Zunehmend hat er sich einer anderen Leidenschaft verschrieben, buchstäblich: Er schreibt auf. Er hat Geschichten, Sagen und Märchen aus der Murrhardter Gegend gesammelt und zu Papier gebracht. Gern erzählt er sie bei Lesungen, wo die Geschichten von Hexen und Hexenbannern den Zuhörern eine Gänsehaut ins Genick schauern. Er schreibt auch eigene Texte: in schwäbischer Mundart, Gedichte und Prosa. »Ich möchte gern unseren speziellen Dialekt festhalten. Das Kirnberger Schwäbisch stirbt mit uns Älteren aus«, sagt er. Ob Mühlräder oder Mundartbücher: Eberhard Bohns Werke nehmen uns mit in eine Zeit, die schon verwischt und die erinnernswert ist. Die jüngsten Bücher des vielfach begabten Eberhard Bohn sind: »Der Gänsjakob und andere Geschichten aus dem Schwäbischen Wald« sowie die Gedichtesammlung »Dr helle Bleedsenn? – Schwäbisch oifach so zemadichtet«.
Buocher Höhe: Köpfe mit Weitblick
Es gab Zeiten, da war der Schwäbische Wald die erste Urlaubsadresse für Erholungssuchende aus Stuttgart, Heilbronn und Schwäbisch Hall. Sie kamen als Sommerfrischler, wie man damals sagte, genossen die gute Luft und die schöne Landschaft. Das Leben dort erschien schon damals ruhiger als in den wimmelnden Städten. Das liegt etwa 100 Jahre zurück, und die Geschichte wiederholt sich gerade: Der Schwäbische Wald wird als Freizeitparadies der Städter neu entdeckt.
Buoch liegt buchstäblich vor den Toren Stuttgarts. Fährt man aus der Landeshauptstadt ein paar Kilometer ostwärts, kommen drei »Köpfe« in Sicht: Der Korber Kopf, der Kleinheppacher Kopf und dazwischen der flachere Hörnleskopf. Die Landmarken machen den Auftakt zur Buocher Höhe, die der südwestlichste Zipfel der Schwäbischen Waldberge ist. Wer bei den »Köpfen« eine Entdeckungsreise beginnt, kann bei entsprechender Routenplanung zig Kilometer durch Wälder gehen, ohne eine größere Ortschaft zu streifen. Kaum mehr als einen Steinwurf von der dicht besiedelten Region Stuttgart.
Das namengebende Dörfchen Buoch ist heute Teilort der Gemeinde Remshalden und hat etwa 700 Einwohner. Dass Buoch der erste touristische Ort im Schwäbischen Wald wurde, ist wieder eine Geschichte für sich. Künstler und Kreative waren die ersten »Fremden«, die es auf die Buocher Höhe zog. Anfangs spielte der Zufall mit. Der Dichter Rudolf Kausler, später als Literaturhistoriker bekannt, fand Mitte des 19. Jahrhunderts im Haus seines Onkels Johann Reinfelder Unterschlupf, der in Buoch Pfarrer war. Weil ihm die Idylle so gut gefiel, lud Kausler Freunde aus gemeinsamen Studientagen ins Pfarrhaus ein, darunter die Dichter Berthold Auerbach und Hermann Kurz. Die gute Höhenluft sprach sich in Stuttgart herum und zog 1862 auch den Dialektdichter Eduard Hiller nach Buoch. Dessen ständig angeschlagene Gesundheit stabilisierte sich in seinen 40 Lebensjahren auf der Buocher Höhe. Dass das Remstal seit 1861 mit der Eisenbahn erreichbar war, steigerte den Zulauf der Stuttgarter Boheme. Den steilen Aufstieg vom Bahnhof Grunbach, der fast 300 Meter tiefer liegt, nahm man für das grandiose Höhenpanorama eben in Kauf. Den Dichtern folgten Musiker, bildende Künstler und letztlich auch schlichte Sommerfrischler ohne kreative Ambitionen. Sie kamen in einfachen Gästezimmern der Wirtshäuser oder »Fremdenzimmern« in Privathäusern unter und fühlten sich auf der Buocher Höhe der städtischen Hektik entrückt. Der letzte bedeutende Buocher Kunstschaffende war der Glasmaler und Zeichner Hans Gottfried von Stockhausen, der fast 40 Jahre lang hier seinen Lebensort und sein Atelier hatte.
Der Ort ist bis heute besonders. Der Blick reicht weit, an klaren Tagen von der Ostalb bis zum Schwarzwald. Die Luft scheint einige Quäntchen reiner als im Tal, die Gedanken finden auf irgendeine Weise mehr Raum. Ist es Spiritualität? Buoch war schon in vorchristlicher Zeit eine heilige Stätte. Die Buocher Dorfkirche, eine der ersten Kirchen weit und breit, hat man an der Stelle des alten Kultplatzes gebaut. Wirtschaften wie den »Hirsch« (in seinen Räumen ist heute das vom rührigen Heimatverein betriebene ortsgeschichtliche Museum untergebracht), die »Krone« oder das »Café Daheim«, wo Sommerfrischler Unterkunft und Gesellschaft fanden, gibt es heute nicht mehr. Hungrig und durstig muss man dennoch nicht bleiben, wenn man Buoch besucht: Etwas außerhalb des Orts lädt die gemütliche Wirtschaft »Zom Fässle« ein, und gleich nebenan liegt der Wasser- und Aussichtsturm mit seinem geradezu atemberaubenden Ausblick. Er ist öffentlich zugänglich, den Schlüssel gibt es beim Heimatverein. Telefonnummer und Adresse stehen auf einem Schild an der Eingangstür.
» www.remshalden.de/museum
Burgen: wie sie den Wald bewachten
Die schier unendlichen Weiten der Wälder hatten schon viele Herren. Kelten, Alemannen und Franken haben hier gesiedelt, doch keine sichtbaren Spuren hinterlassen. Anders die Römer, die quer durch den Wald ihren Grenzwall, den Limes, gefräst haben. Seine Überreste haben erst Historiker im 19. Jahrhundert wissenschaftlich bearbeitet. Davor hatte der Volksglaube die spärlichen Limes-Relikte dem Teufel zugeschrieben oder als heidnische Kultstätten gedeutet.
Unübersehbar dagegen waren immer die Spuren des Hochmittelalters. Die politische Karriere der Staufer hat um das Jahr 1100 mit dem Bau der Burg Hohenstaufen auf der Ostalb und der Stiftung des Klosters Lorch begonnen. Die salischen Kaiser setzten sie als Herzöge von Schwaben ein, und mit dem Bau von Burgen steckten die Staufer ihren Machtbereich ab. Der kaum besiedelte Schwäbische Wald war eine Art Zonenrandgebiet. Zur Grenzsicherung entstanden auch hier Burgen: Maienfels, Lichtenberg bei Oberstenfeld, Reichenberg bei Oppenweiler, Ebersberg und Waldenstein – sie alle stehen seit bald 1000 Jahren an ihrem Ort.
Maienfels liegt am Nordrand des Waldes über dem Tal der Brettach und überwachte den Weg aus dem Kochertal. Von Lichtenberg hatte man das Bottwar- und Neckartal im Blick. Burg Reichenberg sicherte das Murrtal; von Burg Ebersberg, die heute zur Gemeinde Auenwald gehört, hat man weite Sicht über die Backnanger Bucht in Richtung Neckar. Burg Waldenstein bei Rudersberg überblickte das Tal der Wieslauf. In Fragmenten ist außerdem die Burg Wart bei Spiegelberg erhalten, die das Lautertal beherrschte.
Einige der Burgen sind für die Öffentlichkeit zugänglich: In Maienfels ist der Innenhof zur Besichtigung offen, Führungen gibt es auf Vereinbarung. Lichtenberg vermietet den Burghof und den Rittersaal für Veranstaltungen. Burg Reichenberg wird von der Paulinenpflege Winnenden genutzt, Führungen für Gruppen werden angeboten. Burg Ebersberg ist im 18. Jahrhundert zu einem barocken Schloss umgebaut worden, das heute einer katholischen Pfadfinderorganisation gehört. Das Schloss und der Bergfried sind nicht zu besichtigen, der Zwinger links von der Schlosszufahrt ist zugänglich. Burg Waldenstein war lange Jahre ein beliebtes Ausflugslokal. Heute bietet das Haus Übernachtungen mit Frühstück an; gekocht und serviert wird bei buchbaren Veranstaltungen sowie für Gesellschaften ab 20 Personen auf Voranmeldung.
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