Die Validität gibt an, wie gut ein Instrument misst, was es zu messen vorgibt. Dementsprechend ist ein Intelligenztest valide, wenn er tatsächlich Intelligenz und nicht z. B. Konzentrationsfähigkeit misst. Damit ist Validität das bedeutendste Entscheidungskriterium bei der Auswahl diagnostischer Verfahren. Validität lässt sich wiederum in Inhalts-, Konstrukt- und Kriteriumsvalidität unterteilen (
Abb. 38). Inhaltlich valide ist ein Verfahren, wenn die zu bearbeitenden Aufgaben Beispiele für die spätere berufliche Tätigkeit sind. Konstruktvalidität gibt an, inwieweit das Verfahren tatsächlich ein spezifisches Merkmal und nicht ein anderes erfasst. Spricht man von Validität bei eignungsdiagnostischen Verfahren, ist in der Regel die Konstruktvalidität gemeint. Sie befasst sich damit, inwieweit das Auswahlverfahren Ergebnisse liefert, welche mit der Theorie übereinstimmen, auf der es begründet ist. Kriteriumsbezogene Validierung stellt schließlich einen Bezug zwischen dem Testergebnis und einem relevanten Außenkriterium her. Hierfür wird häufig die Leistungsbeurteilung des Vorgesetzten herangezogen oder auch Erfolgskennwerte wie Gehalt, Produktivitätskennzahlen, Mitarbeiterzufriedenheitskennzahlen etc.
Abb. 38: Validität
5.4 Korrelationskoeffizient
Der Korrelationskoeffizient »r« sagt etwas darüber aus, wie stark der Zusammenhang zwischen Testergebnis und erforderter Qualifikation ist. Die Korrelation ist umso stärker, je näher der Wert an der Zahl 1 liegt, also entweder +1 oder -1. Ein Korrelationskoeffizient von +1 würde bedeuten, dass mithilfe einer bestimmten Auswahlmethode eine perfekte Prognose aus dem Test auf den Berufserfolg möglich wäre. Ein Wert von 0 lässt keinen Zusammenhang zwischen Auswahlmethode und Erfolg herstellen und schließlich drückt -1 einen negativen Zusammenhang aus (inverse Korrelation). Bei den Korrelationskoeffizienten in der Eignungsdiagnostik handelt es sich fast immer um Dezimalwerte wie 0,34 oder 0,50, eine Korrelation von 1 wäre illusorisch. Korrelationskoeffizienten zwischen 0,30 und 0,50 sind bereits als gut einzustufen, zwischen 0,50 und 0,70 sind sie als sehr gut anzusehen. Ein Wert darüber lässt sich in der Praxis kaum erzielen (
Abb. 39).
Abb. 39: Korrelationskoeffizient
Im Gegensatz zu Leistungstests bestehen Persönlichkeitsverfahren aus Selbstaussagen. Persönlichkeitstests lassen sich demnach durchaus manipulieren. Qualifikationen sollten deshalb nicht nur mithilfe von Selbstbeschreibungsverfahren gemessen, sondern auch durch situative Verfahren ergänzt werden. Dabei erhöht sich in der Regel die Validität von Selbstbeschreibungen, wenn der Bewerber weiß, dass die Aussagen mithilfe von situativen Verfahren überprüft werden. Umstritten bei Persönlichkeitstests bleibt, dass diese fast ausschließlich für die klinische Forschung entwickelt wurden. Trotz der Vorbehalte liefern Persönlichkeitstests in der Regel eine prognostische Validität zwischen 0,20 und 0,40.
Im Urteil sowohl Auswählender als auch der Bewerber ist das Interview die meist geschätzte Form der Personalauswahl, wahrscheinlich deshalb, weil es sich um die »menschlichste Situation« handelt, die auch die meisten Interventionsmöglichkeiten bietet. Die Validität bei Interviews ist dagegen mit Werten zwischen 0,05-0,25 geringer als bei allen anderen Verfahren. Das ändert sich jedoch, wenn man strukturierte Interviews durchführt. Mithilfe von situativen Fragen im Sinne von Wissensarbeitsproben sowie komplexen Biografie bezogenen Fragen, die mit Verhaltensbeschreibungen arbeiten, lassen sich Korrelationen von 0,37 bis zu 0,63 erzielen. Das AC erreicht je nach Güte der Konstruktion Werte von 0,40-0,75.
Lange Zeit galt Intelligenz als Merkmal, das für alle beruflichen Aufgaben eine wichtige und grundlegende Eigenschaft ist. Dabei wurde eine Analogie zwischen der beruflichen Aufgabenstellung und den frühkulturellen Daseinsanforderungen des Menschen gezogen. Für beide Anforderungsdimensionen sollte Intelligenz zwar nicht als einzige, aber besonders wichtige Eigenschaft entscheidend sein. Heute werden neben genetischen Voraussetzungen Selbstvertrauen und Leistungsmotivation ebenso als wichtige Determinanten beruflichen Erfolges angesehen. Auch Fachkenntnisse sind eine wichtige Voraussetzung für beruflichen Erfolg. Ein aktueller Trend in der Eignungsdiagnostik ist das Fünf-Faktoren-Modell der Persönlichkeit, das fünf grundlegende, voneinander unabhängige Persönlichkeitsfaktoren – die »Big Five« – als berufliche Erfolgsfaktoren definiert: Extraversion, emotionale Stabilität, Verträglichkeit, Gewissenhaftigkeit und Offenheit für Erfahrungen.
Letztlich lässt sich die Entwicklung menschlicher Fähigkeiten und Motive zu einem großen Teil nicht voraussehen, wodurch der Prognosevalidität Grenzen gesetzt sind. Es empfiehlt sich, auf eine Kombination von Verfahren zu setzen. Der Einsatz mehrerer Verfahren erhöht die Sicherheit der Entscheidung, erfordert allerdings auch eine Zusammenführung der erhaltenen Informationen. In der kritischen Bewertung von Eignungsdiagnostik wird oft übersehen, dass sie nicht nur der Leistungsmessung dient, sondern auch eine Über- wie Unterforderung verhindern soll und damit auch den getesteten Menschen zu Gute kommt, wie insbesondere die arbeitspsychologische Stressforschung zeigt (Schuler 2000).
Die Abkehr von der Nivellierung persönlichkeitsspezifischer Unterschiede gerade hinsichtlich Motivation, Einsatzbereitschaft und natürlich auch der Leistungsfähigkeit hat die Haltung zur Eignungsdiagnostik heutzutage wieder etwas entspannt, wie wir im nächsten Kapitel sehen werden, und sie wird von vielen heute nicht mehr so bedrohlich empfunden. Menschen sind dann am glücklichsten sind, wenn sie ihre vorhandenen Fähigkeiten voll entfalten und einsetzen können. Professionell angewandte Eignungsdiagnostik kann helfen, diese Fähigkeiten zu erkennen.
• Martin sitzt in der Personalklausur, hat aber nicht gelernt. Kein Problem denkt er sich, schließlich sitzt er neben Martina und die lässt ihn sicher abschreiben. Martina ist auch gerne dazu bereit. Allerdings stellt sich heraus, dass der fiese Professor verschiedene Klausurversionen verteilt hat. Martin geht später in die Klausureinsicht und fragt seinen Professor, ob damit nicht die Aufgaben unterschiedlich schwer gewesen wären. Dieser antwortet ihm, er habe eine wissenschaftliche Methode angewandt, die sicherstellt, dass es gerecht zugehe. Von welcher Methode spricht der Professor?
• Führen Sie fünf eignungsdiagnostische Verfahren an. Vergleichen Sie diese anhand ihres jeweiligen Korrelationskoeffizienten. Wie lassen sich die jeweiligen Werte erklären?
• Erläutern Sie die Bedeutung von »Reliabilität« und »Validität« anhand von Examensnoten!
• Was wären Kriterien für eine empirische Güteprüfung eines Auswahlverfahrens?
• Wie lässt sich die historische Entwicklung eignungsdiagnostischer Auswahlverfahren kurz nachzeichnen?
• Sollten in der Eignungsdiagnostik möglichst mehrere Verfahren kombiniert werden oder wäre das kontraproduktiv? Begründen Sie Ihre Entscheidung!
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