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Deinert, Horst/Lütgens, Kay Die Vergütung des Betreuers, 6. Auflage 2012 |
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Deinert, Horst/Lütgens, Kay/Meier, Sybille Die Haftung des Betreuers, 2. Auflage 2007 |
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Zimmermann, Walter Anwaltsvergütung außerhalb des RVG, 2007 |
A. Die materiellen und verfahrensrechtlichen Vorschriften des Betreuungsrechts und der Unterbringung
Inhaltsverzeichnis
I. Das Betreuungsgesetz
II. Das 1. Betreuungsrechtsänderungsgesetz 1999
III. Das 2. Betreuungsrechtsänderungsgesetz 2005
IV. Das 3. Betreuungsrechtsänderungsgesetz 2009
V. Das FGG-Reformgesetz 2009
VI. Das Vormundschaftsrechtsänderungsgesetz 2011
VII. Das ZPO-Rechtsmittelreformgesetz 2013
VIII. Das Patientenrechtegesetz und das Gesetz zur betreuungsrechtlichen Zwangsbehandlung 2013
IX. Das 2. Kostenrechtsmodernisierungsgesetz 2013
X. Das Gesetz zur Stärkung der Funktionen der Betreuungsbehörde 2014
XI. Die Ländergesetze zur Unterbringung psychisch kranker und süchtiger Menschen
XII. Die strafrechtliche Unterbringung
A. Die materiellen und verfahrensrechtlichen Vorschriften des Betreuungsrechts und der Unterbringung› I. Das Betreuungsgesetz
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Das Betreuungsgesetz trat vor mehr als 23 Jahren am 1.1.1992 in Kraft und gilt bis heute als eine der wichtigsten und tiefgreifendsten Reformen unseres Rechtssystems im letzten Jahrhundert.[1] Es handelte sich um ein sog. „Artikelgesetz“, das rund 300 Paragraphen in ca. 50 Gesetzen änderte, wobei Schwerpunkte das BGB und das Verfahrensrecht im damaligen FGG darstellten. Die gesetzlichen Bestimmungen zum Entmündigungs-, Vormundschafts- und Gebrechlichkeitspflegschaftsrecht waren im Wesentlichen ab dem Inkrafttreten des BGB am 1.1.1900 unverändert geblieben. Lediglich die „Rauschgiftsucht“ war in den 70er Jahren in den alten Bundesländern als Entmündigungsgrund hinzugekommen. In der DDR waren in den 60er und 70er Jahren die Bestimmungen aus dem BGB in eigene Gesetze (Familiengesetzbuch, Zivilgesetzbuch) verlagert worden, ohne dass sich Inhaltliches geändert hätte. Insbesondere durch die im Jahre 1975 veröffentlichte Psychiatrie-Enquete (BT-Drs. 7/4200) rückte die Notwendigkeit und Dringlichkeit einer Reform der Entmündigung, der Vormundschaft über Volljährige und der Gebrechlichkeitspflegschaft verstärkt in das öffentliche Bewusstsein. Das Hauptanliegen des Reformgesetzgebers bestand darin, die Rechtsstellung und das Wohl der Betroffenen durch das Gesetzesvorhaben entscheidend zu verbessern. Vom federführenden Bundesministerium für Justiz wurde das Betreuungsgesetz als die „Jahrhundertreform“ bezeichnet.
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Das Betreuungsrecht verfolgt die nachstehenden Zielvorstellungen:
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Verwirklichung und Achtung des Selbstbestimmungsrechts der Betroffenen, |
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persönliche Betreuung an Stelle anonymer Verwaltung, |
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Förderung der Integration psychisch erkrankter, geistig oder seelisch behinderter Menschen in die Gesellschaft, |
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Beschränkung der Maßnahmen staatlicher Fürsorge auf das im Einzelfall erforderliche Maß, |
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Grundsatz des Vorrangs privater Vorsorge vor öffentlicher Fürsorge, |
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Stärkung der Personensorge durch Regelungen über Heilbehandlungen, Unterbringung, unterbringungsähnliche Maßnahmen und Wohnungsauflösung. |
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Das materielle Vormundschaftsrecht befindet sich seither in den §§ 1773–1895 des BGB und regelt die allgemeine Fürsorge für die Person und das Vermögen einer minderjährigen Person; diese tritt somit subsidiär an die Stelle der fehlenden Fürsorge der Familie in allen Angelegenheiten.
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Das materielle Betreuungsrecht ist in den §§ 1896–1908i BGB niedergelegt und regelt die Fürsorge für einen Volljährigen, der auf Grund einer psychischen Krankheit, geistigen, seelischen oder körperlichen Behinderung seine Angelegenheiten in einzelnen Teilgebieten oder aber auf allen Gebieten der Personen- und Vermögenssorge nicht allein regeln kann und deshalb der Unterstützung eines Betreuers bedarf.
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Das Verfahrensrecht wurde im Rahmen der Reform des Rechts der Vormundschaft und Pflegschaft für Volljährige durch ein einheitliches Verfahren der freiwilligen Gerichtsbarkeit (FGG) ersetzt. Dort wurden die von den Vormundschaftsgerichten zu beachtenden Verfahrensvorschriften in Betreuungs- und Unterbringungssachen niedergelegt, wie z.B. das Recht auf persönliche Anhörung des Betroffenen durch den Richter, die Bestellung eines Verfahrenspfleger, das Einholung von Sachverständigengutachten und die Regelungen zu den Rechtsmitteln. Außerdem wurden in einem neuen Gesetz, dem BtBG die Aufgaben der Betreuungsbehörden normiert. In diesem Zusammenhang ist insbesondere auf § 8 S. 1 und 2 BtBG zu verweisen. Die Betreuungsbehörden sind im Rahmen des anhängigen Betreuungsverfahrens verpflichtet, das Gericht bei der Sachverhaltsaufklärung zu unterstützen.
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Hinweis
§ 1908i Abs. 1 BGB verweist auf eine große Anzahl von Vorschriften aus dem Bereich des Vormundschaftsrechts für Minderjährige und erklärt diese für das Betreuungsrecht für anwendbar. Dies ist weitgehend unbekannt, ob zwar dort auf zentrale Normen verwiesen wird, die für die praktische Führung einer Betreuung, insbesondere im Aufgabenkreis der Vermögenssorge von großer Bedeutung sind, beispielsweise wie Geldanlagen des Betreuten vorzunehmen sind etc.
[1]
Diekmann 20 Jahre BtR – Rückblick und Ausblick BtPrax 2011, 5.
A. Die materiellen und verfahrensrechtlichen Vorschriften des Betreuungsrechts und der Unterbringung› II. Das 1. Betreuungsrechtsänderungsgesetz 1999
II. Das 1. Betreuungsrechtsänderungsgesetz 1999
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Am 1.1.1999 trat mit dem 1. Betreuungsrechtsänderungsgesetz (BtÄndG) die Reform der Reform in Kraft. Vor allem die Bundesländer wurden aktiv, um das Betreuungsrechtsänderungsgesetz auf den Weg zu bringen. Grund bildete der Umstand, dass die Ausgaben für Betreuungskosten nach einer unvollständigen Statistik der Bundesländer um ein Vielfaches nach 1992 gewachsen waren. So gab beispielsweise das Land Baden-Württemberg 1992 652.000 DM an Betreuungskosten aus, im Jahre 1995 waren es bereits über 7.000 000 DM. In Thüringen wuchs der Ausgabenbetrag im Jahr 1992 von 6.000 DM auf 4.022.000 DM im Jahre 1995. Auch die Landeszuschüsse für die Betreuungsvereine mussten von 9.099.000 DM im Jahre 1992 auf 23.945.000 DM 1995 angehoben werden.
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Streitigkeiten über die Höhe der zu bewilligenden Vergütungen bildeten ab 1992 den Schwerpunkt der gerichtlichen Tätigkeit im Betreuungsrecht. Das 1. Betreuungsrechtsänderungsgesetz verfolgte nach dem Willen des Gesetzgebers u.a. folgende Reformziele:
1. |
im materiellen Betreuungsrecht Verbesserung des Schutzes des Betroffenen bei Erteilung einer Vorsorgevollmacht und damit Stärkung dieses Rechtsinstituts als Alternative zur Betreuung,[1] |
2. |
Betonung des Prinzips der rechtlichen Vertretung des Betroffenen in den gerichtlich zugewiesenen Aufgabenkreisen, |
3. |
Vorrang der ehrenamtlich geführten Betreuung vor einer Berufsbetreuung, |
4. |
Präzisierung der Vorschriften über die Vergütung, um so die Probleme, die es in der Vergangenheit mit dem Vergütungsrecht gab, zu lösen,[2] |
5. |
Beteiligung des Betroffenen an den Betreuungskosten im Falle der Mittellosigkeit durch Rückgriffsmöglichkeit der Staatskasse, |
6. |
Heranziehung unterhaltspflichtiger Familienangehöriger zur Zahlung von Betreuungskosten. |
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