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§ 19 RStV konkretisiert den ehemaligen § 19a RStV, indem er den öffentlich-rechtlichen Anstalten Ermessen hinsichtlich der Auswahl der geeigneten Übertragungswege einräumt. Einzig müssen dabei die Grundsätze der Wirtschaftlichkeit und Sparsamkeit berücksichtigt werden.[290] Der neue § 19a RStV soll die Stellung der Kontrollgremien dadurch stärken, dass sie nunmehr die Veröffentlichung von Programmbeanstandungen verlangen können.
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Im dritten Abschnitt behandelt der RStV in sieben Unterabschnitten den privaten Rundfunk.[291] Normiert sind Zulassungsfragen und verfahrensrechtliche Belange (§§ 20–24 RStV). Mit dem 10. RÄStV ist in den §§ 20 und 20a eine Änderung vorgenommen worden. Es wird nunmehr zwischen landes- und bundesweit verbreitetem Rundfunk differenziert. Für ersteren ist nach § 36 Abs. 2 Nr. 1 des RÄStV-E10 die Kommission für Zulassung und Aufsicht (ZAK) zuständig. Die Sicherung der Meinungsvielfalt ist in §§ 25–34 RStV,[292] die Organisation der Medienaufsicht und die Finanzierung besonderer Aufgaben in §§ 35–40 RStV, Programmgrundsätze und das Einräumen von Sendezeit für Dritte in §§ 41 f. RStV, die Finanzierung des privaten Rundfunks, Werbung und Teleshopping in §§ 43–46a RStV sowie der Datenschutz in § 47 RStV geregelt. Gem. § 35 Abs. 1 und 2 RStV sind zur Aufsicht über den privaten Rundfunk mit den in § 36 RStV festgelegten Aufgaben vier Einrichtungen berufen. Die Kommission für Zulassung und Aufsicht (ZAK), die Gremienvorsitzendenkonferenz (GVK), die Kommission zur Ermittlung der Konzentration im Medienbereich (KEK) und die Kommission für Jugendmedienschutz (KJM). Sie fungieren dabei als Organe der jeweils zuständigen Landesmedienanstalt. Die KEK besteht nach § 35 Abs. 5 RStV aus sechs Sachverständigen des Rundfunk- und Wirtschaftsrechts und sechs gesetzlichen Vertretern der Landesmedienanstalten. Der KEK-Vorsitzende und dessen Stellvertreter sind aus der Gruppe der Sachverständigen zu wählen. Die KEK soll ihre Beschlüsse mit der Mehrheit der gesetzlichen Mitglieder fassen. Bei Stimmengleichheit soll die Stimme des Vorsitzenden und bei dessen Verhinderung die Stimme des stellvertretenden Vorsitzenden entscheiden (vgl. § 35 Abs. 9 RStV).
Im vierten Abschnitt des RStV finden sich Bestimmungen zu Revision und Ordnungswidrigkeiten (§§ 48, 49 RStV) und der fünfte Abschnitt des RStV enthält Regelungen zu Plattformen und Übertragungskapazitäten (§§ 50-53b RStV).[293]
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Vor den §§ 62 ff. in Abschnitt VII. sind seit dem 1.3.2007 im sechsten Abschnitt des RStV in §§ 54–61 Regelungen über Telemedien[294] enthalten. Aus kompetenziellen Gründen regelt der RStV auch an dieser Stelle nur die inhaltlichen Anforderungen an Telemedien, die der Rundfunkhoheit der Länder zuzuordnen sind. Für die wirtschaftsbezogenen rechtlichen Anforderungen steht dem Bund die Kompetenz für Wirtschaft und Telekommunikation zu. Sie sind im Telemediengesetz[295] des Bundes geregelt, das zeitgleich mit dem Neunten Änderungsvertrag zum RStV in Kraft getreten ist. Mit dem Abschn. über die Telemedien im RStV ist die bis dahin geltende Differenzierung zwischen Mediendiensten (an die Allgemeinheit gerichtet, aber mangels Darbietung nicht Rundfunk) und Telediensten (nicht an die Allgemeinheit gerichtet), die eine Parallelgesetzgebung mit Abgrenzungsschwierigkeiten erfordert hatte,[296] aufgehoben. Beide Dienste sind nun zu Telemedien zusammengefasst. Nach der neuen Rechtslage ist klargestellt, dass unter dem Oberbegriff der elektronischen Informations- und Kommunikationsdienste (IUK-Dienste) nun zwischen telekommunikationsgestützten Diensten nach § 3 Nr. 24 TKG, Telekommunikationsdiensten gem. § 3 Nr. 25 TKG, Rundfunk – definiert in § 2 Abs. 1 S. 1 RStV – und Telemedien gem. § 2 Abs. 1 S. 3 RStV zu unterscheiden ist. Im Rahmen der Negativabgrenzung des § 2 Abs. 1 S. 3 RStV sind solche Dienste Telemedien, die weder Telekommunikationsdienst noch telekommunikationsgestützter Dienst noch Rundfunk sind. Nicht zu den Telemedien sondern zum Rundfunk zählen ausweislich der Begründung zum Neunten Rundfunkänderungsstaatsvertrag[297] der herkömmliche Rundfunk, aber auch Live-Streams[298] und Web-Casting.[299] Telekommunikationsgestützte Dienste sind weder Abruf- noch Verteildienste, sondern eine Form der Individualkommunikation und deshalb nicht Telemedien.[300] Telekommunikationsdienste, bei denen es ausschließlich zu einer Signalübertragung über Telekommunikationsnetze kommt, sind demgegenüber nach dem TKG zu beurteilen und ebenfalls keine Telemedien. Anders verhält es sich, wenn Telekommunikationsdienste nicht nur Signale über Telekommunikationsleitungen übertragen, sondern zugleich auch inhaltliche Dienstleistungen enthalten, etwa einen Internetzugang oder eine E-Mail-Übertragung ermöglichen. Es handelt sich dann grundsätzlich um Telemedien,[301] da hier – anders etwa bei der Internettelefonie – eine besondere Dienstleistung zur Verfügung gestellt wird.[302]
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Die Einordnung als Telemedien ist wichtig, da diese nach § 54 RStV grundsätzlich zulassungs- und anmeldefrei[303] sind. Allerdings bestehen für solche Telemedien, die zu gewerblichen Zwecken eingerichtet werden, Informationspflichten nach § 55 RStV. § 56 RStV enthält Bestimmungen über die Gegendarstellung und § 58 RStV schreibt eine Trennung von Werbung und Inhalt vor. Für die Aufsicht über die Telemedien sowohl im Hinblick auf den RStV als auch für den Bereich des Telemediengesetzes sind die Länder zuständig.[304]
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Mit dem 15. Rundfunkänderungsstaatsvertrag ist zum 1.1.2013 eine Neuregelung des Finanzierungssystems des öffentlich-rechtlichen Rundfunks in Kraft getreten. Dabei geht es im Kern um den Wechsel von der bisherigen Rundfunkgebühr zu einem geräteunabhängigen Rundfunkbeitrag.[305] Bislang war für die Gebührenpflicht und -höhe entscheidend, ob überhaupt Empfangsgeräte, und wenn ja, wie viele und welche Arten von Geräten zum Empfang von Rundfunkprogrammen vorgehalten wurden. Dies führte zwangsläufig zu Abgrenzungsproblemen und Schwierigkeiten bei der Erfassung aller an sich gebührenpflichtigen Geräte. Abhilfe wurde deshalb mit einer pauschalen Haushaltsabgabegeschaffen. Anknüpfungspunkt der Zahlungspflicht ist damit nicht mehr das jeweilige Empfangsgerät, sondern die Inhaberschaft an einer Wohnung (im privaten Bereich) bzw. an einer Betriebsstätte (im nicht privaten Bereich). Gegen die Verfassungsmäßigkeit des neuen Finanzierungssystems sind indes von verschiedener Seite Bedenken geäußert worden. Neben Privatpersonen und Unternehmen, die gegen den Rundfunkbeitrag bereits klageweise vorgegangen sind oder dies konkret in Erwägung ziehen,[306] hat auch die Thüringische Landesregierung verfassungsrechtliche Bedenken gegen den damals noch im Entwurf befindlichen Rundfunkbeitragsstaatsvertrag geäußert und favorisiert vor dem Hintergrund der „sozialen Gerechtigkeit“ ein steuerfinanziertes und einkommensabhängiges Modell.[307]
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Durch den 16. Rundfunkänderungsstaatsvertrag wurde der Rundfunkbeitrag von vormals 17,98 EUR auf 17,50 EUR gesenkt, § 8 RFinStV.[308] Der 17. Rundfunkänderungsstaatsvertrag setzt die Vorgabe des BVerfG um, das in seinem Urteil vom 25.3.2014[309] mehr Staatsferne in den öffentlich-rechtlichen Rundfunkanstalten verlangt hatte. Der Staatsvertrag trat am 1.1.2016 in Kraft und regelt die Zusammensetzung der Aufsichtsgremien.
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Wesentlich im 19. Rundfunkänderungsstaatsvertrag sind die Beauftragung eines onlinebasierten Jugendangebots von ARD und ZDF, neue Regelungen zum Jugendmedienschutz sowie Nachbesserungen beim Rundfunkbeitragssystem. Das für die 14- bis 29-jährigen Zuschauer ausgerichtete Jugendprogramm dürfen ARD und ZDF umsetzen und neben dem klassischen Rundfunkweg auch auf Online-Drittplattformen anbieten. Eingefügt wurde § 11g RStV, der das Jugendangebot der in der ARD zusammengeschlossenen Rundfunkanstalten und des ZDF regelt. Ergänzt wird die Vorschrift durch eine Anlage zu § 11g Abs. 5 S. 1 RStV, die eine Negativliste für Jugendangebote enthält. Die Novellierung des am 1.10.2016 in Kraft getretenen Jugendmedienschutzstaatsvertrages dient dazu der Medienkonvergenz und dem damit einhergehenden veränderten Nutzungsverhalten von Kindern und Jugendlichen Rechnung zu tragen.[310] Die Altersstufen des Jugendschutzgesetzes gelten nun auch für Rundfunk und Telemedien, § 5 Abs. 1 JMStV. Hierbei soll, wiederum vor dem Hintergrund der Konvergenz, ein Gleichlauf bei der Alterskennzeichnung im Online- und Offline-Bereich geschaffen werden. Die Alterskennzeichnung kann vom Anbieter selbst oder von einer anerkannten Einrichtung der freiwilligen Selbstkontrolle erfolgen, § 19 JMStV. Anbieter, die ihr Angebot freiwillig mit einer Alterskennzeichnung versehen, werden durch die Neuregelungen zur Verfolgung von Ordnungswidrigkeiten privilegiert, § 24 JMStV. Es erfolgt eine Verknüpfung des Systems des technischen Jugendmedienschutzes mit dem Gedanken der regulierten Selbstregulierung. Die Selbstkontrolleinrichtung übernimmt letztlich die Funktion einer Zertifizierungsstelle, die das jeweilige Angebot auf Kompatibilität mit den Vorgaben des Jugendmedienschutzstaatsvertrages überprüft. Die Aufsicht über diese Einrichtung übt die Kommission für Jugendmedienschutz der Landesmedienanstalten (KJM) aus, § 19b JMStV.[311]
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