Schultze Nein.
Götzl Haben Sie etwas getan, damit die von Ihnen gelieferte Waffe nicht zum Einsatz kommt?
Schultze Habe ich nicht.
Götzl Warum haben Sie erst jetzt über die Taschenlampe gesprochen und das seltsame Gespräch mit Böhnhardt und Mundlos?
Schultze Ich hab das weggeschoben und mich nicht mehr damit beschäftigt.
Götzl Noch mal zu der Taschenlampe. Sie sagten, den Knopf der Taschenlampe haben Sie mit einem Zünder assoziiert. Wie kommen Sie darauf?
Schultze Was ist an einer Taschenlampe anderes dran? Warum stellt man so was in einen Laden? Darüber habe ich nachgedacht.
Götzl Gibt es weitere Informationen, die Sie uns nicht gegeben haben?
Schultze (fast flehentlich) Nein. Ich habe gestern alles auf den Tisch gepackt.
Götzl Was waren Ihre Motive, dass Sie diesen Punkt verschwiegen haben?
Schultze Ich wollte mich schützen und meine Freunde, die große Stücke auf mich halten. Ich wollte auch den Herrn Wohlleben schützen. Ich dachte, ich nehme den Kindern den Vater.
Verteidiger Stahl Ich beanstande die Fragestellung. Es ist nun das vierte Mal die gleiche Frage. Carsten Schultze hat sie viermal gleich beantwortet.
Götzl Was wissen Sie über Herrn Wohlleben? Über sein Leben?
Schultze Er hat mir seine Kinder vorgestellt. Er ist verheiratet. Früher war ich oft bei ihm eingeladen.
Götzl Wie ist Ihr Verhältnis heute zu ihm?
Schultze Ich habe kein Verhältnis mehr zu ihm.
Götzl Erzählen Sie uns ein wenig von Ihrer Familie. Wie hat sie auf Ihren Werdegang reagiert?
Schultze Meine Mutter wusste von meiner Begeisterung für das Dritte Reich. Sie war dagegen, es gab immer wieder Konflikte. Dann bin ich in mein Zimmer gegangen und habe laute Rechtsmusik gehört. Mein Vater hat mir verboten, Springerstiefel zu kaufen. Als ich trotzdem mit einem Paar nach Hause kam, musste ich sie wieder in den Laden zurückbringen. Meine Eltern haben aber immer zu mir gehalten, auch nachdem ich kurz im Gefängnis war. Das hat was ausgelöst bei mir.
Oberstaatsanwalt Weingarten Wann haben Sie Ihren Fachhochschulabschluss gemacht?
Schultze Von 2003 bis 2007.
Oberstaatsanwalt Weingarten Wann haben Sie Ihre Psychotherapie absolviert?
Schultze Das war 2010 und hat eineinhalb Jahre gedauert.
Oberstaatsanwalt Weingarten Welches Verhältnis hatten Sie zum historischen Nationalsozialismus?
Schultze Ich hab das glorifiziert.
Oberstaatsanwalt Weingarten Wie war Ihre Haltung zum Völkermord an den Juden? (Schultze gibt eine ausweichende Antwort.) Herr Schultze, jetzt reden Sie mal Tacheles!
Schultze Ich habe daran geglaubt, dass es den nicht gegeben hat. Damit lebt es sich einfacher.
Oberstaatsanwalt Weingarten Waren Ausländer für Sie gleichwertige Menschen?
Schultze Afrika für Affen, Europa für Weiße, das haben wir gesungen. Das bedeutete nicht, dass ich wollte, dass den Ausländern was passiert.
Oberstaatsanwalt Weingarten Waren Ihnen Türken ein besonderer Dorn im Auge?
Schultze Da hab ich nichts in Erinnerung. Wir waren generell der Ansicht: Das Boot ist voll.
Oberstaatsanwalt Weingarten Das bezog sich auch auf Dänen, Schweden, Holländer?
Schultze Es bezog sich auf Multikulti, also auf westdeutsche Verhältnisse.
Oberstaatsanwalt Weingarten Was hat Sie an Multikulti gestört?
Schultze Es ist schwer, sich da wieder reinzuversetzen. Die Hautfarbe hat sicher eine Rolle gespielt.
Oberstaatsanwalt Weingarten Sie waren bei Solidaritätskundgebungen für Rudolf Heß. Warum?
Schultze In der rechten Szene sind wir davon ausgegangen, dass er ein Friedensflieger war und 46 Jahre unschuldig in Haft saß. Es gab mal eine Aktionswoche, das war spannend.
13. Juni 2013
Manfred Götzl, Richter. Carsten Schultze, Angeklagter. Anja Sturm, Verteidigerin von Beate Zschäpe. Olaf Klemke, Verteidiger von Ralf Wohlleben. Jacob Hösl, Verteidiger von Carsten Schultze. Mehmet Daimagüler, Philipp Götze, Gül Pinar, Jens Rabe, Andreas Thiel, Angela Wierig, Anwälte der Nebenklage.
Götzl (an die Verteidiger von Ralf Wohlleben) Haben Sie Fragen an Herrn Schultze?
Verteidiger Hösl (an die Verteidiger von Wohlleben) Mein Mandant wird Fragen von Ihrer Seite nur beantworten, nachdem sich Herr Wohlleben selbst geäußert hat. Sonst werden keine Fragen dieser Seite beantwortet.
Verteidiger Klemke Ich fasse es nicht. Das lehnen wir natürlich ab. Wir lassen uns nicht erpressen.
Verteidiger Hösl Wir hätten aber auch eine Menge Fragen an Herrn Wohlleben.
Anwältin Pinar Warum möchten Sie Fragen von der Seite Wohlleben nicht zulassen?
Schultze Ich habe von denen mal was von Waffengleichheit gehört. Und ich möchte, dass hier nicht nur ich mich nackig mache, sondern er auch.
Anwalt Rabe Wo wurde die Waffe übergeben, was für ein Café soll das gewesen sein? In welchem Kaufhaus?
Schultze Ein Kaufhaus mit einem Café mit drinnen. Das hab ich noch in Erinnerung.
Anwalt Rabe Gibt’s da mehrere?
Schultze Ich war nur selten in Chemnitz, kenn mich da nicht aus.
Anwalt Rabe Sie haben mal von der Galeria Kaufhof gesprochen.
Schultze Ich erinnere mich nicht genau an eine Galeria Kaufhof. Da ist nur dieses Gefühl. Ich kenne eine Galeria von Düsseldorf her.
Anwalt Thiel Hatten Sie nach der Waffenübergabe Skrupel? Sie haben gesagt, Sie hätten die schlechten Gefühle schnell weggepackt. Wie darf ich das verstehen?
Schultze Aus der Erinnerung kann ich nur sagen, dass es die Gedanken gab, und dass sie dann wieder fort waren.
Anwalt Thiel Aber Sie hatten ein ungutes Gefühl?
Schultze Ja.
Anwalt Thiel Gab es nicht mal den Gedanken, es anzuzeigen oder sich zu offenbaren?
Schultze Leider nicht.
Anwalt Thiel Es hat ja öffentliche Fahndungsmaßnahmen gegeben nach der Česká-Waffe. Wann haben Sie zum ersten Mal zur Kenntnis genommen, dass es die Verknüpfung zwischen den Mordtaten und der Česká-Waffe gab?
Schultze Im Spiegel TV-Bericht ungefähr eine Woche nach Auffliegen des NSU im Jahr 2011.
Anwalt Thiel Und zu einem früheren Zeitpunkt?
Schultze Leider nicht.
Anwalt Götze Sie hatten berichtet, Ralf Wohlleben habe Ihnen mal erzählt, die drei hätten jemanden angeschossen. Und Sie hätten gedacht, hoffentlich sei das nicht mit der Waffe passiert, die Sie überbracht haben. Warum haben Sie sich solche Sorgen nicht schon gemacht, als Sie die Pistole in Chemnitz übergeben haben?
Schultze Ich denke mal, dass das eine neue Information für mich war. Ich traute denen so etwas nicht zu – und dann passiert das. Einmal denke ich, da wird nix passieren. Und dann höre ich, da ist was passiert.
Anwalt Götze Wie erklären Sie sich, dass Sie nicht zur Polizei gegangen sind?
Schultze Dass es aus Versehen passiert ist mit dem Anschießen. Ich hab da im Kopf: Die Idioten, das machen die nicht noch mal.
Anwalt Götze Sie haben von Geld berichtet, das Sie von dem Trio bekommen haben, und Sie haben das mit Überfällen in Verbindung gebracht. Das hat doch bedeutet, dass die Untergetauchten auch ohne Ihre Hilfe auskamen …
Schultze Ja, ich habe mich da verarscht gefühlt. Auch weil die Uwes sagten, sie haben bereits Waffen.
Anwältin Wierig Meine Mandantin würde gerne mehr wissen über die damaligen Strukturen. Sie waren in Therapie, ich hoffe, dass wir hier nichts kaputt machen, was Sie sich erarbeitet haben. Bisher haben Sie nur gesagt, Sie hätten Lieder gesungen und Unterschriften gesammelt. Das allein kann es ja nicht gewesen sein?
Schultze Das ist eine riesige Frage. Die Hierarchien fallen mir da ein, von Tino Brandt ging es nach unten.
Anwältin Wierig Mir geht es weniger um die Personen, mehr um die Inhalte. Was waren denn das für Thesen in den Papieren? Wie waren Ihre Vorstellungen?
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