1 ...7 8 9 11 12 13 ...17 A plant gemeinsamt mit B, dass dieser zu seinen Gunsten in der Hauptverhandlung uneidlich falsch aussagen soll. Zu der Aussage des B kommt es jedoch nicht mehr, weil in der Hauptverhandlung mit der Staatsanwaltschaft eine Einstellung des Verfahrens nach § 153a StPO vereinbart wird.
Hier ist der Rechtsfrieden durch die Verabredung von A und B nicht erschüttert worden. Etwas anderes gilt lediglich für den Fall, dass eine Verabredung zum Verbrechen stattfindet. Hier kommt eine Bestrafung gemäß § 30 in Betracht.
• |
Das Ausforschen von Tatmöglichkeitensowie die Schaffung von Gelegenheiten für eine später zu begehende Tat begründen ebenfalls noch kein unmittelbares Ansetzen. |
Beispiel
A kundschaftet in Köln Gegenden aus, in denen Autos der Luxusklasse stehen, um diese am darauf folgenden Tag zu stehlen. Ferner besorgt er sich für diese Wagen gefälschte Nummernschilder und Papiere. Bevor er am nächsten Tag jedoch seinen Beutezug antreten kann, wird er von der Polizei festgenommen.
Auch hier kann nicht von einem strafbaren Versuch des Diebstahls ausgegangen werden. Die Maßnahmen, die A ergriffen hat, dienten lediglich der Vorbereitung. Zur Ausführung des Deliktes waren noch weitere wesentliche Zwischenakte, nämlich das Aufsuchen des Tatortes und das Aufbrechen der Autos notwendig. Auch war subjektiv die Schwelle zum „Jetzt geht's los“ noch nicht überschritten worden.
Problematisch kann das unmittelbare Ansetzen bei einem „gestreckten“ Geschehensablaufwerden, beim dem der Täter z.B. das Opfer erst über einen längeren Zeitraum quälen möchte, um es dann anschließend zu töten. Es stellt sich dann die Frage, ob die Körperverletzungshandlungen bereits das unmittelbare Ansetzen zur später beabsichtigten Tötung darstellen.
Beispiel
Zwischen A und O kam es nachts in der Wohnung des A zu einem Streit. Als O die Wohnung verlassen wollte, zog A sie an den Haaren zurück und warf sie auf die Couch. Er plante, sie durch anhaltendes Würgen zu quälen und dann später zu töten. Dementsprechend fesselte er, sie an Händen und Füßen und würgte sie mehrfach bis zur Bewusstlosigkeit. Währenddessen rief er seinen Arbeitgeber an und meldete sich krank. Der O erklärte er, er habe jetzt richtig Zeit für sie, sie würde sowieso keiner für die nächsten 5 Tage vermissen. Nachdem er 2 Flaschen Wein getrunken hatte, schlief er ein. Der O gelang es, sich zu befreien und die Wohnung zu verlassen.
Fraglich ist, ob neben den unproblematisch verwirklichten §§ 223, 224, 239 A auch einen versuchten, grausamen Mord begangen haben könnte. Dann müsste er die Schwelle zum „Jetzt gehtʼs los“ überschritten haben, es dürften keine wesentlichen Zwischenschritte mehr erforderlich sein und das Rechtsgut müsste konkret gefährdet sein. Es lässt sich nicht klären, wann A die O töten wollte. Aus seinen Einlassungen gegenüber O kann geschlossen werden, dass durchaus auch eine Zeitspanne von 5 Tagen bis zur Tötung eingeplant gewesen sein könnte. Während dieses Zeitraums aber hätte vieles geschehen können, wie z.B. die tatsächlich gelungene Flucht der O.
Der BGH[19] hat zur Bestimmung des unmittelbaren Ansetzens auf die konkrete Gefahr für Leib und Leben abgestellt, die aufgrund des Umstandes, dass A die O in seine Gewalt gebracht hatte, für das Opfer bestand. Die Beschränkung der Freiheit stand in engem und räumlichen Zusammenhang zur später beabsichtigten Tötung, denn sie sollte die spätere Tatausführung sicherstellen. Die wiederkehrenden Misshandlungen und die lange Zeitspanne stellten damit keine wesentlichen Zwischenschritte dar.
JURIQ-Klausurtipp
In der Klausur wird es an dieser Stelle vor allem darauf ankommen, dass Sie mit dem Sachverhalt arbeiten und eine nachvollziehbare Argumentationliefern. Ob Sie dann das unmittelbare Ansetzen bejahen oder verneinen, ist im Ergebnis häufig irrelevant. Gelegentlich kann es jedoch „klausurtaktische“ Gründe geben, das unmittelbare Ansetzen zu bejahen, wie z.B. im Übungsfall Nr. 1.
[1]
Tofahrn „Strafrecht AT I” Rn. 224 ff.
[2]
BGH StV 1987, 528.
[3]
BGH NStZ 1991, 233 ; Jäger Strafrecht AT Rn. 287.
[4]
BGHSt 41, 94.
[5]
BGHSt 42, 268; Wessels/Beulke/Satzger Strafrecht AT Rn. 880.
[6]
Vgl. dazu BGH NJW 1997, 750.
[7]
Vgl. BGH NStZ 1997, 431, 432 mit zustimmender Anm. Kudlich NStZ 1997, 432, 433 f.; BGHSt 15, 210, 212; 14, 345, 350; 13, 235, 239 f.; Jäger Strafrecht AT Rn 292.
[8]
Blei JA 1973, 604; Herzberg JuS, 1980 472 ff.
[9]
Burkhardt JZ 1981, 683 ff.; Jakobs Strafrecht AT, 2. Aufl. 1991, § 25 Rn. 42; Schönke/Schröder-Eser/Bosch § 24 Rn 89.
[10]
BGH NJW 1997, 750; zustimmend Jäger Strafrecht AT Rn. 292.
[11]
Vgl. zum Meinungsstand Jäger Strafrecht AT Rn. 294 ff.
[12]
BGH wistra 2002, 263.
[13]
BGHSt 30, 363; BGH JR 2000, 293; BGHSt 40, 299.
[14]
BGHSt 26, 201; vgl. dazu auch BGH NStZ 2013, 85.
[15]
BGHSt 43, 177.
[16]
Wessels/Beulke/Satzger Strafrecht AT Rn. 857.
[17]
SK- Rudolphi § 22 Rn. 18.
[18]
BayObLG NJW 1986, 202.
[19]
BGH Urteil vom 20.3.2014, 3 StR 424/13 – abrufbar unter www.bundesgerichtshof.de.
2. Teil Versuch und Rücktritt des Alleintäters› C. Rechtswidrigkeit und Schuld
C. Rechtswidrigkeit und Schuld
28
Insofern gibt es keine versuchstypischen Besonderheiten, so dass auf die allgemeinen Grundsätze Bezug genommen wird.
2. Teil Versuch und Rücktritt des Alleintäters› D. Rücktritt vom Versuch
2. Teil Versuch und Rücktritt des Alleintäters› D. Rücktritt vom Versuch› I. Überblick
29
Nach der Schuld müssen Sie sich, sofern Anhaltspunkte dafür vorliegen, mit der Frage beschäftigen, ob der Täter gem. § 24 vom Versuch zurückgetreten ist. § 24 unterscheidet dabei zwischen dem Rücktritt des Alleintäters ( Abs. 1 )und dem Rücktritt bei mehreren Tatbeteiligten ( Abs. 2 ). Wir werden uns nachfolgend mit dem Rücktritt des Alleintäters vom Begehungsdelikt beschäftigen.
§ 24 Abs. 1 befasst sich mit dem Rücktritt vom unbeendeten, vom beendeten und vom untauglichen Versuch. Gem. § 24 Abs. 1 S. 1wird wegen Versuchs derjenige nicht bestraft, der freiwillig die weitere Ausführung der Tat aufgibt (unbeendeter Versuch)oder deren Vollendung verhindert (beendeter Versuch). Sofern die Tat ohne Zutun des Zurücktretenden nicht vollendet wurde, wird der Täter straflos, wenn er sich freiwillig und ernsthaft bemüht, die Vollendung zu verhindern (untauglicher Versuch).
[Bild vergrößern]
30
Der freiwillige Rücktritt stellt einen persönlichen Strafaufhebungsgrunddar, da er die bereits eingetretene Versuchsstrafbarkeit rückwirkend wieder aufhebt.[1]
Hinweis
Unterscheiden Sie davon die Strafausschließungsgründe, wie z.B. § 258 Abs. 5. Bei diesen handelt es sich um Umstände, die schon zum Versuchsbeginn vorliegen und so von Anfang an zu einer Straflosigkeit führen.
Читать дальше