Gruppendynamischer Prozeß
Ein Schlüssel zum besseren Verständnis sozialer Konflikte in Familie, Schule, Betrieb und Politik
© 2020 by R. G. Fischer Verlag
Orber Str. 30, D-60386 Frankfurt/Main
Alle Rechte vorbehalten
ISBN 978-3-8301-1854-1 EPUB
Dem kurdischen Volk gewidmet, das in vier Teile zerrissen unbeirrt um seine Identität kämpft
EINLEITUNG EINLEITUNG Alle Menschen leben in Gruppen, sei es im Freundeskreis, in der Familie, unter Bekannten, mit Kindern, im Urlaub und bei der Arbeit. Die Berufstätigen arbeiten in Teams, die Lehrer unterrichten in Klassen, und die Politiker politisieren in Parteien. Das gilt für Menschen in Ost und West, für Schwarze in Afrika, Rote in Amerika oder weiße, gelbe und dunkle Menschen in der Welt. Überall gelten die gleichen gruppendynamischen Regeln, daß Menschen untereinander Gruppen bilden, miteinander in Beziehung treten, leben und gemeinsam eine Arbeit verrichten. Zwar ist die Kenntnis über Gruppendynamik weit verbreitet, die Theorie entwickelt, und trotzdem wissen die Beteiligten, die von Montag bis Sonntag, von morgens bis abends in Gruppen leben und arbeiten, von vielem viel und von Gruppendynamik wenig. Ist es nicht sonderbar, daß deren Wissen gerade da aufhört, wo sie am stärksten betroffen sind, und ist es nicht fahrlässig, Familien zu gründen, Kinder zu zeugen, Schüler zu unterrichten, Betriebe zu leiten und Politik zu machen, ohne zu wissen, wie sich die Menschen in Gruppen verhalten, ohne gründliche Kenntnis der naturgegebenen gruppendynamischen Gesetzmäßigkeiten? Mit diesem Buch möchte ich zum Nachdenken anregen. Es soll einen Diskussionsbeitrag leisten und handelt von der Gruppendynamik bzw. deren Bedeutung für das Zusammenleben der Menschen in großen und kleinen Gruppen. Ich beschreibe sowohl die Dynamik der Gruppen als auch deren Spuren in den Köpfen der Menschen. Kurzum Phänomene, die erfahrbar und benennbar sind, die aus der Erfahrung gesichert sind, für die aber noch kaum naturwissenschaftlich exakte Erfassungsmethoden zur Verfügung stehen (LANGTHALER 1995). Das Buch richtet sich in erster Linie an Menschen, die sich für die Gruppendynamik allgemein, für gruppendynamische Vorgänge in der Schule, in den Betrieben und in der Politik speziell und für deren Hineinwirken in die menschliche Psyche im besonderen interessieren. Es wendet sich an Lehrer, Psychologen, Betriebsberater, Psychotherapeuten, Ärzte, Sozialarbeiter, Sozialpädagogen, Erwachsenenbildner usw. oder allgemein an Personen, die sich mit deren Gesetzmäßigkeiten in einem vertieften Zusammenhang auseinandersetzen wollen. In dieser Hinsicht besteht meine Absicht auch darin, kritische Fragen zu stellen, unorthodoxe Antworten zu geben, die Pädagogik aus einer neuen Perspektive zu beleuchten und dem Denken in gruppendynamischen Kategorien einen Weg zu ebnen. Ich verfolgte die konzeptionelle Idee, das Thema "Gruppendynamik", ausgehend von einer breiten Erfahrungsbasis, im Verlauf des Textes mehr und mehr theoretisch zu vertiefen.
I.TEIL:Soziale Institutionen sind gruppendynamische Ereignisfelder I. TEIL SOZIALE INSTITUTIONEN SIND GRUPPENDYNAMISCHE EREIGNISFELDER Das erste Beispiel, das in das "Gruppendynamische Denken" einführen soll, stammt aus dem Bereich "Schule", weil diese im Brennpunkt zahlreicher gesellschaftlicher Wirkfaktoren steht und weil sie selber ein komplexes gruppendynamisches Feld darstellt. Die Schulklasse ist eine Gruppe, die in besonderer Weise nach gruppendynamischen Regeln funktioniert. Während meiner Tätigkeit am Lehrstuhl für "Pädagogik und pädagogische Soziologie" der Technischen Universität München erzählte mir ein Kollege und Freund, der neben seiner wissenschaftlichen Arbeit am Lehrstuhl an einer ländlichen Berufsaufbauschule (BAS) das Fach Englisch unterrichtete, von den Schwierigkeiten mit seiner Klasse. Hier sein Bericht:
1.1Die Entmachtung des Lehrers (1. Teil: Die Entwicklung des Konflikts)
1.2Die innere Struktur von Gruppen
1.3Wechselwirkung zwischen der Gruppenstruktur einer Schulklasse und dem Schülerverhalten
1.4Wie kann der Gruppendynamiker helfen?
1.5Wie gehen wir mit lange zurückliegenden ungelösten Problemen in Gruppen um?
1.6Die Gruppe im Spannungsfeld gesamtgesellschaftlicher Kräfte
1.7Der Gegensatz zwischen der "formellen" und "informellen" Gruppendynamik
1.8Wie können gruppendynamisch bedingte Katastrophen vermieden werden?
1.9Welche Gruppenstrukturen sind leistungsfähiger, die "formellen (Macht-) Strukturen" oder die "informellen (Beziehungs-)Strukturen"?
1.10Lassen sich die gruppendynamischen Gesetzmäßigkeiten kleiner Gruppen auch auf große bzw. größte Gruppen übertragen?
1.11Warum kommt es zu schweren politischen Krisen?
1.12Die wechselvolle Geschichte des russischen Staates
1.13Warum haben die USA den Vietnamkrieg verloren?
1.14Wohin führt die europäische Einigung?
1.15Überleitung
II.Teil:Der gruppendynamische Prozeß
2.1In zehn Tagen ins Paradies
Die Angst vor den Mitmenschen
Idealisierung und Vergöttlichung
Loslassen, um sich einzulassen
Vertrauensfrage
Erster Kontakt
Gruppendepression als Widerstand
Aggressive Auseinandersetzung mit den Leitern
Entscheidungskampf
Halbzeit
Entstehung einer Kerngruppe
Abgrenzung zur Psychotherapie
Integration der Außenseiter
Schließen der Gruppengrenze
Identität
Explodierende Kreativität
Trennung
2.2Lassen sich "Gott" und das religiöse Verhalten gruppendynamisch interpretieren?
2.3Von der Dynamik der Kleingruppe zur Politik der Völkergemeinschaften
Gründung und Staatsvertrag
"Vergöttlichung" oder Absolutismus
Bildung von ersten Untergruppen
Vertrauensfrage
Depressive Reaktion
Auseinandersetzung mit den Herrschenden
Entscheidungskampf
Integration der Außenseiter
Identität und Integrität
Trennung
2.4Die UNO als Parlament der internationalen Staatengemeinschaft
2.5Relativität ethischer Werte
2.6Die Entmachtung des Lehrers (2. Teil: Die Lösung des Konflikts)
III.Teil:AUFBAU UND VERÄNDERUNG DER PSYCHODYNAMIK (der sog . "Gruppendynamik im Kopf")
3.1Aufbau der "psychischen Strukturen" in der Kindheit
Erleben eines existentiellen Lebensraums
Erlebnis der Akzeptanz der einmaligen und unverwechselbaren Individualität
Erfahrung des Respekts vor der Eigengesetzlichkeit des Wachstumsvorgangs
Aushalten von Risiko und Schmerz
Hautkontakt und Körperwahrnehmung als Motor des Entwicklungsprozesses
Erlaubnis zur guten Symbiose
Ausdruck des Trotzes und Aufbau der Ich-Grenze
Entfaltung der Persönlichkeit
Integration in die Familiengruppe
Auseinandersetzung mit der Geschlechterrolle
Bildung und Ausbildung
Offenheit für intuitive Wahrnehmung und weltanschauliche Orientierung
Ablösung von den Eltern und Trennungsarbeit
3.2Beispiele von "Ich-Strukturen"
3.3Versuch einer bildhaften Darstellung der Genese schwerer Ich-Krankheiten
3.4Korrektur psychischer Strukturen
SCHLUSSWORT
LITERATUR
Alle Menschen leben in Gruppen, sei es im Freundeskreis, in der Familie, unter Bekannten, mit Kindern, im Urlaub und bei der Arbeit. Die Berufstätigen arbeiten in Teams, die Lehrer unterrichten in Klassen, und die Politiker politisieren in Parteien. Das gilt für Menschen in Ost und West, für Schwarze in Afrika, Rote in Amerika oder weiße, gelbe und dunkle Menschen in der Welt. Überall gelten die gleichen gruppendynamischen Regeln, daß Menschen untereinander Gruppen bilden, miteinander in Beziehung treten, leben und gemeinsam eine Arbeit verrichten. Zwar ist die Kenntnis über Gruppendynamik weit verbreitet, die Theorie entwickelt, und trotzdem wissen die Beteiligten, die von Montag bis Sonntag, von morgens bis abends in Gruppen leben und arbeiten, von vielem viel und von Gruppendynamik wenig.
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