An der Rezeption konnte sie sich das Frühstück abholen. Wieder zurück, klopfte sie an die Tür von Fränzi und Mehmet, die bald darauf auch auftauchten. Es war herrlich angenehm, in der noch nicht allzu starken Sonne zu frühstücken. Munter plauderten sie und machten Pläne. Als Erstes mussten sie mit dem Automechaniker telefonieren. Dieser tauchte eine Viertelstunde später mit seinem Auto auf. Zusammen fuhren sie zum Strand, wo Mehmets Auto stand. Mit einer Brechstange versuchte der Mechaniker, die Tür zu öffnen. Fränzi wurde immer ungeduldiger. „Das ist doch typisch Mann! Jetzt braucht der schon eine halbe Stunde dafür. Bei mir wäre es bestimmt nicht so lange gegangen!“ Endlich war die Tür offen. Sie bezahlten seine Arbeit und entließen ihn dann. Sie wussten, dass sie am Nachmittag pünktlich zur Modenschau-Probe im Hotel sein mussten.
So fuhren sie zurück zum Hotel. Während sich die Frauen auf ihrem Zimmer frisch machten, begaben sich die Männer zur Boutique. Nach einem kleinen Mittagsimbiss gingen Manuela und Fränzi im ersten Stock des Hotels auf die Terrasse. Dort warteten schon die anderen Gäste, zusammen mit den Hotelangestellten und Mehmet. Tarkan war in der Boutique geblieben, da er sich geweigert hatte, an der Modenschau teilzunehmen. Es fand zuerst eine Kleiderprobe statt. Jeder musste zweimal die Kleider wechseln und auf dem Laufsteg auf und ab gehen. Der ganze Ablauf wurde besprochen, passende Musik ausgewählt. Fränzi hatte als Partner ihren Mehmet zugeteilt bekommen, Manuela bekam einen der Animateure namens Hassan. Patric moderierte. Alle Namen wurden noch notiert, dann wurden sie entlassen. Während Tarkan und Mehmet arbeiteten, legten sich die beiden Frauen an den Strand und ließen sich bräunen.
Schon während des Nachtessens wurde die Bühne und der Laufsteg aufgebaut. Manuela war ganz aufgeregt, aber sie freute sich. „Na, Schwesterchen, freust du dich auch? Bist ganz blass im Gesicht!“ Fränzi gab zu, dass sie wohl ein wenig Lampenfieber hätte. Diese verstand gar nicht, wie ihre Cousine Manuela so ruhig dasitzen konnte. Sie staunte immer mehr. In den letzten paar Tagen hatte sie ihre Cousine von einer ganz anderen Seite kennengelernt. So souverän, aber auch ausgelassen hatte sie Manuela noch nie erlebt. Irgendwie war sie ganz stolz auf sie. Meine Cousine, dachte sie. Schon bald mussten sie hinter die Bühne und sich zum ersten Mal umziehen. Es gab ein großes Gerangel, aber am Schluss hatte jede ihr passendes Kleid gefunden. Die Hotelgäste hatten sich alle schon gesetzt und warteten gespannt auf den Auftritt. Die Musik ging los, und Patric sagte die Show an. Er nannte jeweils die Namen und was sie tragen würden.
Zuerst mussten Fränzi und Mehmet auf die Bühne. Im ersten Gang wurden Lederhosen und schöne Blusen und Hemden gezeigt. Fränzi stolperte beinahe vor Lampenfieber und war mehr als froh, als sie es hinter sich hatte. Dann kamen Manuela und Hassan, der übrigens auch ganz gut aussah, dran. Sie bewegten sich gelassen zur Musik, drehten sich wie abgemacht und gingen auf ihre Plätze zurück. „Das macht ja richtig Spaß!“ Manuela war begeistert. Doch Fränzi graute vor dem zweiten Gang. „Wie kann dir so was nur gefallen“, stöhnte sie. Doch sie biss tapfer auf die Zähne und ging das zweite Mal auf den Laufsteg. Diesmal waren Lederjacken angesagt. Mitten in den Zuschauern stand Tarkan und machte fleißig Aufnahmen, wie es ihm Manuela vorher aufgetragen hatte. Dass die Bilder schlussendlich völlig unscharf waren, schrieb Manuela später Tarkans Aufregung zu. Auf der einen Seite war er sichtlich stolz, dass sich seine neue Freundin so gut gemacht hatte. Auf der anderen Seite bereute er es tief, dass nicht er, sondern Hassan an ihrer Seite gegangen war.
Während der ganzen Show hatte der hoteleigene Fotograf Fotos geschossen, die man später auch kaufen konnte. Es hatte alles geklappt, und die Gäste applaudierten stürmisch. Gar kein schlechtes Gefühl, dachte Manuela, so im Mittelpunkt zu stehen und Applaus zu kriegen. Daran könnte ich mich glatt gewöhnen! Man schüttelte ihnen zum Dank die Hand, dann waren sie entlassen. Tarkan und Mehmet arbeiteten noch etwas in der Boutique. Danach fuhren sie in ein einfaches Restaurant, wo sie sich was zum Essen bestellten. Sie beschlossen, die Nacht im Angestellten-Hotel zu verbringen. Dort gab es keine Kontrolle, wer hinein oder heraus ging. Allerdings war es schon eher eine Absteige als ein Hotel. Als Fränzi dann die einzige Toilette, die es dort gab, besichtigte, rümpfte sie die Nase: „Also hier bleibe ich bestimmt nicht. Diesen Dreck muss ich mir nicht zumuten. Wie ihr das aushaltet, begreife ich nicht.“ Die beiden Männer zuckten nur die Schultern. Schließlich hatten sie ja keine Wahl. Gemeinsam beschlossen sie, in das benachbarte kleine Hotel zu gehen und dort 2 Zimmer für eine Nacht zu mieten. Die Zimmer waren ihr Geld wert.
Es waren kuschelige und saubere Zimmer mit einem schönen Bad. Voller Freude hüpften Manuela und Tarkan ins Bett. Diesmal ging es richtig zur Sache. Auf diese Nacht waren sie schließlich vorbereitet gewesen. Sie waren beide genug verliebt, dass alles wie von allein klappte. Manuela wurde sogar etwas misstrauisch. „Sag’ mal, hast du mir die Wahrheit gesagt?“ „Warum? Bin ich denn so gut gewesen?“ Schelmisch, aber auch mit Stolz in der Stimme zwinkerte er ihr zu. „Hm.“ Mehr sagte Manuela nicht. Aber insgeheim wünschte sie sich, dass sich jeder so viel Zeit beim Lieben genommen hätte, wie es Tarkan getan hatte. Und sein sicheres Gespür hatte ihn gut geleitet. „Glaub’ mir, Süße, du bist meine erste Frau. Und ich muss sagen, das Warten hat sich gelohnt.“ Verliebt schaute er sie an. Sie schmusten und alberten noch etwas herum, dann schliefen sie zufrieden aneinandergekuschelt ein.
Am nächsten Morgen fuhren sie wieder zurück zum Hotel. Während die Männer ihre Arbeit in der Boutique aufnahmen, machten sich die Frauen in ihrem Zimmer frisch und frühstückten danach ausgiebig auf der Restaurant-Terrasse. Sie tuschelten wie Teenager und kicherten ab und zu. Fränzi konnte es immer noch nicht glauben, dass Tarkan noch Jungfrau gewesen war. Ihr Mehmet war da ein ganz anderer! Sie fühlte sich jetzt genauso beschwingt wie ihre Cousine. Sie besprachen, was sie am heutigen Tag unternehmen wollten. „Ach du meine Güte! Jetzt fällt mir gerade ein, dass wir noch unbedingt zur Anprobe meines Lederanzugs in die Stadt müssen. Am Nachmittag, wenn Siesta herrscht und die Männer ihre Boutique für ein paar Stunden zumachen können, könnten wir ja die Kolosseum-Ruine besuchen und ein paar heiße Fotos schießen.“ Manuela war einverstanden. Sie informierten noch schnell Mehmet und Tarkan, verabschiedeten sich mit ein paar heißen Küssen und fuhren dann mit einem Taxi in die Stadt.
Im Ledergeschäft wurden sie schon erwartet. Der Anzug war zwar angefertigt, sass aber nicht besonders. Fränzi machte einen Schmollmund. Sie verlangte, dass die Änderungen so schnell wie möglich gemacht wurden, sonst würde sie den Rest nicht bezahlen. Manuela war inzwischen mit Tee versorgt worden. „Nimm’s gelassen, Cousinchen. Wir haben ja Zeit. Wenn wir in 2 Tagen wieder erscheinen, ist bestimmt alles in Ordnung. Gehen wir noch ein wenig bummeln.“ Dazu musste Fränzi erst gar nicht ermuntert werden. Sie hakten sich unter und schlenderten gemütlich von Stand zu Stand. Sie kauften ein paar Kleinigkeiten als Andenken. „Hast du eigentlich schon deine Ansichtskarten gekauft?“ Fragend schaute Manuela Fränzi an. „Wenn nicht, dann hätte ich dir hier, gerade die Richtige.“ Fränzi schaute neugierig die Karte an, die Manuela aus einem Kartenständer genommen und ihr entgegengestreckt hatte. Dann prustete sie los. „Manuela, was für schmutzige Gedanken hast du nur?“ Gespielt entrüstet wehrte sie ab. Auf der Karte war das Bild einer kleiner Statue aus einem Museum zu sehen. Ganz offensichtlich handelte es sich dabei um einen nackten Mann, dessen Penis länger als er selber zu sein schien. „Aber weißt du was? Du hast recht, bis jetzt bin ich noch gar nicht dazu gekommen, Karten zu kaufen geschweige denn zu schreiben und abzugeben. Ich nehme die und schicke sie meiner spröden Nachbarin. Na, die wird sich freuen!“ Ohne zu erröten ging sie mit dieser Karte zur Kasse, um zu bezahlen. Den verruchten Blick des Verkäufers ignorierte sie geflissentlich.
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