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Mangelhafte, fehlende oder nichtige einzelne Bestimmungen der Satzung – Abs 2 Nr 1: Fehlende Bestimmungen liegen vor, wenn die Satzung nicht die Mindestbestandteile aufweist (vgl § 3). Ferner Bestimmungen, die „auf Grund anderer zwingender gesetzlicher Vorschriften für die Satzung als Bestandteil vorgeschrieben sind (zB Festsetzung nach § 5 Abs 4). Hierbei sind eintragungspflichtige und bekanntzumachende Tatsachen gemeint (hierzu Krafka/Kühn Rn 92 f). Hier ist für die GmbH va § 10maßgeblich (Firma, Sitz, Gegenstand, Stammkapital, Geschäftsführer und Vertretungsbefugnis, Zeitdauer, zustellungsberechtigte Person). Insoweit überschneidet sich dies mit dem Mindestinhalt der Satzung. Der Begriff der Mangelhaftigkeit ist unklar. Wenn überhaupt, so kommen in diesem Zusammenhang nur rechtlich erhebliche Mängel in Betracht, zumal die Einschränkung zu beachten ist, dass nur von Fehlen der Tatsachen oder Rechtsverhältnisse dem Wortlaut nach die Rede ist ( §§ 3, 10).
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Gesamtnichtigkeit der Satzung nach Abs 2 Nr 3: Die Nichtigkeit einzelner Bestimmungen der Satzung ist in Abs 2 Nr 1betroffen. Liegen diese „Mängel“ vor, so ist die gesamte Satzung nichtig (so § 3; Baumbach/Hueck § 3 Rn 22 – fehlerhafte Gesellschaft, Zurückweisung der Anmeldung). Die in Abs 2 Nr 3angeführte Nichtigkeit bezieht sich auf Gesamtnichtigkeit der Satzung infolge zahlreicher unwirksamer Bestimmungen der Satzung. Insofern ist die Auslegungsregel des § 139 BGB heranzuziehen, soweit zB mehrere oder zahlreiche Satzungsbestimmungen zur Gesamtnichtigkeit des Vertrags führen (abl Wicke § 9c Rn 7; wie hier Baumbach/Hueck § 9c Rn 5). Insoweit greift aber bereits Abs 2 Nr 1ein (zB Baumbach/Hueck aaO).
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Fehlen oder Nichtigkeit von Bestimmungen zum Schutz der Gläubiger oder im öffentlichen Interesse nach Abs 2 Nr 2: Insoweit liegt eine mit § 241 Nr 3 AktG vergleichbare Regelung vor. In Betracht kommen hier insb Bestimmungen, die zB für den Fall der Insolvenz der GmbH Gläubiger benachteiligen. Allerdings muss die Benachteiligung durch die Verletzung von Schutzvorschriften vorliegen, die ausschließlich oder überwiegend (nicht nur mit untergeordneter Nebenwirkung zB auch für die Gläubiger) dem Gläubigerschutz dienen (vgl hierzu Wicke § 9c Rn 7; Baumbach/Hueck § 9c Rn 5; Scholz/ Veil § 9c Rn 21). Hierzu gehörende Vorschriften sind Bestimmungen, die Kapitalaufbringung und – erhalten betreffen (vgl §§ 7, 9 ff, 16, 18 Abs 2, 19, 22, 24, 30f – vgl Scholz/ Veil aaO).
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Vorschriften, die im öffentlichen Interesse bestehen und die durch dessen Missachtung Unvollständigkeit der Satzung bzw Nichtigkeit der Satzung zur Folge haben, können zur Ablehnung der Eintragung führen. Das öffentliche Interesse muss sich zwingend und maßgeblich in der jeweiligen Vorschrift niedergeschlagen haben (Strafvorschriften – vgl ferner §§ 82, 41 ff StGB; § 1 GWB, §§ 239 ff HGB, MitbestG – vgl Scholz/ Veil § 9c Rn 22). § 138 BGB gehört ebenfalls zu diesen Vorschriften, soweit die Vorschrift den Schutz der Gläubiger bezweckt (Scholz/ Veil § 9c Rn 21).
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Die insoweit vorgesehenen Schranken der Prüfungspflicht können nicht auf andere Tatbestände ausgedehnt werden, da dies dem Beschleunigungsgrundsatz im Eintragungsverfahren widerspräche. „Mängel“ des Gesellschaftsvertrags, die nicht unter Abs 2fallen, insb Unklarheiten, Widersprüche, Auswirkungen zukünftiger ungewisser Entwicklungen auf die Satzung, Wirtschaftlichkeit, Angemessenheit der Kapitalausstattung, Solvenz der Gründer führen nicht über § 9czur Zurückweisung der Anmeldung, können aber zB im Zusammenhang mit Versicherungen der Geschäftsführer erheblich werden (vgl Scholz/ Veil § 9c Rn 5, 199).
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Vor der Zurückweisung des Antrags auf Eintragung hat das Gericht bei konkreten Anhaltspunkten oder nachvollziehbaren Zweifeln erforderliche Ermittlungen gem § 26 FamFG zu unternehmen und ggf durch Zwischenverfügung die maßgeblichen Änderungen zu verlangen. Auch Zwischenverfügungen können grds mit der Beschwerde (Erinnerung) angefochten werden, sofern sie einen unmittelbaren Eingriff in Rechte des Antragstellers darstellen ( OLG Stuttgart ZIP 2011, 1612; OLG Hamm Rpfleger 1986, 389). Werden die Auflagen des Gerichts nicht fristgemäß erledigt, so tritt die kostenpflichtige Zurückweisung der Anmeldung ein. Zwischenverfügungen und Zurückweisungen gegen Zwischenverfügung und Zurückweisungsbeschluss findet die Beschwerde statt (§§ 58 ff FamFG; beschwerdebefugt ist die Vor-GmbH (vgl § 58 Abs 2 FamFG), so BGHZ 117, 323 (AG); ferner BGHZ 107, 1; iÜ Krafka/Willer/Kühn Rn 166, Zwischenverfügung, 192 f, Ablehnung des Eintragungsantrags 2451 f; Böttcher/Ries Formularpraxis Rn 202 f; Baumbach/Hueck/ Fastrich § 9c Rn 3; auch Scholz/ Veil § 9c Rn 37 f; die Anmelder bzw Geschäftsführer vgl BayObLG DB 1985, 699 = DNotZ 1985, 112). Ein vertretungsberechtigter Geschäftsführer reicht hierfür aus (str – nicht ausreichend Fleischhauer/Preuß Handelsregisterrecht, III. Rn 209, alle Geschäftsführer; richtig Krafka/Willer/Kühn Rn 2448; Baumbach/Hueck/ Fastrich § 9c Rn 2; vgl auch BGHZ 117, 323, AG). IHK und HWK sind nur bei Zurückweisung ihrer eigenen Gegenanträge, nicht jedoch ansonsten beschwerdeberechtigt ( Krafka/Willer/Kühn Rn 2462 f; Scholz/ Veil § 9c Rn 41 mwN). Auf die Beschwerde kann das Registergericht auch abhelfen ( Fleischhauer/Preuß Handelsregisterrecht, III. Rn 213 (vgl § 18 Abs 1, 2 – Schranken beachten). Hinweise und Meinungsäußerungen des Registergerichts sind nicht beschwerdefähig (formlose „Bedenkenmitteilung“ – Gefahr der überflüssigen Verzögerung) – ebenso wenig innerdienstliche Maßnahmen (Anordnung einer Eintragung etc – vgl Fleischhauer/Preuß Handelsregisterrecht, III. Rn 200; Krafka/Willer/Kühn Rn 169).
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Gegen die Eintragung findet die Beschwerde nicht statt ( BGHZ 104, 63; BayObLG DB 1981, 1518; DB 1985, 383; Fleischhauer/Preuß Handelsregisterrecht, III. Rn 200; Krafka/Willer/Kühn Rn 2440, auch zu Meinungsäußerungen, Anfragebeantwortungen oder Äußerungen zu einem Urkundenentwurf; hierzu auch Böttcher/Ries Formularpraxis Rn 202 f; Scholz/ Veil § 9c Rn 42 mwN). Die GmbH ist entstanden. Es bleiben hier nur die ansonsten bestehenden Möglichkeiten (Anregung des Amtslöschungsverfahrens nach §§ 397, 399 FamFG, vgl auch § 75etc; hierzu Krafka/Willer/Kühn Rn 2445; Scholz/ Veil § 9c Rn 42; Baumbach/Hueck § 9c Rn 3).
III. Zurückweisung bei „wesentlicher“ Überbewertung von Sacheinlagen
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Der Registerrichter hat insofern die Unterlagen, die den Wert der Sacheinlage belegen sollen, zu überprüfen (vgl § 9csowie hier o Rn 5) – allerdings nur bei konkreten Anhaltspunkten für eine nicht unwesentliche Überbewertung (so Rn 5). Reichen dem Richter die Unterlagen im Ausnahmefall nicht aus, so kann er gem § 26 FamFG weitere nachfordern (vgl hierzu Scholz/ Veil § 9c Rn 32). Was der Registerrichter verlangt, richtet sich nach pflichtgemäßem Ermessen (vgl § 26 FamFG). Insb kann der Richter auch die Vorlage eines Sachverständigengutachtens verlangen, bei weiteren Zweifeln entspr Fragen durch den Sachverständigen erörtern lassen, oder einen ansonsten im Einzelfall geeigneten Weg beschreiten – jeweils mit dem Ziel, Bedenken und Zweifel auszuräumen. Die Eintragung darf nur erfolgen, wenn kein Anlass zu Zweifeln mehr besteht (Lutter/Hommelhoff/ Bayer § 9c Rn 16).
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Wird festgestellt, dass die Sacheinlagen nicht unwesentlich überbewertet worden sind oder berechtigte Zweifel bestehen, so ist die Eintragung zurückzuweisen (Baumbach/Hueck/ Bayer § 9c Rn 9; BGH NJW 1981, 1373, 1375 = DNotZ 1981, 528 = Rpfleger 1981, 230; Bartl BB 1984, 2154, 2157; zutr auf den Zeitpunkt der Anmeldung abstellend Baumbach/Hueck/ Fastrich § 9c aaO; Scholz/ Veil § 9c Rn 33 – ausnahmsweise auf den Zeitpunkt der Eintragung abstellend, wenn die Ursachen bereits im Zeitpunkt der Anmeldung vorlagen Scholz/ Veil § 9c Rn 33 mwN).
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