Joachim Schnerf - Wir waren eine gute Erfindung

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Was für eine Kunst es ist, die Familie zusammenzuhalten! Das wird dem alten Salomon klar, als seine Frau stirbt und er die erste Familienfeier ohne sie ausrichten muss. Eine Hymne auf die Liebe, den Humor und das Überleben.
Man kennt das: Jedes Jahr kommt die Familie am Feiertag zusammen und jedes Jahr gibt es dieselben Diskussionen, werden die neuesten Anekdoten fürs Absurditätenalbum gesammelt. So auch beim Sederabend der Familie von Salomon. Zwischen den rituellen Liedern, dem Auszug aus Ägypten und der Suche nach der versteckten Matze wird erzählt, gelacht, provoziert und gestritten. Die Enkelin taucht im Palästinensertuch auf, die Tochter bekommt eine ihrer berüchtigten Schreiattacken, der Schwiegersohn verdrückt sich beim geringsten Anzeichen von Streit. Salomon selbst reißt KZ-Witze, die abgesehen von ihm, dem Auschwitz-Überlebendem, keiner zu schätzen weiß.
Aber dieses Jahr ist alles anders, Salomons Frau Sarah lebt nicht mehr. Ihre Liebe und stille Nachsicht waren es, die die Familie immer zusammenhielten. Bis Kinder und Enkel eintrudeln, bleiben Salomon noch ein paar Stunden. Wie die Erinnerung an Sarah, an das gemeinsame Glück, aber auch die schweren Zeiten bewahren? Wie dieser ­Familie mit all ihren Neurosen ein neues Zuhause geben?
Die ganze Wehmut und die provokanten Witze eines Überlebenden, vermittelt mit der zärtlichen Poesie des Nachgeborenen: Joachim Schnerf hat einen wunderbar feinfühligen Roman darüber geschrieben, was es heißt, angesichts von Verlust und Grauen der Vergangenheit die Familie und das Leben zu (er)finden.
»Eine schwarze Komödie, schrecklich lustig und zutiefst zärtlich.«
LIVRES HEBDO

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Tania und Samuel, die Kinder von Michelle und ihrem Mann Patrick, werden aufmerksam den Erklärungen ihres Großvaters lauschen, die sie längst auswendig kennen. Denn so ist es, gebetsmühlenartig werden die Geschmäcke und Melodien, die Familienanekdoten vergangener Zeiten wiederholt. Ich werde die schmalen Selleriestängel nehmen und ins Salzwasser tunken, faserige Stangen voller Tränen, den Tränen der in Gefangenschaft gehaltenen Hebräer. Die ganze Familie wird bemüht lächelnd darauf herumkauen.

»Hör auf damit, du Ferkel!« Michelle, meine Jüngste. Letztes Jahr hatte sie nicht länger an sich halten können. Tania und Samuel hatten ihren Onkel Pinhas nachgeahmt und sich so viel Sellerie in den Mund gestopft, wie sie konnten. Michelle tut sich sehr schwer, die Beherrschung zu wahren, wenn ihr Schwager die Kleinen in seine idiotischen Spielchen verwickelt. »Papa, mach weiter. Samuel! Es reicht jetzt! Du weißt doch genau, dass man nicht mit Essen spielt, dein Onkel ist komplett übergeschnappt. Oooh! Und du findest das auch noch lustig, Tania?« Denise, meine Älteste, senkte den Blick, ohne zu einer Verteidigung ihres Mannes anzusetzen. Patrick wiederum rannte, die Hände vor den Bauch gepresst, hinaus, um sich auf der Toilette einzuschließen. Meine arme Sarah sah ihm nach und grämte sich über diesen Sederanfang.

Gegen Mittag wird Michelle kommen, um mir bei der Vorbereitung des Abendessens zu helfen. Es muss jetzt sieben Uhr morgens sein, und ich denke bereits an die legendären Durchfallattacken ihres Mannes. Alle Straßburger Juden erinnern sich noch an Patricks Bar Mitzwa, die einer der Meilensteine unserer Gemeinschaft werden sollte. Mit seinen dreizehn Jahren hatte er, bereit zu singen, vor der Gemeinde gestanden. Plötzlich machte sich zwischen den Thorarollen ein lautes Magenrumoren bemerkbar. Der Rabbiner überhörte es geflissentlich, aber das Geräusch meldete sich erneut, als Patrick die ersten Wörter der Strophe zu rezitieren begann. Die Knie durchgedrückt und die Oberschenkel aneinandergepresst, um das Unvermeidliche zu vermeiden. Mit zusammengekniffenem Hintern stürzte der junge Bar Mitzwa bei der ersten Unterbrechung fort.

Patrick hatte die Toilette fast erreicht, als sein Körper ihn endgültig demütigte. Heulend schloss er sich ein, schimpfte auf das Erwachsenenalter und sein Judenzeug, und versuchte dabei, sich mit einer Hand auszuziehen. Mit der anderen umklammerte er immer noch die silberne Hand mit dem ausgestreckten Zeigefinger, den Jad, der beim Lesen der Thorarollen die richtige Zeile einzuhalten hilft. Irgendwie musste er seine Hose herunterbekommen, seine Unterhose zwischen den Knien festklemmen und mit fünf Fingern und ein paar Blättchen Klopapier säubern, was noch zu säubern war. Als er endlich wieder an seinen Platz zurückkehrte, die Hose feucht und die Finger um die silberne Hand geklammert, begannen alle zu lachen, und zwar so laut, dass das ausgelassene Gelächter bis in den benachbarten Park Contades zu hören war. Ich war Zeuge dieses ersten Durchfalls meines künftigen Schwiegersohns, dem noch viele weitere, offenbar untrennbar mit seinem Judentum verknüpfte folgen sollten.

Als Patrick wieder an den Sedertisch zurückkam, war das Unbehagen noch drückender. In seiner Abwesenheit hatte ich mir nicht verkneifen können, die frisch aus Berlin eingetroffene Austauschpartnerin meiner Enkelin zu provozieren. Nachdem Tania im Rahmen eines Schüleraustauschs in Germanien gewesen war, hatte sie nun die Rolle der Gastgeberin inne, und dieser Sederabend hielt sämtliche Versprechen. Ich hatte mich schon angeschickt, die Deutsche angemessen willkommen zu heißen, aber was für eine Enttäuschung … Langes schwarzes Haar, karamellfarbene Haut, auf diesen arischen Typus war ich nicht gefasst. »Leyla? Eine türkische Mutter?« Ich hatte meine Irritation verbergen und meine kanonischen Witze neu überdenken müssen. Plötzlich die Erleuchtung: »Kennst du den Unterschied zwischen einem Wachturm und einem Minarett?«

Zum Glück für seinen Magen erlebte Patrick nur die Stille, die auf die Pointe folgte. Leyla war sprachlos, Tania, für gewöhnlich nachtragend und impulsiv, wenn man anderen zu nahe trat, leichenblass. Mein Schwiegersohn setzte sich, ohne zu fragen, was er verpasst habe. Niemand sagte ein Wort. Dann kam das heilige Raunen über uns, ohne dass wir uns absprechen mussten, und endlich konnte das Unglück der Hebräer beginnen.

»Wärst du bereit, darüber zu sprechen?« Sarah hatte wochenlang gezögert, bevor sie mich fragte, schließlich hatte sie sich für ein schamhaftes Adverb entschieden, statt Auschwitz zu sagen. Ich sprach ständig darüber, ja, aber davon erzählen? Unmöglich, um die Shoah zu erwähnen, hatte ich nur meine Witze. Vereinzelte scherzhafte Anspielungen in ihrer Gegenwart, und ganze Nachmittage ohne sie, in Gesellschaft früherer Gefährten, Skelette, die wieder Fleisch angesetzt hatten. Ist es ein Fehler gewesen, ihr nie davon erzählt zu haben, weder ihr noch den Mädchen? Sarah konnte sich in ihrer Verzweiflung nur an meine KZ-Witze klammern. Sie registrierte jedes Wortspiel, jeden Lachanfall, jedes Kichern, das sich in irgend einer Weise auf die Gaskammern bezog. Doch eigentlich begrub ich sie unter der Stille, und nun liege ich hier, in unsere stummen Laken gehüllt, ohne sie.

Das Zyklon B bringt mich nicht mehr zum Lachen, alles Exzessive hat seinen Reiz verloren. Als wäre es unmöglich, zwei Trauerfälle auf einmal zu bewältigen. Ein schwarz gewandeter Humor hat mich gestützt und angesichts dieser neuen Tragödie wieder verlassen: Nach dem Verlust der Menschlichkeit kam der Verlust der Liebe.

Ich erinnere mich an meinen ersten Sederabend mit Sarah, genauer gesagt, an meine ersten beiden. Wir waren noch nicht verheiratet und hatten erst ein paar Wochen zuvor unsere jeweiligen Familien kennengelernt. Ihre dürftige Kernfamilie: Vater, Mutter und ein autistischer älterer Bruder. Meine dürftige Restfamilie: eine von den Razzien verschont gebliebene Tante mit ihren drei Kindern, die jünger waren als ich, zwischen 1942 und 1945 geboren. Sie hatte ihnen die Namen von Toten gegeben: Einer der Söhne trug den meines Vaters, der während der Deportation umgekommen war; die Jüngste den meiner Mutter, ihrer während der Deportation umgekommenen Schwester; der Älteste aber hieß wie ich. Sie hatte ihn nach ihrem im Osten verschollenen Neffen benennen wollen, denn sie hatte nicht für möglich gehalten, dass ich zurückkehren würde. Wie konnten mein Vetter und meine beiden Cousinen das nur ertragen? Ich habe keine Ahnung. Wie hatte eine Jüdin mitten im Holocaust derart fruchtbar sein können? Das will mir immer noch nicht in den Kopf.

Der erste Osterabend fand in Sarahs Familie statt, der zweite in meiner. Auf den Schrecken folgte die Blamage. Von unserer ersten Begegnung an hatten Sarahs Eltern mich, den aus den Lagern zurückgekehrten Waisen, wohlwollend bei sich aufgenommen. Doch ohne es zu wollen, gab mir diese wohlhabende Familie meine mangelnde Vornehmheit und Erziehung zu spüren, eine Schwäche, die mich bis zum Tod meiner Schwiegereltern in Verlegenheit brachte. Sarah konnte mich noch so sehr bestärken, ich gehörte einfach nicht dazu.

Eine Unterhaltung führen, manierlich essen – die Grundlagen eines bürgerlichen Lebens hatten sich in den Latrinen von Auschwitz verflüchtigt. Vom ersten Augenblick an, als ich einen Fuß in die Wohnung gesetzt hatte, bis zu den Umarmungen am Ende dieses Sederabends war ich wie versteinert angesichts der Regeln, aber auch angesichts des unerschütterlichen, stillen Schwagers, der seine trostlosen, forschenden Augen auf mich heftete. Den ganzen Abend lang mimte ich die österlichen Klagen und zwang meine Kehle, sich den vom Familienoberhaupt angestimmten unbekannten Liedern anzupassen. Dabei immer dieser leere Blick, der mein Gesicht abtastete. Die Folter wurde noch unerträglicher, wenn die Lieder aufhörten und mich Sarahs Eltern mit Fragen quälten, eine nach der anderen, Fragezeichen um Fragezeichen. Die Folter der nach Vergangenheit Gierenden, die nicht lockerlassen, um dem Leben der Rückkehrer in allen Einzelheiten auf den Grund zu gehen. Und manchmal auch ihrer Gegenwart.

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