Florian Madl
ÜBER EINEN, DER NICHT VERLIEREN WILL
Prolog
Niemals Unrecht und Abhängigkeit
- Toni Innauer:Es war die Gunst der besonderen Jahre
Schröcksnadels Rollenspiel
- Marcel Hirscher:„Leute, ich helfe euch“
- Eva-Maria Brem:Direkt, nüchtern, abgebrüht
Abtrünnige
- Andrew Hourmont:Wir waren damals vielleicht nicht die größten Freunde
- Lukas Müller:Es braucht wenig, um die Macht des Präsidenten zu spüren
Der Erfolgsmensch
- Benjamin Raich:Für Plauschereien keine Zeit
- Stephan Eberharter:Bitte fahr mit, Peter!
„Austria is a too small country to make good doping“
- Max Ischia:Der Peter, der Schröcksi, der Präse
- Peter Filzmaier:Der Schneemann aus dem vorigen Jahrhundert
Die heiße Kartoffel #metoo
- Sarah Lewis:Es fällt schwer, sich Peter Schröcksnadel im Ruhestand vorzustellen
- Nicola Werdenigg:Mir ging es ausschließlich ums System
Skandale, Skandälchen, Medienereignisse
- Norbert Darabos:Peter, der …?
Über Olympia-Touristen, Killer und die Sportkultur in Österreich
- Wolfgang Schüssel:Der Präsident
„Da wollte ich wirklich aufhören“
- Katharina Trojan:Oft habe ich gestaunt
Fischer, Förderer, Fanatiker
- Bundespräsident Alexander Van der Bellen:Kein Blatt vor dem Mund
Anhang
Lebenslauf Peter Schröcksnadel
Ehrenamtliche Tätigkeiten
Sportliche Erfolge/Masters-WM
Ehrungen und Auszeichnungen
Autor/ Kolumnisten
50 Athleten bedankten sich in einem Buch voller Zitate bei Peter Schröcksnadel. Die limitierte Ausgabe umfasste nur 20 Stück.
„Wer ihm einmal begegnet, der vergisst ihn so schnell nicht wieder“, fasste die „Süddeutsche Zeitung“ eine Begegnung mit Peter Schröcksnadel in Worte. Der Tiroler teilt sein Umfeld in Befürworter und Gegner, viel Grauzone bleibt nicht. „Hüte dich vor allem, was es gibt“, prangt auf einem Schild, das jahrelang seinen Schreibtisch im Innsbrucker ÖSV-Büro zierte. Es war auf die Ankömmlinge gerichtet und sollte wohl deren Erwartungshaltung dämpfen.
Wer sich als Österreicher nicht in erster Linie über Ski-Erfolge definiert – also entgegen der Meinung Schröcksnadels die überwiegende Mehrheit –, beteiligt sich nicht an einer glattgebügelten Huldigung des Erfolgsgaranten, der den Österreichischen Skiverband über 31 Jahre wie kein anderer prägte. Dass sein Abgang kein reibungsloser war, dass er kurz vor der Übergabe an Karl Schmidhofer im Juni 2021 noch einmal Langzeit-Verträge für den ÖSV unterzeichnete, untermauert diese Feststellung.
„Ski-Napoleon“, „Alpenkönig“, „Lift-Kaiser“, „Diktator“ – die Wortkreationen der Kritiker bezogen sich stets auf den bisweilen monarchisch-autokratischen Führungsstil von „PS“. Wer es gut mit ihm meinte, charakterisierte ihn als „Reibebaum“. Und alle anderen? Die würdigten ihn und dankten dem 80-jährigen Tiroler für das, was dem Land in seiner Ära an Medaillen gewonnen wurde: 114 Olympia-medaillen, 295 WM-Medaillen, 1288 Weltcupsiege, dazu fünf Heim-Weltmeisterschaften. Genug also, um eine selbsternannte Ski-Nation glücklich zu machen.
Die Motivation war dem Schirmherrn an der Spitze, dem die Mehrheit aller 21 Sportminister in seiner Ära und die meisten Athleten bis zuletzt ihre Ehrerbietung erwiesen, niemals ausgegangen. Und wie immer bemühte Schröcksnadel dafür einen Vergleich aus dem Fischer-Jargon: „Fischen lebt von der Hoffnung, weil du oft verlierst.“ Und Niederlagen hasste Schröcksnadel, also gewann er lieber: als Verbandspräsident, indem er Sponsorengeld lukrierte und den ÖSV aus den roten Zahlen zur finanzstärksten Sportinstitution des Landes machte; als Sportler – Schröcksnadel darf sich Senioren-Weltmeister nennen; als Mastermind hinter den Rennteams – wenn im Winter jemand gewann, dann jedenfalls die Skisportler. Aber alle waren nicht glücklich mit dem, was PS als Tourismusmotor einstufte: mit dem rotweißroten Selbstbild, dem Wedel-Klischee, dem überbordenden Patriotismus und dem, was sich bisweilen dahinter verbarg.
Es war schwierig, neben Huldigungen für dieses Buch auch kritische Geister dazu zu bewegen, sich mit der Figur Peter Schröcksnadel schriftlich auseinanderzusetzen. Die einen hatten bereits Sträuße mit ihm ausgefochten und wollten das nicht wieder tun. Mancher meinte, die in die Öffentlichkeit getragenen Scharmützel hätten ihm, seinem privaten und beruflichen Umfeld geschadet. Mancher wollte wochenlang wenig Schlaf gefunden haben, als er mit dem mächtigen Mann an der Spitze des Skiverbands nicht auf Linie war. Andere wiederum beteuern, sich seit dem Disput mit Schröcksnadel nicht mehr mit dem Skisport zu befassen.
Ist Peter Schröcksnadel böse? Nein. Aber ein Mann, der Imageverlust im Sinne seiner Sache schmerzbefreit in Kauf nimmt, der dem Feuilleton gerne sprichwörtlich die Zunge zeigt. Der es gewohnt ist, auszuteilen und einzustecken. Der sich in Impfdebatten ebenso einmischt wie in die Mittelverteilung des Sommersports. Der soziale Medien meidet und lange Zeit auf Smartphones verzichtet hatte, als es kaum mehr Tasten-Handys auf dem Markt gab. Sein Motto: „Ich bin ein Fischer. Ich weiß, wann der Fisch zubeißt.“ Und im Moment, da der Streit zu eskalieren droht, gibt sich Schröcksnadel versöhnlich, streckt die Hand aus, gibt sich konfuzianisch: „Es gibt nicht nur Sonne, es gibt auch Regen.“ Er müsse für den Verband geradestehen und ihn so führen, dass dieser erfolgreich sei.
Die vorliegende Biografie, nicht autorisiert und deshalb mit entsprechender Distanz verfasst, kommt aus der Feder eines journalistischen Wegbegleiters und einiger anderer, die Peter Schröcksnadel aus Nähe und Ferne betrachten durften, die mit ihm beruflich zu tun hatten oder auch nur als Konsumenten. Spurlos gingen er und seine Ära an keinem vorbei, dafür sorgten sportliche und wirtschaftliche Erfolge ebenso wie Doping-Aufreger, Missbrauchsschlagzeilen oder Vertragsstreitigkeiten. Wenn man eines über Schröcksnadels ÖSV-Präsidentschaft zwischen dem 23. Juni 1990 und dem 19. Juni 2021 mit Gewissheit sagen kann: Er blieb sich in all den Jahren stets treu.
Niemals Unrecht und Abhängigkeit
Schulzeit, Konkurs der Eltern, Lawinen- und Schatzsuche, Unternehmertum
„Ich bin ein Internatskind. Für uns zählten immer Zusammenhalt, Solidarität und dass man sein Wort hält.“
Um Peter Schröcksnadel zu verstehen, muss man weit in die Vergangenheit reisen, in die Innsbrucker Kindheit im Stadtteil Saggen unmittelbar nach dem Zweiten Weltkrieg. Seine Schilderungen begleiten Sätze wie: „Nach dem Krieg haben wir Bandenkämpfe geführt, wir haben mit Handgranaten gespielt.“ Einer seiner Freunde habe dabei auf dem Balkon eine Hand verloren, da war Peter Schröcksnadel sechs oder sieben Jahre alt, so genau weiß er das nicht mehr. Bruchstückhaft tauchen Erinnerungen aus seiner Freizeit auf: Als Schütze mit damals allerorts verfügbaren Gewehren sei er miserabel gewesen. „Ich traf aus drei Metern keine Zwei-Meter-Scheibe.“ Es sei ein karges Leben gewesen, ein hartes. Eines, das ihn nachhaltig geprägt habe, aber das weniger tiefe Spuren hinterließ als die darauffolgenden Schuljahre.
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