1 ...7 8 9 11 12 13 ...22 [3]
BGBl. 1952 II, 447.
[4]
Beitritt der Bundesrepublik am 6.5.1955.
[5]
Streinz Europarecht Rn. 19.
[6]
Streinz Europarecht Rn. 20.
[7]
Diese Verträge werden auch Römische Verträge genannt.
[8]
BGBl. 1958 II, 1.
[9]
Gemeinsamer Markt.
[10]
Thiele Europarecht S. 15.
[11]
Fusionsvertrag vom 8.4.1965.
[12]
Arndt/Fischer/Fetzer Europarecht S. 7.
[13]
Thiele Europarecht S. 15.
[14]
EWG/VO 1/1958.
1. Teil Die europäische Integration› B. Die Weiterentwicklung der Europäischen Gemeinschaft
B. Die Weiterentwicklung der Europäischen Gemeinschaft
7
Mit der Weiterentwicklung der Europäischen Gemeinschaft sollte die Rolle des Europäischen Parlamentes gestärkt, das Entscheidungsverfahren im Rat und die Effizienz der Arbeitsweise der Kommission verbessert werden. Dies bedeutete auch die Preisgabe nationalstaatlicher Souveränität. Dies stieß in den Mitgliedstaaten, insbesondere in Frankreich, auf erheblichen Widerstand. Am 15.6.1965 brach Frankreich Verhandlungen zum Agrarfonds ab, da Frankreich einen mit qualifizierter Mehrheit gefassten Beschluss des Rates befürchtete, der nicht im französischen Interesse gewesen wäre. Frankreich sandte danach keinen Vertreter mehr[1] zu den Sitzungen des Rates, der damit beschlussunfähig wurde. Zur Ermittlung der ausreichenden Stimmen für einen mit qualifizierter Mehrheit gefassten Beschluss mussten alle Mitgliedstaaten anwesend sein oder sich von anderen Mitgliedstaaten vertreten lassen. Am 29.1.1966 konnte ein Kompromiss im Rat zur Beilegung der Divergenzen in der Agrarpolitikgetroffen werden. Dieser Luxemburger Kompromisszu Mehrheitsentscheidungen sah vor, dass, soweit Entscheidungen des Rates die vitalen Interessen eines Mitgliedstaates berühren, die Entscheidungen nicht gegen die Stimme dieses Staates getroffen werden dürfen.[2] Durch diesen Kompromiss ist eine Art Gewohnheitsrechtentstanden, nach dem Mitgliedstaaten in wichtigen Fällen solange weiterverhandeln, bis ein Konsens erzielt wird. Zwar ist diese Vereinbarung nicht in den Gesetzestext des EWGV bzw. später den des Vertrages zur Gründung der Europäischen Gemeinschaft (EGV) aufgenommen worden, jedoch wird sie in der Praxis eingehalten. Gleiches ist auch in Bereichen, in denen eigentlich eine qualifizierte Mehrheit als ausreichend vorgesehen ist, überwiegend der Fall.[3] Bis zum Jahr 1985 waren die Mitglieder des Rates oft nicht bereit, Mehrheitsentscheidungen zu treffen, da die Mitglieder eine Überstimmung nicht akzeptieren wollten.[4]
1. Teil Die europäische Integration› B. Die Weiterentwicklung der Europäischen Gemeinschaft› I. Die Reform der Europäischen Gemeinschaft durch das Schengener Übereinkommen
I. Die Reform der Europäischen Gemeinschaft durch das Schengener Übereinkommen
8
Ein Binnenmarkt ohne Binnengrenzensetzt den Abbau der Grenzkontrollen an den Binnengrenzen voraus. Darum hatten sich die Mitgliedstaaten ab 1980 bemüht. Eine Einigung im Rahmen der EWG konnte aber nicht erzielt werden, da nicht alle Mitgliedstaaten zur Preisgabe dieser Kompetenzen bereit waren. Nur fünf der Gründungsstaaten der EWG[5] von damals bereits zehn Mitgliedstaaten unterzeichneten am 15.6.1985 das Schengener Übereinkommen und am 19.6.1990 das Übereinkommen über die Durchführung des Schengener Übereinkommens (Schengener Durchführungsübereinkommen-SDÜ).[6] Das SDÜ trat am 1.9.1993 in Kraft. Die tatsächliche Inkraftsetzung war erst nach Schaffung der notwendigen technischen und rechtlichen Voraussetzungen wie z.B. die Einrichtung von Datenbanken und der dafür erforderlichen Datenschutzbehörden am 26.3.1995 möglich. In Art. 140 und 142 des SDÜ war ausdrücklich festgehalten worden, dass beide Abkommen nur Vorläufer für eine gemeinschaftsrechtliche Regelung sein sollten.[7] Im Vertrag von Amsterdamvom 2.10.1997 wurde dann auch beschlossen, das Schengener Übereinkommen in das Gemeinschaftsrecht zu integrieren. Dies wurde am 1.5.1999 umgesetzt. Die Konsequenz ist, dass alle folgenden Neumitglieder der Europäischen Gemeinschaft das Schengener Übereinkommen beachten müssen. Heute gilt das Schengener Übereinkommen in zweiundzwanzig Mitgliedstaaten[8] und in Islandund Norwegen. Es hat nur eine eingeschränkte Geltung in Großbritannienund Irland.[9] In Zypernwerden die Grenzkontrollen erst nach Beendigung des Zypernkonflikts wegfallen. Zu Bulgarienund Rumänienwurde im März 2013 auf einem Treffen der EU-Innenminister in Brüssel beschlossen, dass die Regierungen beider Staaten zunächst einen Bericht vorzulegen hätten, wie sie wirksam die Korruption und organisierte Kriminalität in ihren Staaten bekämpfen wollen. Das neue Mitglied Kroatien hat noch nicht alle Voraussetzungen erfüllt.
1. Teil Die europäische Integration› B. Die Weiterentwicklung der Europäischen Gemeinschaft› II. Die Reform der Europäischen Gemeinschaft durch die Einheitliche Europäische Akte
II. Die Reform der Europäischen Gemeinschaft durch die Einheitliche Europäische Akte
9
Die erste umfassende Reform der Europäischen Gemeinschaft erfolgte durch die Einheitliche Europäische Akte (EEA).Die EEA[10] vom 28.2.1986 trat am 1.7.1987[11] in Kraft. In der EEA wurden erstmalig die verschiedenen Formen der rechtlichen und politischen Zusammenarbeit der Mitgliedstaaten in einer einheitlichen Akte bzw. einem einheitlichen Vertragstext geregelt. In Art. 1 Abs. 1 EEA wurde die „Europäische Union“ als Ziel vorgegeben. Erstmalig wurde der Begriff des Binnenmarktes vertraglich erläutert[12] und die notwendigen Bestimmungen zur Verwirklichung und Regelung eines solchen Marktes getroffen.
Der Binnenmarktwird als Raum ohne Binnengrenzen für den freien Verkehr von Waren, Personen, Dienstleistungen und Kapital gemäß den Bestimmungen des EWGV definiert.
10
Ebenfalls zum ersten Mal enthielt ein Gemeinschaftsdokument ausdrückliche Regelungen zur europäischen politischen Zusammenarbeit (EPZ)[13] als Vorläufer der Gemeinsamen Außen- und Sicherheitspolitik (GASP).Schon seit 1970 stimmten die Staats- und Regierungschefs der Mitgliedstaaten ihre Außenpolitik auf gemeinsamen Treffen ab. Diese Zusammenkünfte wurden als Treffen des „Europäischen Rates“ bezeichnet, wurden aber nicht institutionalisiert bzw. in die Gemeinschaftsverträge aufgenommen.
1. Die Kompetenzerweiterung der Europäischen Gemeinschaft
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Die Befugnisse der Gemeinschaft wurden in der EEA um folgende Zuständigkeitsbereiche erweitert:
• |
Währungspolitik, |
• |
Sozialpolitik, |
• |
Wirtschaftlicher und sozialer Zusammenhalt, |
• |
Forschung und technologische Entwicklung und |
• |
Umweltpolitik. |
Der Wegfall der Personen- und Warenkontrollen an den EG-Binnengrenzen (z.B.: Verlagerung der Kontrollen in die Produktion oder die Vereinheitlichung des Veterinärrechts) wurde wie die gegenseitige Anerkennung zahlreicher Produktnormen und Lebensmittelstandards bzw. deren Harmonisierung, die Beseitigung der durch unterschiedliche Mehrwerts- und Verbrauchssteuergebildeten steuerlichen Schranken geregelt. EG-weit wurden die öffentlichen Beschaffungsmärkte für staatliche Aufträge ab 10 Mio. DM geöffnet, der Markt des Versicherungs- und Transportgewerbes wurde geöffnet und liberalisiert, Staatsmonopolewie die Postbeseitigt.
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