Witte Wittkamp - Rauch auf Rügen

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Auf der Strandpromenade von Binz kreuzen sich die Wege von Danbi Park und Roland Schiller. Sie, eine junge, hübsche Koreanerin, die gemeinsam mit den Brüdern Lenz als Taschendiebin an touristischen Hotspots unterwegs ist, er ein Ex-Knacki, der mit seiner neuen Komplizin auf Rügen einen Kunstdiebstahl plant. Ziel ist die Sommerresidenz eines Hamburger Managers. Ihre Zufallsbegegnung dauert nur zwei Augenblicke, doch sie hat einen fatalen Ausgang … Am Ende einer warmen Sommernacht liegt ein junger Mann tot am Strand. Kriminalhauptkommissar Fabian Radegast aus Altefähr muss diesen Mord aufklären und einen weiteren verhindern, bevor sich am Ende noch alles in Rauch auflöst. Aber wird es ihm gelingen, im Zuge der Ermittlungen auch seine Kollegin Annekatrin Struve zu beschützen, der aus ganz unterschiedlichen Richtungen Gefahr droht? Und dann ist da auch noch Radegasts Privatleben und der Versuch, eine alte Liebe wieder aufblühen zu lassen. Ein Wettlauf gegen die Zeit beginnt.

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Axel Witte

Rainer Wittkamp

RAUCH AUF RÜGEN

Radegasts zweiter Fall

Für Rainer 19562020 Freund und CoAutor INHALT EINS ZWEI DREI VIER FÜNF - фото 1

Für Rainer (1956–2020) Freund und Co-Autor

INHALT

EINS

ZWEI

DREI

VIER

FÜNF

SECHS

SIEBEN

ACHT

NEUN

ZEHN

ELF

ZWÖLF

DREIZEHN

VIERZEHN

FÜNFZEHN

SECHZEHN

SIEBZEHN

ACHTZEHN

NEUNZEHN

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EINUNDZWANZIG

ZWEIUNDZWANZIG

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SIEBENUNDVIERZIG

ACHTUNDVIERZIG

NEUNUNDVIERZIG

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EINUNDFÜNFZIG

ZWEIUNDFÜNFZIG

DREIUNDFÜNFZIG

VIERUNDFÜNFZIG

FÜNFUNDFÜNFZIG

SECHSUNDFÜNFZIG

EINS

Als sie kam, war er gerade hinter seinem Haus und brachte Helga um. Er schnitt ihr den Kopf ab. Sowas hatte er noch nie gemacht. Aber es war leicht. Leichter als gedacht. Und es gab kaum Blut. Seine Finger krallten sich in ihre weißen Locken, als der Rumpf wegsackte und dann zur Seite fiel. Helga war ein Schaf. Ein weißes Schaf mit einem schwarzen Lamm. Zu seiner Überraschung blökte der Schafskopf in seiner Hand jetzt noch einmal. Und das Lamm antwortete.

Dass sie schließlich da war, spürte er, bevor er sie sah. Bevor sie überhaupt seinen Garten betreten hatte. Er drehte sich um. Sie stand da und sah ihm direkt ins Gesicht.

»Ach. Herr Schiller?«

Es klang ein wenig überrascht. Sie kam näher, selbstbewusst, mit dem ihr eigenen leicht tänzelnden Gang. Und ihrem spöttischen Blick. Schiller wusste, dass er jetzt besser nichts sagte. Da stand sie vor ihm, die Frau, die sein Leben verändert hatte. Für immer verändert. Sein Atem ging schneller. Er ließ den Schafskopf los und versuchte, bei ihr irgendeine Gefühlsregung auszumachen. Vergeblich. Aber das würde sich ändern, da war er sicher. Sie blickte auf das tote Schaf.

»Ach, Herr Schiller …«

Diesmal klang es ein wenig herablassend. Aber das störte ihn kaum. Viel mehr ärgerte er sich über das ›Herr‹. Er hatte auch einen Vornamen. Und den kannte sie. Genauso wie er ihren Namen kannte: Annekatrin. Annekatrin Struve.

Sie hatte das schwarze Lämmchen auf den Arm genommen, es schmiegte sich zitternd an ihre Brust. Sie ging über den Rasen auf das Haus zu und schaute sich systematisch um. Erst jetzt fiel ihm auf, dass sie einen weißen Plastikanzug trug und Plastiktüten über ihre pinkfarbenen Sneakers gezogen hatte. Wie die Spurensicherung im Fernsehen.

»Sie wissen, warum ich hier bin?«

»Natürlich«, sagte Schiller schnell. »Aber das war das erste Mal. Wirklich.«

»Sie meinen Helga? Das interessiert mich im Moment nicht«, sagte sie, während sie an ihm vorbei zur anderen Seite des Gartens ging. Offenbar immer noch auf Spurensuche. Schiller schwieg.

»Ich will Ihnen doch helfen, Herr Schiller«, sagte sie und drehte sich vor der hohen Hecke zu ihm um. »Aber dazu müssen Sie mir auch entgegenkommen.«

Den Satz hatte er von ihr schon gehört. Mehrfach. Immer wieder. Er war ihr doch immer entgegengekommen. Und zum Dank hatte sie ihn für dreieinhalb Jahre in den Knast gebracht. Diese Polizistin hatte vom ersten Tag an ein mieses Spiel mit ihm gespielt. Und aus diesem Grund war sie jetzt hier.

»Na klar, Annekatrin«, sagte er mit einem feinen Lächeln, »ich komme dir entgegen.«

Schiller ging auf Annekatrin Struve zu, die das zitternde schwarze Lamm vorsichtig auf den Boden setzte. Als sie sich aufrichtete, ließ sie beide Arme sinken, die Handflächen nach vorne, eine Geste, die wohl sagen sollte: Jetzt bin ich ganz für dich da.

»Dreieinhalb Jahre«, sagte er und ging weiter auf sie zu. Langsam zog er dabei das Fleischermesser aus seinem Gürtel. Jetzt gab es bei ihr eine Gefühlsregung, wenn auch nicht die, die er erwartet hatte. Sie lachte. Sie lachte ihn aus. Mit einer Bewegung, als wollte er sie umarmen, stieß er ihr das Messer etwas unterhalb des Schulterblatts in den Rücken. Diesmal gab es Blut. Sehr viel Blut sogar. Es kam aus ihrem Mund. Und der Kopf des toten Schafs, der auf dem Rasen lag, blökte noch einmal. Oder war sie das jetzt gewesen?

ZWEI

»Morgens siehst du aus wie der junge Sterling Hayden.«

Fabian Radegast schaute in den Spiegel und musste schmunzeln. Diesen Satz hatte Roswita gesagt, die Buchhändlerin aus Cuxhaven, mit der er vor ein paar Jahren eine Beziehung gehabt hatte. Mit dem Namen Sterling Hayden konnte er damals nichts anfangen. Aber er klang wenigstens gut. Später hatte Radegast gegoogelt und herausgefunden, dass Hayden ein Hollywoodschauspieler der 50er- und 60er-Jahre des letzten Jahrhunderts war. Auf den Fotos im Netz hatte er wenig Ähnlichkeit mit sich gefunden, abgesehen von dem langen, hohen Gesicht, den meistens zusammengekniffenen dunkelbraunen Augen und dem sonnengebleichten Strubbelhaar. Aber dann hatte Radegast gelesen, dass Sterling Hayden vor und nach seiner Hollywoodkarriere ein mit allen Salzwassern gewaschener Segler gewesen war. Und ein Mann, der sich von nichts und niemandem Vorschriften machen ließ. Da hatte ihm Roswitas Vergleich dann doch gut gefallen.

Fabian Radegast spülte den Rasierer ab und wusch sich die Schaumreste aus dem Gesicht. Dann zog er die Boxershorts aus, in denen er im Sommer schlief, und trat unter die Dusche. In diesem Moment klingelte sein Smartphone auf der Fensterbank. Radegast zögerte. Er hatte dienstfrei, sollte wenigstens ein paar von seinen Überstunden abbummeln. Freizeitausgleich. Den wollte er nutzen und nach dem Frühstück mit seinem Freund und Nachbarn Ole Henning die Maschine ihres Segelboots reparieren. Aber vielleicht war Ole was dazwischengekommen. Als Radegast nach seinem Telefon griff, sah er durchs Fenster, dass Ole an Deck der Colin Archer schon mit irgendwas zugange war. Radegast nahm das Gespräch an.

»Moin, Kollege. Polizeiobermeister Vogelsang. Direktion 4.«

»Ja, moin, was gibt’s denn?«

»Wir sind hier im Einkaufszentrum Strelapark. Es wurde wieder ein Geldautomat gesprengt. Diesmal von der Pommerschen Volksbank. Keine Personenschäden, aber der Sachschaden ist heftig.«

»Okay«, sagte Radegast. »Aber da solltet ihr die Kollegin Struve anrufen. Die ist an der Sache dran. Und ich bin heute dienstfrei.«

»Ist schon klar. Haben wir ja auch«, entgegnete Vogelsang. »Aber die Kommissarin Struve ist nicht erreichbar. Nicht mobil und auch nicht übers Festnetz.«

Radegast überlegte. Es war jetzt etwa 7.30 Uhr.

»Wahrscheinlich fährt sie gerade durch ein Funkloch. Versucht es in drei Minuten noch mal.«

»Wir haben es schon seit zehn Minuten bei ihr versucht.«

Vogelsang klang jetzt etwas patzig.

»So groß ist doch kein Funkloch. Nicht mal in Vorpommern.«

»Gut«, sagte Radegast. »Ich komme rüber. Bis gleich.« Radegast duschte und zog sich dann an. Das war der sechste oder siebte Geldautomat in diesem Jahr. Immer die gleiche Methode: Die Täter leiteten Gas in das Gehäuse eines Bankautomaten, suchten Deckung und brachten das Gas zur Explosion. Dann hofften sie, dass ihnen die Kassette mit den Geldscheinen direkt vor die Füße fiele. Was sie meistens nicht tat. Die Summen, die die Täter tatsächlich erbeuteten, waren Peanuts, verglichen mit den Schäden, die sie dabei anrichteten.

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