Was die Zeit betraf, machte Frau Drapier Einsteins Relativitätstheorie alle Ehre: Bei ihr bestand eine Minute nicht aus sechzig blitzschnellen Sekunden, sondern dauerte eine halbe Ewigkeit. Vor allem, wenn man seinen Freunden gerade ein Wahnsinnsgeheimnis zu lüften hatte … Detailreich erzählte die Lehrerin von den Gewinnen, die Nina für die Jahresabschlussfeier zur Verfügung stellen wollte. Homer hörte höflich zu, obwohl er innerlich vor Ungeduld zappelte.
»Bitte erinnere deine Tante noch einmal daran, ja?«, sagte sie abschließend.
»Ich schreibe ihr gleich eine SMS.«
Glücklicherweise entdeckte Frau Drapier da ein neues Opfer und ließ den Jungen ziehen.
»Ich dachte, ich überleb’s nicht«, ächzte Homer.
»Los jetzt, wir kommen zu spät!«, warnte Lylou.
Die drei Freunde rannten den Flur entlang und kamen wie vorher noch gerade rechtzeitig, ohne dass noch Zeit zum Erzählen blieb. Und als wäre das nicht genug, waren auch keine Plätze nebeneinander mehr frei, also mussten sie sich verteilen. Homer fragte sich langsam, ob sich nicht alles gegen ihn verschworen hatte, damit er seine Erlebnisse für sich behielt.
Es folgte die längste Französischstunde seines Lebens. Sein Blick kreuzte mehrfach den von Sascha, der am Fenster saß. Sein Kumpel riss die Augen auf, er platzte vor Neugier. Von Lylou sah er nur den Rücken und ihre zum Pferdeschwanz gebundenen braunen Haare. Sie tat so, als höre sie dem Lehrer zu, dem für die Stunde nichts Spannenderes eingefallen war, als ein Theaterstück in verteilten Rollen von widerwilligen Schülern vortragen zu lassen. Dass er davon verschont blieb, war Homers einziger Trost.
Sascha faltete die Hände und dankte dem Himmel, als die schier nicht enden wollende Stunde endlich vorbei war.
Wortlos eilten sie so schnell in die Cafeteria, dass sie die Ersten dort waren, füllten ihre Tabletts mit dem, was ihnen gerade in die Finger kam, und setzten sich an den hintersten Tisch.
»Also gut, was ist los?«, fing Sascha an.
»Bibi Zwo …«, sagte Homer.
»Aber ich dachte, es geht um deinen Vater! Du hast doch gesagt, du wüsstest, wo er ist!«
»Lass ihn doch ausreden!«, schimpfte Lylou.
Homer rieb sich die Augen und dann das ganze Gesicht. Es war alles so unglaublich.
»Der Anfang, Homer, fang am Anfang an«, riet ihm seine Freundin.
Als sie das sagte, sah er sie verblüfft an, als hätte er diese Szene schon einmal erlebt. In seinem Kopf überschlugen sich die Gedanken, knisternd wie Funken.
Seine Freunde würden ihn für verrückt halten.
Sei’s drum. Er konnte das Geheimnis nicht länger für sich behalten. Die Aufregung und der fehlende Schlaf taten seine Wirkung, er warf alle Bedenken über Bord und fing an, von seiner letzten Nacht zu berichten.
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