§ 1 Einleitung› E. Zuständigkeiten und Rechtsquellen
E. Zuständigkeiten und Rechtsquellen
§ 1 Einleitung› E. Zuständigkeiten und Rechtsquellen › I. Gesetzgebungskompetenz
I. Gesetzgebungskompetenz
48
Die Gesetzgebungskompetenzfür die Umsatzsteuer liegt nach Art. 105 Abs. 2 GG beim Bund, weil diesem das Aufkommen der Steuer zum Teil zusteht (s. dazu Rn 51 f). Von der Gesetzgebungskompetenz hat der Bund durch Erlass des UStG Gebrauch gemacht.
§ 1 Einleitung› E. Zuständigkeiten und Rechtsquellen › II. Verwaltungshoheit
49
Die Umsatzsteuer als Gemeinschaftsteuer (dazu sogleich Rn 51) wird von den Landesfinanzbehörden im Auftrag des Bundes verwaltet ( Auftragsverwaltung, Art. 108 Abs. 3, Art. 85 GG). Das bedeutet, dass die Landesfinanzbehörden den Weisungen des Bundesministers der Finanzen unterstehen (Art. 85 Abs. 3 S. 1, Art. 108 Abs. 3 S. 2 GG). Zwar greift der Bund in aller Regel nicht in die Bearbeitung einzelner Steuerfälle ein. Er beeinflusst die Arbeit der Landesfinanzbehörden aber durch Weisungen. Entsprechende Instrumente sind vor allem BMF-Schreiben und der USt-Anwendungserlass (UStAE), s. dazu noch Rn 55.
50
Als Ausnahme davon wird die Einfuhrumsatzsteuer(§ 1 Abs. 1 S. 1 Nr 4 UStG) durch Bundesfinanzbehörden– die Bundeszollverwaltung mit den Hauptzollämtern als örtlichen Behörden – verwaltet (s. noch Rn 963).
§ 1 Einleitung› E. Zuständigkeiten und Rechtsquellen › III. Ertragshoheit
51
Das Aufkommen der Umsatzsteuer steht dem Bund und den Ländern nach Art. 106 Abs. 3 S. 1 GG gemeinsam zu (Gemeinschaftsteuer). Nach Art. 106 Abs. 5a GG erhalten auch die Gemeinden einen Anteil. Die Einzelheiten sind durch Bundesgesetz, das der Zustimmung des Bundesrates bedarf, zu regeln. Für die Aufteilung zwischen Bund und Ländern sind dabei die Vorgaben in Art. 106 Abs. 3 S. 3, 4 GG zu beachten.
52
Die Verteilung zwischen Bund, Ländern und Gemeinden ergibt sich im Einzelnen aus §§ 1, 2 Finanzausgleichsgesetz (FAG).[42] Nach der dort vorgeschriebenen Berechnung ergaben sich für das Jahr 2014 die folgenden effektiven Anteile am Gesamtaufkommen der Umsatzsteuer:[43]
• |
Bund 53,21 %; |
• |
Länder 44,56 %; |
• |
Kommunen 2,23 %. |
53
Nach der am 14. Oktober 2016 beschlossenen Neuregelung des bundesstaatlichen Finanzausgleichs ab 2020 wird der horizontale Finanzausgleich zwischen den Ländern abgeschafft. Stattdessen erfolgt ein Ausgleich der Finanzkraft zukünftig im Wesentlichen bereits im Rahmen der Verteilung des Länderanteils an der Umsatzsteuer. Der Länderanteil wird dabei zulasten des Bundes steigen.[44]
§ 1 Einleitung› E. Zuständigkeiten und Rechtsquellen › IV. Rechtsquellen
54
Rechtsquellen des deutschen Umsatzsteuerrechts sind zunächst das Umsatzsteuergesetz (UStG)sowie die Umsatzsteuerdurchführungsverordnung (UStDV). Die UStDV ist auf der Grundlage von im UStG enthaltenen Ermächtigungen ergangen. Zu den Rechtsquellen und der Bedeutung des Europarechts s. bereits Rn 37 ff.
55
Für die praktische Arbeit im Umsatzsteuerrecht sind veröffentlichte Stellungnahmen der Finanzverwaltungvon besonderer Bedeutung.
• |
Frühere USt-Richtlinien (UStR):Nach Art. 108 Abs. 7 GG kann die Bundesregierung allgemeine Verwaltungsvorschriften erlassen. Im Bereich (u. a.) der Auftragsverwaltung setzt dies die Zustimmung des Bundesrates voraus. Auf dieser Grundlage galten früher (bis 31. Oktober 2010) die USt-Richtlinien (UStR), auf die etwa in älterer Rechtsprechung teilweise Bezug genommen wird. |
• |
USt-Anwendungserlass (UStAE):Das Bundesministerium der Finanzen (BMF) hat die UStR mit Wirkung ab dem 1. November 2011 durch den USt-Anwendungserlass (UStAE) ersetzt. Rechtsgrundlage dafür ist nicht mehr Art. 108 Abs. 7 GG, sondern § 21a Abs. 1 S. 1 Finanzverwaltungsgesetz (FVG). Danach bestimmt das BMF mit Zustimmung der Länder[45] zur Verbesserung und Erleichterung des Vollzugs von Steuergesetzen und im Interesse der Gleichmäßigkeit der Besteuerung u. a. einheitliche Verwaltungsgrundsätze. Die Regelungen des UStAE sind keine Rechtsnormen. Sie binden die Bürger und – insbesondere – die Gerichte nicht. Als norminterpretierende Vorschriften geben sie vielmehr nur darüber Auskunft, wie das BMF Vorschriften des Umsatzsteuerrechts auslegt. Zugleich werden die Finanzbehörden im Interesse einer gleichmäßigen Rechtsanwendung auf die so vorgegebene Interpretation verpflichtet. Die Gerichte – das ist noch einmal zu betonen – sind an die vom BMF vertretene Interpretation des Umsatzsteuerrechts nicht gebunden.[46] |
• |
BMF-Schreiben:Neue Entwicklungen werden vom BMF häufig in BMF-Schreiben kommentiert. Anlässe dafür können etwa gesetzliche Neuregelungen, neue Rechtsprechung oder sonstige Fragen von allgemeiner Bedeutung sein, die beim Vollzug der Steuergesetze auftreten. BMF-Schreiben ergehen in Abstimmung mit den Ländern auf der Grundlage der Weisungskompetenz des Bundes in Fragen der Auftragsverwaltung (Art. 85 Abs. 3 S. 1, Art. 108 Abs. 3 S. 2 GG). Regelmäßig werden in BMF-Schreiben Änderungen des UStAE angeordnet. Wie der UStAE haben BMF-Schreiben nur norminterpretierenden Charakter. Sie binden die Finanzbehörden, aber nicht die Gerichte. |
• |
Verlautbarungen der Länder:Nur norminterpretierenden Charakter und verwaltungsinterne Bedeutung haben schließlich Verlautbarungen der Finanzministerien und Oberfinanzdirektionen (OFD) der Länder (Erlasse und Verfügungen). |
§ 1 Einleitung› F. Jüngere Entwicklung des Umsatzsteuerrechts
F. Jüngere Entwicklung des Umsatzsteuerrechts
56
Das UStG ist in der jüngeren Vergangenheit mehrfach geändert worden. Wichtigen Änderungen lagen zumeist Änderungen des Europäischen Richtlinienrechts zugrunde. Von wesentlicher Bedeutung war zuletzt das sog. Mehrwertsteuer-Paketder EU[47], in dessen Umsetzung § 3a UStG (Regelung zum Ort der sonstigen Leistung) durch das Jahressteuergesetz 2009[48] in wesentlichen Teilen neu gefasst worden ist. Sonstige Leistungen an Unternehmer werden danach grundsätzlich am Ort des Leistungsempfängers bewirkt (§ 3a Abs. 2 UStG, s. dazu noch Rn 353 ff).
57
Weitere Änderungen des Umsatzsteuerrechts brachte – zumeist mit Wirkung ab dem 1. Oktober 2014 – das sog. Kroatien-Anpassungsgesetz[49] (Art. 7 ff Kroatien-AnpG). Darin finden sich (wiederum) u. a. Neuregelungen zum Ort der sonstigen Leistung[50] und zur Umkehr der Steuerschuldnerschaft nach § 13b Abs. 5 UStG (Reverse Charge).
58
Durch das Steueränderungsgesetz 2015[51] wurde vor allem die Besteuerung juristischer Personen des öffentlichen Rechts geändert[52] (s. dazu unten Rn 125 ff).
§ 1 Einleitung› G. Grenzüberschreitender Wirtschaftsverkehr: Bestimmungslandprinzip
G. Grenzüberschreitender Wirtschaftsverkehr: Bestimmungslandprinzip
59
Wenn im Falle einer grenzüberschreitenden Lieferung oder sonstigen Leistung alle beteiligten Staaten uneingeschränkt die Erhebung von Umsatzsteuer für sich beanspruchen würden, wäre eine Mehrfachbelastung die Folge. Darin läge ein Hemmnis für den internationalen Wirtschaftsverkehr. In der EU wäre das Ziel der Verwirklichung eines Binnenmarktes (Art. 26 AEUV) gefährdet. Eine Aufteilung der Steuerbefugnisse zwischen den beteiligten Staaten ist daher sinnvoll. Als Methode der Aufteilung kommen vor allem[53] die folgenden Alternativen in Betracht:
Читать дальше