»Ich verstehe nicht...«
»Mit Schmuck wird es schwieriger«, fuhr Mrs. Devilin fort. »Natürlich wirst du mir von Zeit zu Zeit ein Armband oder eine Brosche geben, aber mit Geld ist es leichter. Ich werde eine bestimmte Summe bei dir holen, je nachdem, wieviel du erhältst, und zwar jede Woche. Ich lasse nicht zu, daß du mich betrügst, Selina, oder versuchst, etwas zu verstecken, was mir als Belohnung dafür zusteht, daß ich den Marquis in dein Leben gebracht habe.«
»Aber Sie würden mich doch gewiß nicht auffordern, das Geld meines Mannes fortzugeben, ohne ihn vorher zu fragen?« Selinas Stimme klang erstaunt und verwirrt. »Außerdem: Wenn er möchte, daß Sie das bekommen, kann er es Ihnen da nicht gleich selbst geben?«
»Du wirst dieses Papier unterschreiben«, erklärte Mrs. Devilin mit der Stimme, die Selina so fürchtete, »oder du wirst den Marquis nie kennenlernen. Mehr noch, ich werde dich ohne einen Pfennig auf die Straße hinausjagen und ohne einen Fetzen am Leibe.«
Die Art, wie sie sprach, ließ Schlimmes befürchten, und Selina sagte hastig: »Aber natürlich unterschreibe ich... es ist bloß ... ich möchte keinen... keinen Ärger mit dem... Marquis deswegen.«
»Es gibt keinen Grund, warum er von unserer kleinen Abmachung erfahren sollte. Er war in der Vergangenheit sehr großzügig zu mir, und zweifellos wird er es in Zukunft ebenfalls sein. Das bleibt ein Geheimnis zwischen dir und mir, Selina, aber es ist auch eine Verpflichtung, und ich erwarte, daß du dich daran hältst.«
»Ja... natürlich«, murmelte Selina nervös.
Sie warf einen Blick auf das Dokument. Ein Satz schien ihr ins Auge zu springen, als sie es übersetzte: »Fünfzig Prozent, so lange die Verbindung andauert.«
»Kann eine Ehe als Verbindung bezeichnet werden?« fragte sie sich selbst.
Aber Selina wußte, daß sie nichts anderes tun konnte, als zu unterschreiben und zu hoffen, daß sie keinen Ärger bekommen würde, weil sie Geld gab, das man ihr für andere Kosten zukommen lassen würde.
Wollte Mrs. Devilin tatsächlich die Hälfte ihres Haushaltsgeldes haben? Aber vielleicht stimmten die Gerüchte, und die französischen Männer gingen so großzügig mit ihrem Geld um, daß der Marquis niemals vermissen würde, was sie ausgab.
Das alles war ziemlich verwirrend, aber sie unterschrieb das Papier. Mrs. Devilin schenkte ihr ein Lächeln und besprühte sie mit Duftwasser.
»Der Marquis wird jeden Augenblick eintreffen«, sagte sie. »Ich habe angeordnet, daß ihr im Salon diniert. Es ist ein köstliches und teures Mahl, Selina, das aus einem Restaurant gebracht worden ist, dem Maison d’Or, das glücklicherweise nicht weit von hier liegt. Sorge dafür, daß er eine Menge Wein trinkt, und vor allen Dingen vergiß nicht, charmant zu sein. Tu alles, was er von dir verlangt.«
»Was könnte er von mir verlangen?« fragte Selina ein wenig nervös.
Mrs. Devilins Augen verengten sich.
»Du wirst schon sehen. Aber vergiß nicht, Selina: Wenn du den Marquis beleidigst oder aufregst, werde ich sehr böse sein sehr, sehr böse! Ja, ich könnte dich sogar ohne Zeugnis aus meinem Haus werfen, ganz gewiß aber ohne Lohn.«
Mit diesen Worten war Mrs. Devilin aus Selinas Zimmer gegangen und hatte sie allein zurückgelassen.
Die Tür war jedoch offenstehen geblieben, so daß Selina die Haustürklingel hören konnte.
Sie vernahm bald darauf eine Männerstimme und wußte, daß der Marquis über die erste Treppe in den Salon hinaufging.
Dort würde Mrs. Devilin warten, um ihn zu begrüßen.
Selina bekam plötzlich Angst. Was geschah hier mit ihr? Wie war sie in diese merkwürdige Lage geraten? Sie sollte einen Mann heiraten, den sie nie im Leben gesehen hatte, und wenn sie ihm nicht gefiel, würde man sie auf die Straße werfen.
Wie klug war ihr Onkel gewesen, als er vorschlug, sie sollten erst mehr über Mrs. Devilin wissen, ehe sie mit ihr nach Frankreich fuhr.
Selinas Hände waren kalt, sie zitterte, als der Diener schließlich an die Tür ihres Schlafzimmers klopfte und ihr ausrichtete, daß sie unten im Salon erwartet würde.
Selina fühlte sich wie auf dem Weg zur Guillotine, als sie langsam die Treppe hinabstieg. Die Schleppe ihres weißen Kleides raschelte leise über den Boden, als sie sich bewegte.
Sie warf sich selbst einen Blick in dem langen Spiegel zu und erkannte, wie schön sie aussah, und doch ganz anders als sie selbst.
Ihre Augen waren groß und dunkel, und sie hatte das Gefühl, nicht atmen zu können.
Der Diener öffnete die Tür zum Salon.
»Mademoiselle Selina Wade, Monsieur le Marquis!« verkündete er.
Selina machte ein paar Schritte ins Zimmer hinein und blieb dann wie angewurzelt stehen, unfähig, sich zu bewegen.
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