119
Die Wahrnehmung legislativer Aufgabenführt nach dem Grundsatz des Art. 104a Abs. 1 GG nur zur Verpflichtung, diejenigen Ausgaben zu tragen, die sich unmittelbar aus dem Akt der Gesetzgebung bzw dem Gesetzgebungsverfahren ergeben. Dies sind zB die Kosten der Gesetzgebungsorgane und des Gesetzgebungsverfahrens. Gleiches gilt für den Bereich der Rechtsprechung, zB Personalkosten oder Verwaltungsausgaben der Gerichte.
3. Verwaltungs- und Zweckausgaben
120
Art. 104a Abs. 1 GG spricht allgemein von „Ausgaben“. Es lassen sich jedoch zwei verschiedene Artenvon Ausgaben unterscheiden. Die Wahrnehmung einer Aufgabe im Bereich der Verwaltung erfordert zum einen – dies ist in den Bereichen Rspr und Gesetzgebung nicht anders – die Bereitstellung eines entsprechenden (Verwaltungs-)Apparates, dessen Betrieb Personal- und Sachkosten (auch Fahrzeuge, Gebäude usw) verursacht. Dieser Ausgabenteil wird als Verwaltungsausgabenbezeichnet[20]. Ohne diese Ausgaben wäre die Wahrnehmung von Aufgaben nicht denkbar, sie ermöglichen überhaupt erst ein Tätigwerden der Verwaltung.
121
Wenn das Grundgesetz die Art der Ausgaben nicht genauer bestimmt, sind hingegen zumeist Zweckausgaben(Sachausgaben) gemeint[21]. Diese dienen der Erfüllung der eigentlichen Sachaufgabe und fallen bei der Wahrnehmung gesetzgeberischer und rechtsprechender Aufgaben nicht an[22]. Zweckausgaben sind zB Sozialleistungen oder Subventionen aber auch Ausgaben, die sich aus der Erbringung von Leistungen gegenüber der Allgemeinheit ergeben, zB die Kosten für den Bau und die Erhaltung von Straßen.
122
Notwendig wird die Differenzierung aufgrund der Regelung des Art. 104a Abs. 5 GG, der ein strenges Konnexitätsprinzipfür die Verwaltungsausgabenvorsieht[23]. Während die Grundregel des Art. 104a Abs. 1 GG noch Ausnahmen für Finanzierung von Zweckausgaben zulässt, tragen Bund und Länder die Verwaltungsausgaben ihrer Behörden immer selbstständig. Hierdurch wird Streitigkeiten über Verursachungsbeiträge vorgebeugt und eine klare Abgrenzung ermöglicht.
4. Verbot der Fremd- und Mischfinanzierung
123
Art. 104a Abs. 1 GG verlangt, dass Bund und Länder die sich aus ihrer Aufgabenwahrnehmung ergebenden Ausgaben gesondertfinanzieren. Neben dem Gebot, die aus der eigenen Zuständigkeit resultierenden Kosten zu tragen, begründet die Bestimmung auch ein grds Verbot der Fremd- und Mischfinanzierung. Eine finanzielle Beteiligung an der Erledigung fremder Verwaltungsaufgaben ist für Bund und Länder grds unzulässig.
124
Hintergrund dieses Verbots ist nicht nur das Bemühen um Transparenz, sondern vor allem die Befürchtung, die im Grundgesetz vorgesehene Eigenstaatlichkeit der Länder(Art. 20 Abs. 1, Art. 79 Abs. 3 GG) und die föderale Vielfalt könnte durch die Möglichkeit des Bundes, den Ländern „goldene Zügel“anzulegen[24], gefährdet werden. Im Kern zielt die Norm auf ein Verbot von Finanzhilfen des Bundes an die Länder (zu den Ausnahmen s. Rn 126 ff). Gleiches muss aber angesichts des Wortlauts („gesondert“) und mit Blick auf die finanzwirtschaftliche Selbstständigkeit von Bund und Ländern (Art. 109 Abs. 1 GG) auch umgekehrt[25] sowie für die Beziehungen der Länder untereinander gelten (str)[26]. Durch das Verbot der Mischfinanzierung ausgeschlossen ist sowohl die einseitige Auferlegungvon Lasten als auch die einvernehmliche Vereinbarungüber die Tragung der Ausgaben für bestimmte Aufgaben, soweit das Grundgesetz nicht eine Ausnahme vorsieht[27].
125
Im Fall 3 b)( Rn 96) gehört das Unterhalten von Bildungseinrichtungen in den Bereich der nicht gesetzesakzessorischen Leistungsverwaltung. Zuständig für die Gründung und den Bau neuer Hochschulen sind gem. Art. 30 GG die Länder. Wenn sie diese Aufgabe wahrnehmen, müssen sie auf Grund des Art. 104a Abs. 1 GG auch die entsprechenden Ausgaben tragen. Die Zulässigkeit der (Mit-)Finanzierung einer Bremer Universität durch das Land Niedersachsen könnte daher eine gem. Art. 104a Abs. 1 GG unzulässige Mischfinanzierung sein. Nach dem Wortlaut zielt Art. 104a Abs. 1 GG zunächst (nur) auf eine Abgrenzung der Finanzierungsverantwortung zwischen Bund und Ländern. Das Verhältnis der Länder untereinander wird nicht ausdrücklich einbezogen, es wird allerdings auch nicht ausgeschlossen. Ein Abhängigkeitsverhältnis („goldene Zügel“) kann sich indes auch zwischen finanzstarken und finanzschwachen Bundesländern entwickeln[28]. Systematisch lässt sich aus Art. 104a Abs. 6 GG schließen, dass Art. 104a GG (ähnlich: Art. 109 Abs. 1 GG) das finanzielle Verhältnis auch der Länder untereinander betrifft[29]. Art. 104a Abs. 6 Satz 1 GG spricht im Wortlaut ebenfalls nur von „Bund und Länder[n]“, meint aber einzelne Länder und gilt auch horizontal[30]. Finanzielle Unterstützung kann durch Niedersachsen also nicht ohne Weiteres geleistet werden. Abzugrenzen ist das Verbot von Finanzierungshilfen unter den Ländern von zulässigen Beteiligungen an Gemeinschaftsprojekten im Hochschulbereich iSv Art. 91b GG ( Rn 144).
Erster Teil Staatliche Ebene: Bund und Länder› § 3 Staatliche Ausgaben› II. Ausnahmen vom Konnexitätsprinzip
II. Ausnahmen vom Konnexitätsprinzip
126
Grds orientiert sich die verfassungsrechtliche Finanzierungszuständigkeit am Prinzip der Durchführungskonnexität, Art. 104a Abs. 1 GG. Nicht immer wird dieses Prinzip aber den politischen Realitäten und den berechtigten Interessen von Bund und Ländern gerecht ( Rn 118). Daher sieht das Grundgesetz Ausnahmen und Abweichungen vom Konnexitätsprinzip vor und erlaubt in einzelnen Bereichen sowohl eine Mischfinanzierungals auch ein Verschiebender Lastentragung.
127
Eine Alternative zur Abweichung vom Konnexitätsgrundsatz in einzelnen Bereichen wäre die jeweilige Anpassung der Einnahmeverteilungzwischen Bund und Ländern. Das Grundgesetz bietet hierzu im Bereich der Umsatzsteuerverteilung in Art. 106 Abs. 3 GG einen entsprechenden Mechanismus. In der politischen Praxis ist dieses „Scharnier“ jedoch „eingerostet“[31] und in den letzten Jahren zunehmend durch Festbetragslösungen ersetzt worden[32].
1. Auftragsverwaltung (Art. 104a Abs. 2 GG)
128
Eine erste wichtige Abweichung vom Konnexitätsprinzip folgt aus Art. 104a Abs. 2 GG. Danach trägt der Bund diejenigen Zweckausgaben, die den Ländern daraus entstehen, dass sie im Auftrage des Bundeshandeln. Dies betrifft die Ausführung von Bundesgesetzen in Bundesauftragsverwaltung (Art. 85 GG), aber auch Fälle der Art. 90 Abs. 3 oder Art. 87d Abs. 2 GG, in denen die Auftragsverwaltung über die Gesetzesausführung hinaus auf den gesamten Sachbereich ausgedehnt ist[33]. Keine Anwendung findet die Vorschrift auf Gesetze die gem. Art. 104a Abs. 3 GGim Auftrage des Bundes ausgeführt werden. Abs. 3 begründet eine gegenüber dem Abs. 2 vorrangige Spezialregelung.
129
Denkbar erscheint es, die Ausgabentragung des Bundes nach Abs. 2 nicht als Durchbrechung, sondern als Bestätigung des Konnexitätsprinzipszu sehen[34]. So ließe sich argumentieren, dass Länder – soweit sie im Auftrage des Bundes tätig werden – keine eigene Aufgabe, sondern eine dem Bund obliegende Aufgabe, eben in dessen Auftrag, erledigen. Anderseits sind es nicht fachaufsichtliche Maßnahmen des Bundes, die sich unmittelbar kostenauslösend auswirken. Vielmehr ergeben sich die Ausgaben aus dem Verwaltungshandeln der Länder, zu deren Wahrnehmung diese verfassungsrechtlich angehalten sind. Es gilt in der Folge zwischen der Wahrnehmungsverantwortung des Bundes und der für das Konnexitätsprinzip maßgebenden Wahrnehmungszuständigkeit der Länder zu unterscheiden[35].
Читать дальше