, der auch als solcher ohne intensiveres Studium der Textbeispiele gelesen werden kann. Zur besseren Übersichtlichkeit des Haupttexts sind die Themen der einzelnen Abschnitte im Fettdruck hervorgehoben.
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