[12]
Einzelheiten insoweit https://www.federalregister.gov/presidential-documents/executive-orders
[13]
Branum , Journal of Legislation 28 (2002), 1, 2 u. 32.
[14]
Congressional Research Service, Federal Workforce Statistic Sources, 2019, S. 6.
[15]
Gitterman, S. 145; Branum , Journal of Legislation 28 (2002), 1, 21; Brugger, S. 210; Barron/Dienes, 8. Aufl., S. 166; Einzelbeispiele insoweit bei Chu/Garvey, S. 7 ff.
[16]
Gitterman, S. 5 u. 21; Mayer, S. 3 u. 220; Newland, Yale Law Journal 124 (2015), 2026, 2032.
[17]
Newland, Yale Law Journal 124 (2015), 2026, 2035 u. 2083; Branum , Journal of Legislation 28 (2002), 1, 24 am Beispiel Lincolns; Mayer, S. 218.
[18]
Gitterman, S. 21; Mayer, S. 220.
[19]
Slattery/Kloster, S. 1, 11; Issacharoff, S. 19, 35; Newland, Yale Law Journal 124 (2015), 2026, 2031.
[20]
Gitterman, S. 6, 8 u. 145; Mathews, S. 67, 78; Branum , Journal of Legislation 28 (2002), 1, 22.
[21]
Feldman, Obama and the limits of Executive Power, BloombergView, 28.12.2015.
[22]
Branum , Journal of Legislation 28 (2002), 1, 56 ff. u. 82.
[23]
Chu/Garvey, S. 10; Gitterman, S. 136, 140 u. 146.
[24]
Chu/Garvey, S. 7; Gitterman S. 136.
[25]
Gitterman, S. 145; Mayer, S. 9 u. 220; Slattery/Kloster, S. 1, 14; Branum , Journal of Legislation 28 (2002), 1, 32 u. 83.
[26]
Branum , Journal of Legislation 28 (2002), 1, 2, 6 u. 9; Newland, Yale Law Journal 124 (2015), 2026, 2036 f. u. 2054; Chu/Garvey, S. 3 m.w.N.
[27]
Branum , Journal of Legislation 28 (2002), 1, 58.
[28]
Feldman, Obama and the limits of Executive Power, BloombergView, 28.12.2015.
b) Überprüfung der präsidentiellen Verfügungen durch die anderen beiden Staatsgewalten
58
Der Kongress kann eine Durchführungsanordnung unterlaufen, indem er eventuell notwendige Finanzmittel nicht bereitstellt[1]; hier setzt sich das Budgetrecht des Parlaments durch. Denkbar ist es weiterhin, dass der Kongress ein Gesetz erlässt, welches eine präsidentielle Verfügung aufhebt[2]. Solche Gesetze sind allerdings sehr selten, auch weil der Kongress mit einem Veto des Präsidenten rechnen muss, welches dann nur mit einer Zwei-Drittel-Mehrheit überstimmt werden kann[3]. Weniger als 4 % der präsidentielle Durchführungsanordnungen sind vom Kongress verändert oder aufgehoben worden[4].
59
Der Steel-Seizure-Fall bildet seit langer Zeit einen wichtigen Meilenstein der Kontrolle präsidentieller Durchführungsanordnungen durch den Supreme Court. Während des Koreakrieges verfügte Präsident Truman 1952 per executive order[5], dass stahlerzeugenden Unternehmen unter eine zeitlich begrenzte staatliche Zwangsverwaltung zu nehmen waren. Truman befürchtete, dass anderenfalls die Stahlproduktion zum Erliegen können komme, weil sich die Arbeitgeber Lohnerhöhungen verweigerten und die Gewerkschaften mit Streik gedroht hatten. Das streikbedingte Ruhen der Stahlproduktion hätte wiederum negative Auswirkungen auf die Versorgung der amerikanischen Truppen mit Waffen und Ausrüstung haben können.
60
Aus deutscher Perspektive wäre die rechtliche Lösung dieses Falles klar: Da Truman keine gesetzliche Ermächtigung für den Eigentumseingriff vorweisen konnte[6], was er auch selbst einräumte, würde man diesen Eingriff wegen des Vorbehalts des Gesetzes als verfassungswidrig bewerten. Der Supreme Court, den die Stahlunternehmen anriefen, kam zwar ebenfalls zu dem Ergebnis der Verfassungswidrigkeit, allerdings waren die Argumentationen der verschiedenen Richter deutlich komplexer und vielfältiger[7]. Drei Richter vertraten die abweichende Meinung, das Vorgehen des Präsidenten sei verfassungsgemäß, da eine Notlage vorläge, in der rasch und entschlossen gehandelt werden müsse[8]. Die Enteignung sei nicht verfassungsrechtlich verboten, solange die Eigentümer entschädigt würden[9]. Dass die Verfassung zu den Notstandskompetenzen schweige, heiße nicht, dass der Präsident keine Handlungsmöglichkeiten haben solle[10]. Vielmehr sei aus den Regelungen über die Präsidentschaft und aus historischen Argumenten[11] abzuleiten, dass Präsidenten in Krisensituationen auch ohne parlamentarische Ermächtigung handeln dürften[12]. So stelle sich auch die Verfassungspraxis sowie eine Reihe von Präzedenzfällen dar; Beschlagnahmen durch Präsidenten in Kriegszeiten seien bislang durchgehend gebilligt worden[13]. Präsident Truman habe den Kongress überdies rechtzeitig über die Zwangsverwaltung der Stahlbetriebe informiert, der aber keine (gesetzlichen) Gegenmaßnahmen für nötig gehalten habe[14].
61
Von den sechs Richtern, die von der Verfassungswidrigkeit der Zwangsverwaltung überzeugt waren, wurden sehr unterschiedliche Begründungen vorgelegt. Zunächst wurde eine Ermächtigung des Präsidenten aus seiner Funktion als Oberbefehlshaber abgelehnt, weil es nicht direkt um die Streitkräfte, sondern um einen arbeitsrechtlichen – und damit einen innenpolitischen – Konflikt ging, der nur indirekt Folgen für die Streitkräfte hatte[15]. Aber auch die sonstigen exekutiven Befugnisse des Präsidenten wurden nicht als ausreichende Ermächtigung angesehen, weil es hier um Gesetzgebung gehe – wie andere Gesetze über die Zulässigkeit von Enteignungen zeigten[16] – und dies die Aufgabe des Kongresses darstelle[17]. Der Wortlaut der Verfassung (Art. I, section 1 USC) ordne alle gesetzgeberischen Befugnisse dem Parlament zu; Art. I, section 8, cl. 18 USC bekräftige diese Gesetzgebungsaufgabe des Parlaments[18]. Justice Douglas ergänzt diese Überlegungen mit einem systematischen Argument[19]: Die Zwangsverwaltung der Stahlunternehmen stelle ein zeitweise Enteignung dar, die nach dem 5. Zusatzartikel entschädigungspflichtig sei. Weil der Präsident allein, d.h. am Kongress vorbei, überhaupt keine finanziellen Leistungen bewilligen dürfe, seien ihm Enteignungen untersagt, da diese ohne gleichzeitige Entschädigung verfassungswidrig seien.
62
Eine vermittelnde Lösung bildet drei unterschiedliche Modelle[20]:
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Handelt der Präsident mit gesetzlicher Ermächtigung, ist seine Macht am stärksten und die gerichtliche Kontrolle muss sehr zurückhaltend ausfallen. |
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Fehlt ein Gesetz, kann sich der Präsident nur auf seine eigenen Befugnisse stützen. Hier gibt es Raum für Zweifel, ob die Legislative oder die Exekutive zuständig ist. Je nach Situation und Problematik kann ein Handeln des Präsidenten hier zulässig oder unzulässig sein. |
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Wendet sich der Präsident gegen den ausdrücklichen oder konkludent erkennbaren Willen des Parlaments, hat er die geringsten Handlungsmöglichkeiten. Hier ist eine sorgfältige gerichtliche Kontrolle angebracht, um die Rechte des Parlaments zu wahren. |
63
Der Zwangsverwaltungsfall wird dann in die letztgenannte Kategorie eingeordnet und als verfassungsrechtlich unzulässig bewertet[21]. Aus deutscher Perspektive ist es erstaunlich, dass die dritte Kategorie überhaupt existiert, dass es also als grundsätzlich möglich betrachtet wird, dass ein Exekutivorgan sich gegen den Willen der Legislative stellt.
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Justice Frankfurter bringt eine weitere, ganz anders strukturierte Begründung für die Verfassungswidrigkeit[22]: Wenn es keine textlich eindeutige Kompetenzverteilung gebe, müsse nach einer langjährigen Verfassungspraxis gefahndet werden. Wenn diese zugunsten des Präsidenten nachweisbar sei, seien seine Anordnungen verfassungsrechtlich zulässig. Diese ständige Verfassungspraxis existiere indes für die Anordnung von Zwangsverwaltungen nicht[23].
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