, Dr. iur., LL.M. (Yale), Professor, Université de Liège, Faculté de Droit;
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Leonard F. M. Besselink , Dr. rer. pol., Professor, Universiteit van Amsterdam, Leiter der Abteilung für öffentliches Recht, Lehrstuhl für Verfassungsrecht; |
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Giovanni Biaggini , Dr. iur., Professor, Universität Zürich, Lehrstuhl für Staats-, Verwaltungs- und Europarecht, Vorsteher des Rechtswissenschaftlichen Instituts; |
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Raffaele Bifulco , Dr. iur, Professor, Diritto costituzionale, Università di Roma LUISS Guido Carli, Departimento di Giurisprudenza; |
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Armin von Bogdandy , Dr. iur., M.A., Professor, Direktor am Max-Planck-Institut für; ausländisches öffentliches Recht und Völkerrecht in Heidelberg; |
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Anuscheh Farahat , Dr. iur., LL.M. (Berkeley), Wissenschaftliche Referentin am Max-Planck-Institut für ausländisches öffentliches Recht und Völkerrecht in Heidelberg; |
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Christoph Grabenwarter , Dr. iur., Dr. rer. soc. oec., Professor für Öffentliches Recht, Wirtschaftsrecht und Völkerrecht, Institut für Europarecht und Internationales Recht, Wirtschaftsuniversität Wien, Richter am österreichischen Verfassungsgerichtshof; |
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Peter M. Huber , Dr. iur., Professor, Lehrstuhl für Öffentliches Recht und Staatsphilosophie und Forschungsstelle für das Recht der Europäischen Integration, Ludwig-Maximilians-Universität München, Minister a. D., Richter des Bundesverfassungsgerichts; |
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Olivier Jouanjan , Dr. iur, Professor, Droit Public, Université Paris II – Panthéon-Assas; |
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Jo Eric Khushal Murkens , Dr. iur., London School of Economics and Political Science, Department of Law; |
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Davide Paris , Dr. iur., Forschungsstipendiat der Alexander von Humboldt-Stiftung am Max-Planck-Institut für ausländisches öffentliches Recht und Völkerrecht in Heidelberg; |
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Ravi Afonso Pereira , Universidade Nova de Lisboa, Faculdade de Direito; |
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Peter Quint , Professor emeritus, The University of Maryland, School of Law; |
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Juan Luis Requejo Pagés , Dr. iur., Professor, Referent am Europäischen Gerichtshof; |
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László Sólyom , Dr. iur., Professor, ehemaliger Präsident der Republik Ungarn, ehemaliger Präsident des ungarischen Verfassungsgerichts; |
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Piotr Tuleja , Dr. iur., Professor, Uniwersytet Jagiellonski Kraków, Katedra Prawa Constytucyjnego, Richter am polnischen Verfassungsgerichtshof; |
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Kaarlo Tuori , Dr. iur., Professor, Universität Helsinki, juristische Fakultät; Mitglied der Venedig-Kommission. |
Armin von Bogdandy/Christoph Grabenwarter/Peter M. Huber
§ 95 Verfassungsgerichtsbarkeit im europäischen Rechtsraum
I. Zur Programmatik des Bandes1 – 13
1. Ansiedelung in der Forschungslandschaft1 – 4
2. Die Herausforderungen des europäischen öffentlichen Rechts5 – 13
II. Der horizontale Verfassungsgerichtsverbund14 – 29
1. Das Phänomen14 – 20
2. Foren, Institutionen und Probleme21 – 29
III. Eckpunkte innereuropäischer Verfassungsgerichtsvergleichung30 – 46
1. Ein „europäisches Modell“ der Verfassungsgerichtsbarkeit? Grundlagen und Grenzen einer Denkfigur30 – 36
2. Identifikation des Forschungsgegenstands Verfassungsgerichtsbarkeit37 – 39
3. Methodische und rechtliche Grundfragen40 – 46
IV. Logik des Bandes47 – 52
§ 95 Verfassungsgerichtsbarkeit im europäischen Rechtsraum› I. Zur Programmatik des Bandes
I. Zur Programmatik des Bandes
Wir danken Dr. Stephan Hinghofer-Szalkay und Christoph Krenn für wertvolle Unterstützung.
§ 95 Verfassungsgerichtsbarkeit im europäischen Rechtsraum› I. Zur Programmatik des Bandes › 1. Ansiedelung in der Forschungslandschaft
1. Ansiedelung in der Forschungslandschaft
1
Das Interesse an der Verfassungsgerichtsbarkeit anderer Staaten ist so alt wie die Institution selbst. Schon der Gründungstext verfassungsgerichtlicher Kontrolle, Federalist No. 78, nutzt die Erfahrung anderer Länder. Andere Schlüsselwerke zur Verfassungsgerichtsbarkeit sind sogar im Kern vergleichend.[1] In Deutschland haben vergleichende Studien das Bundesverfassungsgericht von Anfang an begleitet,[2] bislang insbesondere in Auseinandersetzung mit dem Obersten Gericht der Vereinigten Staaten.[3]
2
Rechtsvergleichung zur Verfassungsgerichtsbarkeit ist somit nichts Neues. Mittlerweile sind aber eine neue Dynamik und eine bemerkenswerte Ausdifferenzierung zu beobachten. Zunächst einmal gibt es heute einen wahrlich weltumspannenden Diskussionszusammenhang. Er korrespondiert zu der bemerkenswerten Entwicklung der Institution: Inzwischen verfügen 164 von 193 Staaten über eine Verfassungsgerichtsbarkeit, also Institutionen mit verfassungsgerichtlicher Funktion, wobei in 76 Staaten eigens eingerichtete Verfassungsgerichte diese Aufgabe wahrnehmen.[4] Während in der von den Verfassungsgerichten unternommenen Selbstreflexion das deutsche Modell eine besondere Aufmerksamkeit genießt,[5] ist die inzwischen wahrlich weltumspannende akademische Debatte vor allem durch die reiche amerikanische Theoriebildung geprägt, wenngleich sie sie keineswegs monopolisiert.[6]
3
Daneben stehen regionale Diskurse, die mit engerem Fokus spezifischere Interessen verfolgen. Besonders lebendig ist der lateinamerikanische Raum mit seiner zweihundertjährigen konstitutionalistischen Tradition.[7] Hier soll die Rechtsvergleichung demokratische Verfassungsstaatlichkeit in einem besonders schwierigen Kontext voranbringen,[8] den Gewalt, systemische Exklusion breiter Bevölkerungskreise, das Vermächtnis autoritärer Regierungen, ein oft überbordender Präsidentialismus sowie schwache rechtliche Normativität kennzeichnen. Dem begegnet ein innovativer rechtebasierter, überstaatlich abgesicherter und regional radizierter Konstitutionalismus, den eine lateinamerikanische Vergleichung verfassungsgerichtlicher Institutionen und Funktionen inspiriert und stützt.[9] Die Verfassungsgerichtsbarkeit wird dabei auch als Instrument verstanden, schwersten Ungerechtigkeiten zu begegnen.
4
Die spezifischen Herausforderungen, denen sich der Rechtsvergleich zur Verfassungsgerichtsbarkeit im Rahmen des europäischen öffentlichen Rechts gegenübersieht, sind vielleicht von geringerer existentieller Dringlichkeit, aber doch von größter juristischer und politischer Relevanz. Sie ergeben sich daraus, dass das europäische öffentliche Recht mit seiner einzigartigen Verklammerung von unionalem Primärrecht, dem Recht der EMRK und den staatlichen Rechtsordnungen unterschiedliche und sich als autonom begreifende Regime verfassungsrechtlicher Normativität rechtlich zusammenführt, ohne sie zu einer Rechtsordnung zu verschmelzen.[10] Dies ist weltweit bislang ohne Beispiel. Und es birgt zahlreiche neuartige und komplexe Fragestellungen.
§ 95 Verfassungsgerichtsbarkeit im europäischen Rechtsraum› I. Zur Programmatik des Bandes › 2. Die Herausforderungen des europäischen öffentlichen Rechts
2. Die Herausforderungen des europäischen öffentlichen Rechts
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Der Begriff europäisches öffentliches Recht, verstanden als das öffentliche Recht im europäischen Rechtsraum, zeigt ein neues Ganzes an, in das die Rechtsordnungen der einzelnen Mitgliedstaaten eingebettet sind.[11] Es ist zwar nicht auf die Europäische Union beschränkt, findet in ihr jedoch seinen territorialen und funktionalen Schwerpunkt. Es ruht auf 60 Jahren rechtlicher Integration, die das nationale Verwaltungs- und Wirtschaftsrecht,[12] das Schuldrecht,[13] das Familien- und Erbrecht,[14] das Zivilprozessrecht,[15] das Arbeits- und Sozialrecht,[16] das Strafrecht,[17] das Steuerrecht[18] und eben auch das Verfassungsrecht[19] überformt hat. In vielen Rechtsgebieten ist die gemeinsame europäische Rechtsschicht inzwischen breiter als in den Vereinigten Staaten.
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