Charlotte Schmitt-Leonardy - Unternehmenskriminalität ohne Strafrecht?

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Unternehmenskriminalität ohne Strafrecht?: краткое содержание, описание и аннотация

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Der Inhalt:
Unternehmen haben im letzten Jahrhundert eine herausragende Bedeutung für die soziale Wirklichkeit erlangt: Sie sind global player, corporate citizen und zunehmend Adressat gesellschaftlicher Erwartungen. Die Attribution strafrechtlicher Verantwortung für Rechts(guts)verletzungen, die im Zusammenhang mit der Unternehmenstätigkeit stehen, scheint vielen der nächste logische Schritt zu sein. Dieser Schritt hin zu einer Unternehmensstrafe ist jedoch voraussetzungsreicher, als es die internationale Präferenz oder die gesetzgeberische Freiheit vermuten lassen.
Die Autorin geht der Frage nach, was genau unter Unternehmenskriminalität zu verstehen ist, welches interpretatorische Konstrukt des Unternehmens überzeugt und inwieweit die Phänomenologie des Problems überhaupt für eine normative Entscheidung von Bedeutung ist. Sie entwirft das Unternehmen als primitiv intentionalen, korporativen Akteur, der Krimineller sui generis, aber nicht Strafrechtsperson sui generis sein kann und plädiert nach Analyse der Rechtslage de lege lata für die Einführung eines parastrafrechtlichen Systems.

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Korruption bei Siemens muss als übliche und institutionalisierte Geschäftspolitik zur Erlangung von Aufträgen gewertet werden, die zudem als strafrechtlich relevant – und damit kriminell – erkannt wurde. Dafür sprechen folgende Gesichtspunkte: Zum einen handelte es sich um Auslandsbestechung . Im Bereich der Inlandsgeschäfte wurde deutliche Zurückhaltung geübt, was darauf hindeutet, dass den Beteiligten die Strafbarkeit ihres Tuns bewusst war und der Aspekt der Aufdeckungswahrscheinlichkeit sowie – kulturell bedingte – Akzeptanz und Erfolgsaussicht von Korruption als Mittel der Auftragserlangung einkalkuliert waren. Dies mag auch mit strategischen Entscheidungen von Individuen auf Führungsebene zusammenhängen. Hierfür spricht der zweite Gesichtspunkt: Es handelte sich überwiegend um Fälle von Grand Corruption ,[35] d. h. um die Schmierung von Funktionären auf den höchsten politischen und administrativen Ebenen – mithin zu einem hohen Preis. Die Schmiergelder und entsprechenden Transaktionen mussten also auf der Managementebene entschieden werden. Zum dritten[36] liegt eine – zumindest teilweise – Übereinstimmung mit den Zielen des Unternehmens nahe. Dies wird jedenfalls aus der Überlegung heraus plausibel, dass sich die involvierten Siemens -Beschäftigten nicht persönlich bereichert haben. Sie nahmen das strafrechtliche Verfolgungsrisiko auf sich und verstießen gegen unternehmensinterne Ethik- und Complianceregeln;[37] und verbesserten ihre Stellung im Unternehmen. Es ist also naheliegend einen Normalisierungsprozess hinsichtlich devianter Handlungsmuster und Sichtweisen innerhalb des Unternehmens Siemens zu vermuten und dies, obwohl Korruption negativ konnotiert war, was anhand der Codes of Conduct ersichtlich war.

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Ebendiese Prozesse sind Gegenstand mikroinstitutionalistischer Ansätze in der Organisationsforschung, die davon ausgehen, dass Institutionen – in diesem Fall korrupte Praktiken – aus „reziproken Symbolen habitualisierter Verhaltensweisen bestehen, wobei die Bedeutungszuschreibung personenunabhängig erfolgt.“[38] Drei ineinander greifende Prozesse werden in jüngsten Forschungen[39] beschrieben, die zu einer „taken for granted“-Qualität devianter Handlungen führen: (1) explizite oder implizite Billigung , d. h. die Ermutigung bestimmter Mitarbeiter durch Vorgesetzte, wirtschaftliche Vorgaben auch durch korruptes Handeln zu erreichen. (2) Willfährigkeit , d. h. die Umsetzung der Ermächtigung zu korruptem Handeln aus Gründen der Anerkennung oder legitimen Autorität. (3) Institutionalisierung, d. h. die Implementierung von Korruption und dabei des Anscheins, entsprechende Handlungen seien nicht verwerflich. Dies würde insbesondere durch eine fragmentierte und auf Details von Sachverhalten fokussierte Sicht der Akteure erreicht. Diese, von Brief , Buttram und Dukerich beschriebenen Prozesse entsprechen den in Bezug auf die Wirtschaftskriminalität beschriebenen Neutralisierungsmechanismen.[40]

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Der Unterschied besteht darin, dass neben der Gewöhnung an deviantes Verhalten, die auch im Wirtschaftsleben eintreten kann,[41] sich im Unternehmen leichter eine Objektivierung im Sinne eines verbreiteten und geteilten Verständnisses dieser Praktiken etablieren kann. Dies wiederum führt zu dem, was Tolbert und Zucker in ihrem mikroinstitutionalistischen Ansatz[42] die Sedimentation nannten, wodurch die Praktiken zu einer zwingenden Tatsache mit Strukturqualität werden. Korruption ist insofern ein gutes Beispiel, um diese Mechanismen zu verdeutlichen, als dieses Phänomen implizit Mechanismen bi- und multilateraler Versicherung bedingt. Korruption auf lange Sicht funktioniert nämlich nur auf der Grundlage von Protektion, Geheimhaltung und Verschwiegenheit und damit gegenseitiger Abhängigkeit.[43]

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Die Hypothese, dass starker Druck auf sonst unauffällige Personen eine entscheidende Ursache bei der Herausbildung von Unternehmenskriminalität ist, liegt also nahe. Dies bedeutet nicht, dass die Beteiligten als Opfer widriger Umstände[44] zu betrachten sind, sondern nur, dass wechselseitige Abhängigkeitsverhältnisse und Bedürfnisbefriedigung auch im Unternehmen die Grundlage eines – Devianz billigenden Gemeinschaftsgefühls – bilden können. Das Kollektiv – in diesem Fall das Unternehmen als Funktionseinheit akkumulierter technischer und personeller Möglichkeiten – eröffnet dem Individuum Chancen und Angebote wie z. B. Karrieremöglichkeiten oder den Gewinn von Prestige und Selbstbestätigung, die im Wesentlichen durch die interne Normen- und Wertstruktur vorgegeben sind. Die Intensität des Wunsches des Individuums, diese Angebote wahrzunehmen, erzeugt eine höhere Bereitschaft zur Konformität innerhalb der Gruppe.[45] Selbst ohne die Prämisse, dass hierdurch eine bedingungslose Unterordnung erzeugt wird,[46] kann die interne Normen- und Wertestruktur in Bezug auf das strafrechtliche Normgefüge separatistische und differierende Tendenzen aufweisen,[47] die für die Individuen innerhalb des Kollektivs Normalität oder Selbstverständlichkeit werden können. Die Paralysierung sonst wirksamer Normvorstellungen ist also durchaus dem Unternehmenskontext zu attestieren, wenn auch mit Bedacht an eine Übertragung der makrokriminellen Zusammenhänge auf die Unternehmenskriminalität herangegangen werden muss.[48]

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Bedächtiges Vorgehen erscheint auch hinsichtlich des zweiten Aspekts angebracht, ob nämlich der kriminogene Einfluss als kollektiv - oder unternehmens gesteuert angesehen werden muss. Das Verhalten des Einzelnen innerhalb des Unternehmens wird nämlich durch eine Vielzahl von Instrumenten beeinflusst, die sowohl strukturelle als auch nicht-strukturelle Handlungskoordination darstellen. Es spielen also zum einen persönliche Weisungen als vertikale Kommunikation, aber auch Prozesse der Selbstabstimmung – horizontale Kommunikation – eine Rolle. Beides sind personenbezogene Instrumente, die als sichtbare Interaktion von identifizierbaren Personen erlebt werden können.[49] Ebenfalls struktureller Art ist die Koordinierung über Handlungsprogramme und Pläne, über Routinen, Checklisten und Formulare. Hier werden vorwiegend anzustrebende Zustände kommuniziert, die der Lenkung von zukünftigen Handlungen dienen sollen (Vorauskoordination). Damit dies gelingt, erfolgt auch bei Abweichung eine systematische Rückmeldung, d. h. die Einhaltung von Handlungsprogrammen wird kontrolliert . Die beiden letztgenannten Instrumente sind solche unpersönlicher Koordination, die weniger sicht- und nachweisbar sind.

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Die Etablierung von Kriminalität kann über diese Wege erfolgen; ebenso kann sie auf nicht-strukturelle Handlungskoordination innerhalb des Unternehmens zurückführbar sein. Auch diese werden nämlich in der Organisationsforschung unter den Stichworten „organisationsinterne Märkte“ und „Koordination durch Clans“ thematisiert. Die Annahme, dass klassische Marktmechanismen in das Unternehmen hineingetragen werden und sich Entscheidungen an Gewinn-Preis-Verhältnissen orientieren, liegt nahe. In der wirtschaftswissenschaftlichen Organisationsforschung wird beobachtet, wie Gewinnverantwortung organisatorischer Einheiten, Entscheidungsautonomie bestimmter Unternehmensbereiche und das Vorhandensein interner Verrechnungspreise für Leistungen einen innerorganisatorischen Wettbewerb schaffen können, bei dem beispielsweise Stellen um Ressourcen konkurrieren können und ihre Existenz durch Erfolg oder Nachfrage nach erstellten Leistungen gerechtfertigt sein können.[50]

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Um erneut ein Beispiel zu bilden: Das „Umetikettieren“ und Verkaufen von Fleisch, dessen Haltbarkeitsdatum – teilweise seit mehreren Jahren – abgelaufen war.[51] Zumindest in einem Fall standen die Vorwürfe im Zusammenhang mit einer großen Supermarktkette und der Anweisung der Geschäftsführung an ihre Mitarbeiter Verderbquoten unbedingt unter 0,3% zu halten. Aus den Strafbefehlen geht hervor, dass einer der Mitarbeiter an seinem ersten Arbeitstag die Umetikettierung vornahm; auf Anweisung seines Vorgesetzten. Aus dem Urteil gegen den Merchandiser lässt sich ebenfalls entnehmen, dass die Mitarbeiter auf unterschiedlichen Hierarchiestufen Drucksituationen ausgesetzt waren, bestimmte Verderbquoten nicht zu überschreiten.[52] In einer (angeblichen) Weisung der Geschäftsführung an ihre Mitarbeiter, Verderbquoten unbedingt unter 0,3% zu halten, kann eine strukturelle Handlungskoordination vermutet werden. Vermutet man, die Weisung habe den expliziten Zusatz „um jeden Preis“ beinhaltet, bejaht man eine vertikale Kommunikation und hat ein Individuum – die Geschäftsführung – als Anknüpfungspunkt. Geht man von einer Situation aus, in der lediglich der angestrebte Zustand einer geringen Verderbquote kommuniziert wurde, kann die Koordination strukturell, aber unpersönlich erfolgt sein. Es könnte also lediglich eine „kriminelle Routine“ Einzug gehalten haben, die – als Erfolg ausgewiesen – in Kontrollen eine positive Rückmeldung erhielt. Die kriminogene Situation könnte aber auch einer anderen Erklärung zugänglich sein: Die Geschäftsführung könnte explizit niedrige Verderbquoten und inexplizit von einer besseren Abstimmung von Ein- und Verkauf ausgegangen sein, während die entsprechende Abteilung ihre fehlerhafte Kalkulation oder ihre wenig innovative Verkaufsstrategie durch das kriminelle Vorgehen überdecken konnte, um weiter dem internen Konkurrenzdruck zu genügen. Die Kriminalitätsentwicklung könnte also nur entfernt mit der Unternehmensstruktur und stärker mit der Interaktion der Unternehmensmitarbeiter zusammenhängen.

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