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2. Die Änderungen bezüglich der Institutionen
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Die Abstimmungsmodalitäten im Ratwurden geändert. Eine qualifizierte Mehrheitreichte für Abstimmungen im Rat bei vielen Beschlussverfahren nun aus. Einstimmige Ratsbeschlüssewaren weiterhin für Abstimmungen über Steuern, die Freizügigkeit der Arbeit und die Rechte der Arbeitnehmer notwendig. Auf Initiative des Ratspräsidenten, auf Antrag der Kommission oder eines Mitgliedstaates konnte nun eine Abstimmung des Rates verlangt werden.
In der EEA wurden die Befugnisse des Europäischen Parlaments gestärkt, da von nun an seine Zustimmung zu Erweiterungs- und Assoziierungsabkommender Gemeinschaft erforderlich war. Außerdem wurde im gesetzgebenden Bereich das Zusammenarbeitsverfahren zwischen Parlament und Rat eingeführt.
1. Teil Die europäische Integration› B. Die Weiterentwicklung der Europäischen Gemeinschaft› III. Die Reform der Europäischen Gemeinschaft durch den Vertrag von Maastricht
III. Die Reform der Europäischen Gemeinschaft durch den Vertrag von Maastricht
1. Die Gründung der Europäischen Union (EU)
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In Maastricht wurde am 7.2.1992[14] die Europäische Union (EU) als gemeinsames Dachder EGV, EAGV und EGKS (erste Säule), der Gemeinsamen Außen- und Sicherheitspolitik (zweite Säule) und der polizeilichen und justiziellen Zusammenarbeit in Strafsachen (dritte Säule) gegründet.[15]
Die EU ruhte danach auf drei Säulen:
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Hinweis
Bis zum Ratifizieren des Lissabon-Vertrages in allen Mitgliedstaaten galt:
Die EU löste die EG nicht ab. Auch wenn im allgemeinen Sprachgebrauch der EU die gleiche Bedeutung wie der EG beigemessen wurde, handelte es sich nicht um dieselbe Organisation. Die Europäischen Gemeinschaften der ersten Säule waren von der EU rechtlich völlig selbständig.
14
Die im Vertrag zur Gründung der EU a.F. (EUV)[16] geregelten Politikbereiche
• |
gemeinsame Außen- und Sicherheitspolitik (GASP) und |
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die polizeiliche und justizielle Zusammenarbeit in Strafsachen (PJZS) |
unterlagen grundsätzlichnicht der Zuständigkeit des Europäischen Gerichtshofes ( EuGH ), da diese Bereiche keinen Bestandteil des Gemeinschaftsrechts der ersten Säule darstellten. Es handelte sich um Bereiche intergouvernementaler Zusammenarbeitohne Übertragung von Hoheitsbefugnissen auf die EG.
Hinweis
Mitgliedstaaten treffen zwar gemeinsam Entscheidungen, bleiben aber souverän bei der Umsetzung der getroffenen Entscheidungen. Bei dieser Form der intergouvernementalen Zusammenarbeitwerden auf die Organisation keine hoheitlichen Rechte übertragen. Intergouvernementale Zusammenarbeit in einer Organisation ist von einer Zusammenarbeit in einer supranationalen Organisationabzugrenzen.
15
Der EuGH als Organ der EG war nur ausnahmsweiseim Bereich des EUV a.F. zuständig, nämlich nur in dem Umfang des Titels VI des EUV a.F. (polizeiliche und justizielle Zusammenarbeit in Strafsachen). Gem. Art. 35 EUV a.F.[17] konnte der EuGH daher Vorabentscheidungen gem. Art. 234 EGV[18] über die Gültigkeit und Auslegung von Rahmenbeschlüssen und Beschlüssen treffen. Der EuGH hatte ausdrücklich keine Zuständigkeit gem. Art. 35 Abs. 5 EUV a.F. für die Überprüfung von Maßnahmen der Polizei oder anderer Strafverfolgungsbehörden eines Mitgliedstaates oder für die Aufrechterhaltung der öffentlichen Ordnung und den Schutz der inneren Sicherheit in einem der Mitgliedstaaten.
16
Als Ziele der GASP wurden in Art. 11 Abs. 1 EUV a.F.[19] formuliert:
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Wahrung der gemeinsamen Werte und Interessen, |
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Stärkung der Sicherheit der Union, |
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Wahrung des Friedens, |
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Förderung der internationalen Zusammenarbeit, |
• |
Entwicklung und Stärkung der Demokratie, Rechtsstaatlichkeit sowie der Achtung der Menschenrechte und Grundfreiheiten. |
17
Lesen Sie zu den Handlungsformen im Bereich der GASP Rn. 116–119.
Die Mitgliedstaaten unterstützten die EU gem. Art. 11 Abs. 2 EUV a.F.[20] aktiv und vorbehaltlos im Geiste der Loyalität und gegenseitigen Solidarität. Im Bereich der GASP galten die Handlungsformengem. Art. 12 EUV[21] a.F.[22]
Die EU verfügte über zivile als auch militärische Mittel zum internationalen Krisenmanagement. Zivile Mittel waren z.B. die Bereitstellung von Polizeibeamten, Staatsanwälten, Richtern oder Strafvollzugsbeamten zu Ausbildungszwecken in Krisenregionen. In militärischer Hinsicht sollte langfristig ein Rückgriff auf eine Truppenstärke von ca. 60 000 Soldaten ermöglicht werden. Die EU hatte keine eigenen Streitkräfte, vielmehr sollten die Mitgliedstaaten autonom über die Bereitstellung ihrer Streitkräfte entscheiden.
Zu jeder Außen- und sicherheitspolitischen Frage von allgemeiner Bedeutung fand im Rat gem. Art. 16 EUV a.F.[23] eine gegenseitige Unterrichtung und Abstimmung zwischen den Mitgliedstaaten statt, damit gewährleistet war, dass der Einfluss der Union durch konzertiertes und konvergierendes Handeln möglichst wirksam zum Tragen kommen konnte. Der Vorsitz wurde im Rahmen der GASP gem. Art. 18 Abs. 3 EUV a.F. vom Generalsekretär des Rates unterstützt, der die Aufgabe des Hohen Vertreters für die GASP wahrnahm.
18
Lesen Sie zu den Handlungsformen im Bereich der PJZS Rn. 120–121.
Im Maastrichter Vertragwar die Zusammenarbeit in den Bereichen Justiz und Inneres vereinbart worden. Hierzu gehörten auch die Bereiche der Visa- und Asylpolitik. Bis zum Inkrafttreten des Lissabon-Vertrages regelte der EUV a.F. in den Art. 29–42 nur noch die Zusammenarbeit in Strafsachen. Hierzu gehörten gem. Art. 29 Abs. 2 erster Spiegelstrich EUV a.F. insbesondere die Verbesserung der Leistungsfähigkeit und der Zusammenarbeit der Polizeibehördender Mitgliedstaaten bei der Bekämpfung des internationalen Drogenhandels, der Schleuserkriminalität und terroristischen Handlungen. Es wurde das Europäische Polizeiamt (Europol)im Vertrag von Maastrichtgegründet und in den Art. 30 und 32 EUV a.F.[24] geregelt. Die Handlungsformen in dem Bereich der PJZS wurden in dem Art. 34 EUV a.F.[25] aufgeführt. Gem. Art. 34 Abs. 2 S. 2 EUV a.F. waren diese Maßnahmen grundsätzlich einstimmig im Rat zu beschließen. In Art. 34 Abs. 3 EUV a.F. war geregelt, wann eine qualifizierte Mehrheit im Rat ausreichen sollte.
2. Die Schaffung der Europäischen Wirtschafts- und Währungsunion (WWU)
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Nach der Den Haager Gipfelkonferenz 1969 war eine Wirtschafts- und Währungsunion (WWU)geplant, die aber an der Ablehnung aus einzelnen Mitgliedstaaten scheiterte. 1978 wurde das Europäische Währungssystem (EWS)ohne Großbritannien errichtet mit dem Ziel, Währungsstabilitätdurch feste Wechselkurse zu erreichen. Europas Stellung sollte im internationalen Währungssystemverbessert und eine größere innere Stabilität zur Vorbereitung einer Europäischen Währungsunionermöglicht werden. In dem Vertrag von Maastricht wurde die Schaffung der Europäischen Wirtschafts- und Währungsunion(WWU) vereinbart. Ein Austritt aus der WWU wurde vertraglich nicht vorgesehen. Ziel der WWUwar die Koordination der Wirtschaftspolitik der Mitgliedstaaten, die Einführung einer einheitlichen Währung und die Errichtung eines europäischen Zentralbanksystems. Die WWU wurde im Vertrag von Maastricht in den Kompetenzbereich der bestehenden Europäischen Gemeinschaften aufgenommen und in den Art. 4, 8 und 98–124 EGV[26] geregelt. Die WWU wurde daher nicht Teil der intergouvernementalen Zusammenarbeit, sondern des Gemeinschaftsrechts.
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