Sigrid Schüler
Eigentlich eine gute Idee
Dieses ebook wurde erstellt bei
Inhaltsverzeichnis
Titel Sigrid Schüler Eigentlich eine gute Idee Dieses ebook wurde erstellt bei
Vorwort Vorwort Um eins klarzustellen: Ricarda ist nicht so. Sie ist eigentlich ganz anders, und sie würde sowas nie tun. Okay, sie hat manchmal merkwürdige Ideen, aber sie meint es nicht böse. Nie! Fast nie. Und für diese Geschichte kann sie eigentlich gar nichts. Was passiert ist, ist ganz allein meine Schuld. Ricarda ist nämlich erfunden, frei erfunden, und es gibt sie gar nicht. Und diese Geschichte sollte, zumindest war das meine Absicht, ganz anders laufen. Ricarda ist als erfundene Person einfach so reingeschlittert, wie das eben im Leben so ist. Und das Leben ist nicht planbar, auch wenn wir das nicht wahrhaben wollen und andauernd Pläne schmieden. Und so war diese Geschichte auch ganz anders geplant, als sie jetzt geworden ist. Ich muss zugeben: Ich habe die Kontrolle verloren, und Ricarda muss es jetzt ausbaden. Sorry.
Kapitel 1: Der Anruf
Kapitel 2: Die Briefe
Kapital 3: Ich brauche eine Strategie
Kapitel 4: Ina
Kapitel 5: Brigitte
Kapitel 6: Svetlana
Kapitel 7: Annette
Kapitel 8: G.
Kapitel 9: Eine Lösung
Kapitel 10: Am Ende ist alles gut
Kapitel 11: Unvermutet
Kapitel 12: Auf dem Markt
Kapitel 13: Ganz weit weg
Kapitel 14: Vergessen bei gutem Essen
Kapitel 15: Was geschah im Sahnehäubchen?
Kapitel 16: Sonntag
Kapitel 17: Beim Arzt
Kapitel 18: Bringen Sie Klarheit in Ihre Beziehungen
Danksagung
Impressum neobooks
Um eins klarzustellen: Ricarda ist nicht so. Sie ist eigentlich ganz anders, und sie würde sowas nie tun. Okay, sie hat manchmal merkwürdige Ideen, aber sie meint es nicht böse. Nie! Fast nie. Und für diese Geschichte kann sie eigentlich gar nichts. Was passiert ist, ist ganz allein meine Schuld. Ricarda ist nämlich erfunden, frei erfunden, und es gibt sie gar nicht. Und diese Geschichte sollte, zumindest war das meine Absicht, ganz anders laufen. Ricarda ist als erfundene Person einfach so reingeschlittert, wie das eben im Leben so ist. Und das Leben ist nicht planbar, auch wenn wir das nicht wahrhaben wollen und andauernd Pläne schmieden. Und so war diese Geschichte auch ganz anders geplant, als sie jetzt geworden ist. Ich muss zugeben: Ich habe die Kontrolle verloren, und Ricarda muss es jetzt ausbaden. Sorry.
Suche für meinen Ex, 52 Jahre, Nichtraucher, ehrlich und verantwortungsbewusst, eine Frau fürs Leben. Sie sollte zwischen 45 und 55 Jahre alt sein, häuslich und liebevoll. Gerne auch mit Kindern. Bitte nur ernstgemeinte Zuschriften. Jede Zuschrift wird beantwortet.
„Wie teuer ist das?“, frage ich empört.
„Wir berechnen unsere Preise nach Anzahl Wörter beziehungsweise nach Zeichen.“ Die Dame am anderen Ende der Leitung bleibt auch nach meinem Ausbruch gelassen und freundlich. „Ich schlage Ihnen vor, wir kürzen den Text, dann wird es für Sie günstiger.“
Was soll man da kürzen, denke ich. Ich hab schon nur wenig in den Text gepackt, zu wenig, meine ich, aber die Dame spricht unbeirrt weiter.
„Wir können zum Beispiel den Nichtraucher abkürzen, das wird dann immer noch verstanden. Die Adjektive können wir auch kürzen, soll ich mal?“, fragt sie. Ich höre sie auf ihrer Tastatur tippen, und nach wenigen Sekunden sagt sie: „Also: Suche für meinen Ex, 52, Nichtr., ehrl. u. verantwortungsbew., Frau fürs Leben, zw. 45 u. 55, häusl., liebev., gerne m. Kindern. Nur ernstgem. Zuschr., alle werden beantw.. Das sind jetzt noch 172 Zeichen beziehungsweise 27 Wörter, vorher waren das 266 Zeichen und 38 Wörter.“
„Klingt verstümmelt“, sage ich. „Und wie teuer ist das jetzt?“
Sie nennt den Preis, und ich überlege, ob der Text vielleicht nicht doch noch ein bisschen zu lang ist. Schließlich geht mein Ex-Mann Holger auch sehr verantwortungsbewusst mit seinem Geld um, und ich sollte das mit meinem auch tun, denke ich. Mir wird ja schließlich auch kein Euro geschenkt.
„Kann man noch was kürzen?“, frage ich deshalb. Die grundsätzliche Frage, ob er mir das wirklich wert ist, hatte ich für mich bereits vor einigen Tagen mit einem „Ja“ beantwortet, denn es geht ja schließlich nicht nur um sein Wohlbefinden, sondern auch um meines.
„Jaah, mal sehen“, sagt die freundliche Dame geduldig. Sie scheint an Kunden wie mich gewöhnt zu sein. Einen Augenblick später spricht sie: „Suche für meinen Ex, 52, Nichtr., ehrl., verantwortungsbew., Partn. ab 45, häusl., liebev., gerne m. Kind. Nur ernstgem. Zuschr.. 19 Wörter, 128 Zeichen. Ich glaube, kürzer kriegen wir es nicht hin.“
„Wie ist das, schicken die Frauen wohl ein Foto mit?“, möchte ich wissen.
„Das weiß ich nicht. Wir können die Bitte um ein Foto natürlich in den Text aufnehmen.“
„Nein danke, nicht nötig“, sage ich rasch und bestelle die Kontaktanzeige für die Samstagsausgabe unserer örtlichen Tageszeitung.
Ein paar Stunden lang habe ich mich an meiner genialen Idee, für meinen geschiedenen Mann eine neue Frau zu suchen, erfreut. Anders gesagt: Ich bin stolz auf mich, diesen klugen Schritt getan zu haben. Seit ich ihn verlassen habe (und dafür gab es gute Gründe), ist er allein. Es sind nun schon acht Jahre vergangen, aber er scheint überhaupt nichts zu unternehmen, um jemanden neues kennenzulernen. Er geht nicht aus, gönnt sich keine Abwechslung (habe ich von den Kindern gehört, die ihn natürlich besuchen, wenn sie nach Hause kommen).
Ich würde mich für ihn freuen, wenn er jemanden kennenlernt. Allein, das passiert einfach nicht.
Ich habe den Verdacht, dass er mich mit seiner Passivität ärgern will. Die hat etwas Anklagendes, so nach dem Motto: Du hast mich verlassen und hast deinen Spaß, und mir bleibt nichts außer der Arbeit.
Vielleicht bin ich jetzt ungerecht, denn er war schon immer häuslich. Und natürlich hat er das nicht wörtlich gesagt, aber bei den wenigen Gelegenheiten, bei denen wir uns seit unserer Scheidung begegnet sind, spricht sein Blick Bände. Und der Blick sagt immer das Gleiche und spricht von meiner Schuld.
Mich ärgert das maßlos, denn zu einer gescheiterten Ehe gehören immer zwei (meine ich). Mir hat es gut getan, eigene Wege zu gehen, und ich bin sicher, das Leben hat auch ihm viel zu bieten.
Ich frage mich, wieso ich mich nach all den Jahren immer noch so sehr an seinem vorwurfsvollen Blick störe. Meine Baustelle ist das doch nicht mehr! Aber wenn ich ehrlich bin, also wirklich ganz ehrlich zu mir selbst, dann muss ich sagen: Ja, ich habe ein schlechtes Gewissen. Mir geht es nämlich richtig gut, und wenn es auch ihm richtig gut ginge, dann wäre doch für uns beide alles in Ordnung.
Deshalb die Idee mit der Kontaktanzeige, die er, sparsam und verantwortungsbewusst wie er ist, nie selbst aufgeben würde.
Ich rufe meine beste Freundin Marie an, um ihr von meiner tollen Aktion zu berichten.
„Was hast du gemacht?“ Ihre Stimme klingt entgeistert.
Obwohl ich denke, dass ich das Richtige getan habe, bin ich jetzt ein bisschen verunsichert.
„Sag mal, Ricarda, was denkst du dir eigentlich dabei? Ist doch ein bisschen viel Einmischung in Holgers Leben, meinst du nicht?“
Obwohl ich dachte, dass ich das Richtige getan habe, bin ich jetzt sehr verunsichert. Ich muss schwer schlucken.
„Na ja“, sage ich. „Stimmt schon, aber… Du weißt doch, wie schlecht er immer in die Hufe kommt… Also, ich glaube, die Idee war gut.“
Читать дальше