»Wie kommst du denn auf Olli? Ich habe ihn nicht erwähnt.«
Ihr eigener Mann schien sie für blöd zu halten. »Verdammt, Stefan! Du bist ganz verrückt geworden, als du dachtest, Sophie sei mit Olli aus.«
Stefan schwieg ein paar Sekunden. »An dir ist ja eine echte Detektivin verloren gegangen«, seufzte er dann. »Tina, du darfst niemandem was davon sagen, aber Olli hat sich tatsächlich verdächtig gemacht. In seiner Zeugenaussage hat er angegeben, dass er Sarah Müller nur flüchtig kannte. Soviel ich weiß, hatten sie aber eine Affäre.«
»Das ist alles?«, fragte sie erleichtert. »Was beweist das schon? Olli wird einfach Angst bekommen haben. Und eine Affäre ist doch auch keine Beziehung. Wahrscheinlich wusste er selbst nicht, woran er bei ihr war.«
»Er ist weg!«, fügte Stefan trotzig dazu.
Tina trank einen Schluck Schorle. »Dann frag doch Ben. Der weiß bestimmt, wo Olli steckt.«
»Der Vogel, der jetzt in seinem Wohnmobil haust? Der sagt, er weiß nichts. Schatz, ich muss Schluss machen. Auf meinem Tisch stapeln sich die Akten und der Staatsanwalt geht mir auch auf die Nüsse. Lies morgen die Zeitung und du verstehst, warum Ingmar nicht besonders entspannt ist. Ich liebe dich.«
Tina ließ sich wieder in den Liegestuhl sinken. Wozu brauchte sie einen Krimi, fragte sie sich zynisch. Sie hatten doch selbst einen Mörder. Aber doch nicht Olli? Der war doch ein harmloses Schaf. Schon in der Schule war er immer das arme Schwein gewesen, das man beim Mogeln erwischt hatte. Tina grinste, als sie sich an die alten Zeiten zurückerinnerte. Olli hatte nur Augen für Fenja gehabt. Er hatte sie angebetet und in seiner Schwärmerei nicht mal mitgekriegt, dass sie einem anderen heimlich Kekse zusteckte. Tina schüttelte kichernd den Kopf. Gott, wie lange war das alles her! Ob man heute noch mit Keksen beeindrucken konnte? Jedenfalls hatte sich dieser dünne Junge immer sehr über die Plätzchen gefreut. Wie hieß er denn noch gleich? Ach ja, der dünne Benny. Tina rutschte das Glas aus der Hand und zersplitterte auf dem Boden.
Ben!
Sophie ging Hand in Hand mit Ben den Strand entlang. Was machte sie nur, fragte sie sich verwirrt. Sie hatte das Gefühl, überhaupt nicht mehr sie selbst zu sein. Sie benahm sich wie ein verknallter Teenager. Es musste am Alkohol liegen. Sie war dabei, mit einem Surflehrer in die Kiste zu springen. Doch anstatt dieses Abenteuer einfach zu genießen, war in ihrem Magen ein Kloß. Sie hatte das Gefühl, Felix zu betrügen. Der Gedanke war absurd. Sie musste ihn endlich aus dem Kopf kriegen, die Flucht nach vorn angehen. Schon aus diesem Grund war die Idee, mit Ben zu schlafen, eine gute. Sie war Felix immer treu gewesen und konnte sich kaum noch an die Geschichten erinnern, die vor seiner Zeit lagen. Und wenn sie sich gleich lächerlich machte? Sophie wurde plötzlich unsicher. Ben hatte sicher unzählige Schülerinnen verführt. Auf der anderen Seite hatte er seine große Liebe verloren. Würde er sie mit dieser schönen Thailänderin vergleichen? Vielleicht sollte sie doch einfach nach Hause fahren. »Pelle?«
»Er ist hier«, flüsterte Ben und küsste ihren Hals. Sein Kuss fühlte sich weich an. Sophie wusste, dass sie es nicht mehr stoppen konnte und wollte es auch nicht. Ben schloss das Wohnmobil auf und sie trat ein. Er zündete eine Kerze an. In dem flackernden Licht zog er sie zu sich.
»Was machen wir mit Pelle?«
»Er hat draußen mehr Spaß. Pelle! Hey, du darfst draußen bleiben! Aber nicht zu weit weglaufen.« Pelle grunzte zufrieden und trabte schnüffelnd davon. Sophie schloss die Tür und sah Ben an. Er erwiderte ihren Blick und zog lächelnd die Augenbrauen hoch.
»Komm!«, flüsterte er und zeigte auf das Alkovenbett.
Sophie nickte und stieg die Leiter hinauf. Ben nahm die Kerze und folgte ihr. Sie zogen sich gegenseitig langsam aus. Immer wieder küssten sie sich. Erst sanft, dann wurden sie immer leidenschaftlicher. Sophie vergaß alles um sich herum. Als sie später erschöpft dalagen und sich immer noch festhielten, musste Sophie wieder an Felix denken. An die Nächte in den vielen Luxushotels. Es war immer alles perfekt und sauber gewesen. Der Champagner hatte auf dem Nachttisch gestanden und die Kleidung ordentlich über einem Stuhl gelegen. Selbst der Sex war gewissermaßen aufgeräumt. Sie hatten gewusst, was der andere erwartete und erfüllten sich gegenseitig ihre Wünsche. Danach waren sie unter die Dusche gesprungen. Als Sophie jetzt verschwitzt in Bens Armen lag und den Sand auf ihrem Körper spürte, fühlte sie sich einfach wohl. Er küsste zärtlich ihren Nacken und sie schmiegte sich an ihn. Sie würde sich doch jetzt nicht verlieben? Ausgerechnet in einen Typen, der in einem Bus hauste. Lächelnd schlief Sophie ein. Mitten in der Nacht schreckte sie plötzlich hoch. »Pelle!«
Ben zog sie zu sich und strich ihr Haar aus der Stirn. »Pst! Du weckst ihn noch auf.« Sophie sah ihn fragend an. Er nickte mit dem Kopf. »Er schläft da unten. Ich hab ihn reingeholt.«
Tatsächlich, ihr Liebling lag auf einer Decke am Boden und schnarchte zufrieden. »Danke.«
»Purer Egoismus! Wenn dein Hund mich nicht mag, hab ich bei dir doch keine Chance.«
»Du bist ja ganz schön berechnend!«
Ben lachte leise. »Ich versuche einfach nur, an alles zu denken, wenn ich mir dadurch eine blonde Schönheit einfangen kann.«
Dienstag
Ben rollte sich auf die Seite. Lächelnd beobachtete er Sophie im Schlaf. Sie lag ausgestreckt auf dem Rücken und atmete ruhig. Die Morgensonne fiel auf ihr Gesicht. Nachdenklich schüttelte Ben den Kopf. Er hatte sich nach Lamais Tod fest vorgenommen, sich nie wieder zu verlieben. Neben einer anderen Frau aufzuwachen, wäre ihm wie ein Verrat erschienen. Und jetzt lag Sophie neben ihm und er würde sie am liebsten hierbehalten, obwohl er sie kaum kannte. Plötzlich schlug Sophie die Augen auf und sah sich verwirrt um.
»Guten Morgen«, flüsterte Ben.
Sophie setzte sich panisch auf. »Wie spät ist es?«
»Halb acht und für mich wird die Nacht auch unvergesslich bleiben«, schmunzelte er.
Sie rieb sich verschlafen die Augen. »Entschuldige! Ich bin wohl ein bisschen neben der Spur. Ich …«
Ben küsste sie zart auf den Mund.
»Tina wird sich Sorgen machen.«
Er streichelte ihren Hals.
»Ben, ich muss los!«
Seine Hand wanderte tiefer und er küsste sie wieder. Sie ließ sich zurück ins Kissen fallen und nahm sein Gesicht in ihre Hände. Er zitterte leicht. Selten hatte eine Frau ihn so verrückt gemacht. Plötzlich bellte Pelle wie verrückt.
»Meine Güte, was hat er denn?«
Sophie fing an zu kichern. »Er ist eifersüchtig! Außerdem springt er morgens gerne zu mir ins Bett. Das schafft er hier ja wohl kaum.«
Ben stöhnte und rollte sich auf den Rücken. »Sie hat einen Anstandswauwau!«
Sophie kletterte die Leiter hinunter. Ben hatte sich eigentlich einen anderen Start in den Tag erhofft und jetzt brauchte er dringend eine kalte Dusche. Er hörte, wie Sophie ihren Hund begrüßte und ihm die Tür öffnete.
»Kannst du mir bitte meine Klamotten runterwerfen?«
Ben setzte sich auf und sah zu ihr nach unten. »Hol sie dir doch!« Sie lächelte ihn bezaubernd an und schüttelte den Kopf. »Dann sag, dass ich nicht nur ein Mann für eine Nacht war!«, flehte er ironisch und bemühte sich, möglichst dramatisch auszusehen.
»Aber, so ist es eben, mein Liebster«, entgegnete Sophie ernst. Dann fing sie an zu lachen. Ben stimmte mit ein. Ihr Lachen liebte er wirklich. Er sammelte ihre Sachen ein und kletterte nach unten. »Ihre Kleidung, Madame.«
Sie nahm ihm das Bündel aus dem Arm. »Danke, der Herr!«
»Sophie!« Er sah sie ernst an. »Ich bin wirklich sehr gern mit dir zusammen. Der Abend war toll, auch wenn wir nicht im Bett gelandet wären.«
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