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Wenn die tatsächliche Verwendung eines Gegenstandes von der Verwendung abweicht, die der Unternehmer bei Vornahme des Vorsteuerabzuges zugrunde gelegt hat, kann sich daraus eine Vorsteuerberichtigung nach § 15a UStGergeben – je nach Sachverhalt entweder zugunsten oder zulasten des Unternehmers (s. dazu Rn 805 ff).
§ 2 Überblick über das Umsatzsteuergesetz› A. Der „Normalfall“: Lieferung oder sonstige Leistung › VIII. Verfahren
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Besteuerungszeitraumder USt ist nach § 16 Abs. 1 S. 2 UStG regelmäßig das Kalenderjahr(Jahressteuer). Für diesen Besteuerungszeitraum hat der Unternehmer nach § 18 Abs. 3 UStG eine Steuererklärung abzugeben (USt-Jahreserklärung). Darin hat er die Steuer selbst zu berechnen (Steueranmeldung). Diese Steueranmeldung steht einer Steuerfestsetzung unter Vorbehalt der Nachprüfung (VdN) im Regelfall gleich (§ 168 S. 1 AO).
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Die zeitnahe Erhebung der USt ist dadurch sichergestellt, dass der Unternehmer USt-Voranmeldungenabzugeben und USt-Vorauszahlungenzu leisten hat (§ 18 Abs. 1, 2, 2a UStG). Voranmeldung und Vorauszahlung sind jeweils bis zum zehnten Tagnach Ablauf jedes Voranmeldungszeitraums (meist des Kalendermonats) abzugeben bzw. zu leisten.
§ 2 Überblick über das Umsatzsteuergesetz› B. Weitere Steuertatbestände (Überblick)
B. Weitere Steuertatbestände (Überblick)
§ 2 Überblick über das Umsatzsteuergesetz› B. Weitere Steuertatbestände (Überblick) › I. Unentgeltliche Wertabgaben (§ 3 Abs. 1b und 9a UStG)
I. Unentgeltliche Wertabgaben (§ 3 Abs. 1b und 9a UStG)
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Die Vorschriften über unentgeltliche Wertabgaben (§ 3 Abs. 1b sowie § 3 Abs. 9a UStG) regeln insbesondere die Steuerbarkeit von (vereinfacht gesprochen) Entnahmen. Erfasst werden also vor allem Sachverhalte, in denen ein Unternehmer seinen privaten Bedarf nicht deckt, indem er Leistungen von anderen Unternehmern bezieht, sondern indem er seinem eigenen Unternehmen entnimmt, was er braucht. In diesen Fällen fehlt es an einem Mehrpersonenverhältnis und an einem Entgelt, sodass die Tatbestände der Lieferung oder der sonstigen Leistung nicht erfüllt sind. § 3 Abs. 1b und § 3 Abs. 9a UStG regeln aber, dass diese Fälle wie entgeltliche Lieferungen oder sonstige Leistungen zu behandeln sind (es ist auch von „fiktiven Umsätzen“ die Rede). Hintergrund ist, dass die Umsatzsteuer als Verbrauchsteuer (s. bereits Rn 28) den privaten Verbrauch möglichst lückenlos erfassen soll. Dieses Ziel würde etwa verfehlt, wenn ein Einzelhändler Lebensmittel für seinen Laden unter Vorsteuerabzug (§ 15 Abs. 1 UStG) erwerben und einen Teil davon für sich und seine Familie verbrauchen könnte, ohne eine Belastung mit Umsatzsteuer auszulösen.
§ 2 Überblick über das Umsatzsteuergesetz› B. Weitere Steuertatbestände (Überblick) › II. Innergemeinschaftlicher Erwerb
II. Innergemeinschaftlicher Erwerb
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Nach § 1 Abs. 1 Nr 5 UStG ist steuerbar „der innergemeinschaftliche Erwerb im Inland gegen Entgelt“ („IGE“; Erwerbsbesteuerung). Erfasst werden Importe aus dem übrigen Gemeinschaftsgebiet, und zwar regelmäßig nur dann, wenn Lieferer und Erwerber Unternehmer sind (es gibt zahlreiche Ausnahmen). Steuerschuldnerist der Erwerber (§ 13 Abs. 1 Nr 2 UStG). Dieser ist regelmäßig nach § 15 Abs. 1 S. 1 Nr 3 UStG zeitgleich zum Vorsteuerabzugberechtigt, sodass bei ihm keine effektive Steuerbelastung eintritt. Der im übrigen Gemeinschaftsgebiet ansässige Lieferer erbringt zwar eine im Ausgangsstaat der Lieferung steuerbare Lieferung, die aber als innergemeinschaftliche Lieferung(entsprechend der deutschen Regelung in § 4 Nr 1b) i. V. m. § 6a UStG) von der Mehrwertsteuer befreit ist. Im Regelfall entsteht daher beim IGE eine Steuerbelastung effektiv erst dann, wenn der inländische Erwerber an einen Nicht-Unternehmer (weiter-)veräußert (Umsetzung des Bestimmungslandprinzips).
§ 2 Überblick über das Umsatzsteuergesetz› B. Weitere Steuertatbestände (Überblick) › III. Einfuhrumsatzsteuer
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Während ein innergemeinschaftlicher Erwerb (§ 1 Abs. 1 Nr 5 UStG) bei einem Import aus dem übrigen Gemeinschaftsgebiet vorliegen kann, kann ein Import aus dem Drittlandsgebietden besonderen Steuertatbestand der Einfuhrumsatzsteuer(EUSt) erfüllen (§ 1 Abs. 1 Nr 4 UStG). Die EUSt bewirkt für Importe aus dem Drittlandsgebiet eine USt-Belastung, die der Besteuerung inländischer Waren entspricht. Dadurch wird im Handel mit dem Drittlandsgebiet eine wettbewerbsneutrale Besteuerung nach dem Bestimmungslandprinzipbewirkt. Dabei ist es unerheblich, ob ein Unternehmer oder eine „Privatperson“ die Einfuhr bewirkt. Ein Unternehmer kann im Hinblick auf die EUSt aber nach § 15 Abs. 1 S. 1 Nr 2 UStG zum Vorsteuerabzugberechtigt sein.
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Nach § 21 Abs. 2 UStG gelten für die EUSt die Vorschriften für Zölle, insb. der Zollkodex der Europäischen Union (UZK)sinngemäß. Zoll und EUSt werden in der Regel in einem einheitlichen Verfahren durch die Zollverwaltungerhoben.
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Zur Klarstellung ist darauf hinzuweisen, dass die EUSt bei Importen aus Drittländern nicht an die Stelle der „normalen USt“ (Grundtatbestand des § 1 Abs. 1 Nr 1 UStG) tritt. Die EUSt verdrängt also nicht die Besteuerung der Lieferung. Beide Besteuerungstatbestände sind vielmehr selbstständig zu prüfen. Sie können nebeneinander vorliegen, müssen dies aber nicht (s. noch Rn 959 ff).
§ 2 Überblick über das Umsatzsteuergesetz› B. Weitere Steuertatbestände (Überblick) › IV. Unrichtiger oder unberechtigter Steuerausweis (§ 14c UStG)
IV. Unrichtiger oder unberechtigter Steuerausweis (§ 14c UStG)
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§ 14c UStG regelt Fälle, in denen USt in einer Rechnung zu Unrecht ausgewiesen ist – die Steuer also nach anderen Vorschriften des UStG nicht entstanden ist, der Rechnungssteller sie aber dennoch in der Rechnung ausgewiesen hat. Hier besteht die Gefahr, dass der Rechnungsempfänger (zu Unrecht) den Vorsteuerabzug geltend macht. Zur Sicherung des Steueraufkommens bestimmt § 14c UStG daher, dass der Aussteller der unrichtigen Rechnung den ausgewiesenen Steuerbetrag schuldet (zu Einzelheiten s. Rn 680 ff).
[1]
Stadie , UStG, 3. Aufl. 2015, § 6 Rn 2.
§ 3 Unternehmer und Unternehmen
Inhaltsverzeichnis
A. Unternehmer
B. Unternehmen
C. Fahrzeuglieferer (§ 2a UStG)
D. Organschaft
§ 3 Unternehmer und Unternehmen› A. Unternehmer
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Nach § 1 Abs. 1 Nr 1 UStG ist – unter weiteren Voraussetzungen – nur eine Leistung steuerbar, die von einem Unternehmer im Rahmen seines Unternehmenserbracht wird. Umsätze eines Nicht-Unternehmers sind dagegen nicht nach dieser Vorschrift steuerbar und unterliegen auch nach anderen Vorschriften nur ausnahmsweise der USt (s. § 1b Abs. 1 und § 2a UStG für den innergemeinschaftlichen Erwerb und die innergemeinschaftliche Lieferung neuer Fahrzeuge und dazu Rn 157 ffsowie Rn 942 ff; daneben wird nach § 1 Abs. 1 Nr 4 UStG auch die Einfuhr durch einen Nicht-Unternehmer besteuert). Auch im Übrigen ist der Begriff des Unternehmers für das Umsatzsteuerrecht von zentraler Bedeutung. Insbesondere setzt der Vorsteuerabzug nach § 15 Abs. 1 UStG voraus, dass der Leistungsempfänger Unternehmer ist. Zudem kann die Unternehmereigenschaft eines Leistungsempfängers zu einer Umkehr der Steuerschuldnerschaft nach § 13b Abs. 5 UStG (Reverse Charge) führen.
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