In § 3 Abs. 2 des Produkthaftungsgesetzes heißt es dazu:
Ein Produkt hat nicht allein deshalb einen Fehler, weil später ein verbessertes Produkt in den Verkehr gebracht wurde.
Im Umkehrschluss ergibt sich daraus: Wenn ein Spielplatzgerät zum Zeitpunkt der Installation nicht den geltenden Bestimmungen entsprach, gilt kein Bestandsschutz. Der Bestandsschutz gilt auch dann nicht, wenn der Fehler über einen längeren Zeitraum nicht erkannt wurde. (Unwissenheit schützt vor Strafe nicht!)
Wenn ein Spielplatzgerät vor Erscheinen von DIN 7926 errichtet wurde und gegen wesentliche sicherheitstechnische Anforderungen dieser Norm verstößt, gilt kein Bestandsschutz. [11]Hingegen stehen nach DIN 7926 gefertigte Spielplatzgeräte auch nach Erscheinen von DIN EN 1176 unter Bestandsschutz.
Der Bestandsschutz erlischt, wenn an einem Spielplatzgerät wesentliche Änderungen durchgeführt werden.
Beispiel:
Bei einem nach DIN 7926 hergestellten Gerät dürfen die Sprossenabstände von Leitern nicht zwischen 12 cm und 20 cm liegen. Nach DIN EN 1176-1 müssen die Sprossenabstände kleiner als 8,9 cm oder größer als 23 cm sein. Ein Altgerät nach DIN 7926 steht unter Bestandsschutz, auch wenn defekte Sprossen ausgetauscht werden. Wird jedoch die komplette Leiter ersetzt, gilt das als wesentliche Änderung, und die neue Leiter muss die Anforderungen nach DIN EN 1176 erfüllen. Die Anwendung der neuen Norm verursacht auch keine unzumutbaren Mehrkosten.
Fußnoten:
[1]
Übereinkommen über die Rechte des Kindes, UN-Kinderrechtskonvention (UN-KRK).
[2]
§ 3 Abs.2 ProdSG.
[3]
Vgl. Abschnitt 5 DIN EN 1176-1.
[4]
Urteil des OLG Stuttgart v. 29.10.1984, 5 ZU 59/84.
[5]
Fischer, Rundum sicher, Einfriedungen in Kindertageseinrichtungen, in ipunkt 1/2011, Unfallkasse Sachsen.
[6]
www.zls-muenchen.de/erfahrungsaustausch/ek_ak/dokumente_ek2/EK2_AK2_5_Beschluesse_2020_03.pdf.
[7]
Bundesministerium für Umwelt, Naturschutz und Reaktorsicherheit, Bekanntmachung einer Liste giftiger Pflanzenarten vom 17.04.2000, Bundesanzeiger Nr. 86, S. 8517 vom 06.05.2000.
[8]
Amtsgericht Grimma, Vergiftung durch Liguster in einer Kindergrippe, Urteil vom 28.10.1996, Az. 2 C 0108/96.
[9]
Vgl. www.mobil.bfr.bund.de/cm/343/autoreifen.pdf.
[10]
Aus Art. 14 Abs. 1 GG abgeleiteter Grundsatz.
[11]
Agde u. a., Spielgeräte – Sicherheit auf Europas Spielplätzen, Erläuterungen in Bildern zu DIN EN 1176, S. 4 f., 3. Auflage, Beuth Verlag Berlin, Wien, Zürich, 2007.
Normen für Spielplätze {Normen}
Bedeutung von Normen {Bedeutung}
Normen sind in der deutschen Rechtschreibung definiert als Richtschnur, Regel, Vorbild. [1]Es gibt sie nicht nur in der Technik, sondern auch als Vorgaben für die Arbeit, als Rechtsvorschrift oder im menschlichen Zusammenleben.
An dieser Stelle geht es um technische Normen. Diese beschreiben Eigenschaften von Produkten, Dienstleistungen und Verfahren. Herausgeber der technischen Normen ist in Deutschland das Deutsche Institut für Normung e. V. (DIN). Der Vorteil einer Norm wird bereits im Alltag spürbar: Wenn Sie eine bestimmte Schraube benötigen, müssen Sie diese nicht genau in allen Einzelheiten wie Bauform, Art und Steigung des Gewindes, Länge, Gestaltung des Schraubenkopfes, Werkstoff, Festigkeit usw. beschreiben – es genügt eine Angabe mit Bezug auf die geltende Norm. So gilt z. B. für Sechskantschrauben mit Flansch und Feingewinde der leichten Reihe die DIN EN 14219.
DIN-Normen gehören zu den privaten Regeln der Technik. Ihre Anwendung ist deshalb auch freiwillig. Wenn in Gesetzen und anderen Rechtsvorschriften auf sie Bezug genommen wird, erlangen sie eine höhere juristische Wertigkeit. So verweist in Deutschland z. B. der Gesetzgeber in den Verzeichnissen des Produktsicherheitsgesetzes (ProdSG) auf bestimmte Normen. Für Produkte, die den dort aufgeführten Normen entsprechen, kann vermutet werden, dass diese die Anforderungen des ProdSG erfüllen.
Für den grenzüberschreitenden Handel mit Produkten sind europäische Normen (EN) und internationale Normen (ISO) von besonderer Bedeutung. Auch die Normen für Spielplatzgeräte sind seit vielen Jahren europäische Normen und gewährleisten so den freien Warenverkehr für Spielplatzgeräte in den beteiligten Ländern Europas.
Damit Normen immer aktuell sind, werden sie i. d. R. alle fünf Jahre überarbeitet. In den nachfolgenden Abschnitten wird aufgezeigt, welche Entwicklung die Normung rund um den Spielplatz von den Anfängen in den 1970er-Jahren bis heute genommen hat. Aus der ehemals nationalen Norm DIN 7926 ist eine europäische Norm geworden, die inzwischen für die meisten Teile in der vierten Edition vorliegt.
Den Nutzen der Normung haben alle: Die Hersteller können europaweit einheitlich agieren. Für die Benutzer gilt in ganz Europa ein einheitliches Sicherheitsniveau.
Für die Spielplatzprüfung sind von besonderer Bedeutung (Kurztitel):
• |
die Normenreihe DIN EN 1176 Spielplatzgeräte und Spielplatzböden |
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DIN EN 1177 Stoßdämpfende Spielplatzböden |
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die Normenreihe DIN 18034 Spielplätze und Freiräume zum Spielen |
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DIN 33942 Barrierefreie Spielplatzgeräte |
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die Normenreihe DIN 79161 Qualifizierung von Spielplatzprüfern |
Darüber hinaus gibt es eine Reihe weiterer Normen, mit denen Spielplatzprüfer im Einzelfall konfrontiert werden können, wie z. B. (Kurztitel):
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DIN 79400 Slacklinesysteme |
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DIN EN 16630 Standortgebundene Fitnessgeräte im Außenbereich |
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DIN EN 15312 Frei zugängliche Multisportgeräte |
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DIN EN 14974 Anlagen für Benutzer von Rollsport- geräten |
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die Normenreihe DIN EN 14960 Aufblasbare Spielgeräte |
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DIN EN 16899:2018-07 Parkoureinrichtungen |
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DIN 33957:2012-04 Beachsportgeräte |
Diese Normen sind nicht Bestandteil der Ausbildung von Spielplatzprüfern nach DIN 79161-1 und werden hier nicht erläutert. Die Aufzählung ist nicht abschließend.
Fußnoten:
[1]
Vgl. WAHRIG 2003.
Die Normenreihe DIN EN 1176 Spielplatzgeräte und Spielplatzböden {DIN-Normen, DIN EN 1176}
Die Normenreihe DIN EN 1176 löste 1998 die deutsche Norm DIN 7926 mit allen Teilen ab. Sie war zunächst in Verbindung mit DIN EN 1177 [1]zu lesen, denn in dieser befand sich bis 2008 die Tabelle „Bodenarten in Abhängigkeit von den zulässigen freien Fallhöhen“.
In die neue europäische Norm sind wesentliche Teile der deutschen Norm eingeflossen. Insgesamt war die neue Normenreihe jedoch komplizierter und nicht frei von Widersprüchen. Mit einem Beiblatt wurde versucht, die Inhalte transparenter zu machen, was jedoch nicht vollständig gelang.
2003 und 2008 erfolgten Überarbeitungen.
Von der Änderung 2017-12 wurden noch nicht alle Teile erfasst. Die Regeln für Karussells bedurften eines zweiten Entwurfs. Noch länger dauerte es beim neuen Teil 7, der erst zum 01.06.2020 erschien.
Leider wird den Belangen des Spielplatzprüfers durch das DIN nicht ausreichend Rechnung getragen, denn ein Paket, in dem sich auch alle früheren Ausgaben befinden, ist nicht als Taschenbuch verfügbar. Nicht ganz unproblematisch war auch, dass das Beiblatt 1:2009 erst im Januar 2019 aktualisiert und bereits im Dezember 2020 durch die nächste Ausgabe ersetzt wurde.
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