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Queerfeminismus
Die Vorstellung, es gäbe nur zwei Geschlechter, die man klar voneinander abgrenzen könne, nennt man Geschlechterdichotomie . Das würde heißen, dass es klare Merkmale der Identität, des Körpers und des sexuellen Begehrens gäbe, die in zwei Geschlechter teilbar wären.
In der Vorstellung einer Geschlechterdichotomie gibt es spezielle Rollenerwartungen an beide Geschlechter. Sie müssen in allen drei Dimensionen, also Identität, Körper und Begehren, den Rollenerwartungen des Geschlechts entsprechen, das ihnen zugewiesen wurde.
Eine Trans-Person kann sich nicht mit dem Geschlecht, das ihr bei der Geburt zugewiesen wurde, identifizieren. Manche Transpersonen nehmen Veränderungen an ihrem Körper vor, um sich besser mit diesem identifizieren zu können und damit dieser von anderen richtig identifiziert wird.
Eine Cis-Person hingegen kann sich mit dem Geschlecht, das ihr bei der Geburt zugewiesen wurde, identifizieren.
Im Queerfeminismus geht man davon aus, dass Geschlecht durch Handlungen hergestellt wird, eine Geschlechterdichotomie also nicht »von Natur aus« existiert. Besonders seit den 90er-Jahren beschäftigen sich Wissenschaftler*innen wie z. B. Judith Butler damit, wie Geschlecht hergestellt wird.
Wie viel von deiner Zeit nimmt denn die Gestaltung des Blogs und der Zines in Anspruch?
2016, 2017 hatte ich eigentlich kaum Freizeit. Da habe ich mich direkt nach der Arbeit hingesetzt, geschrieben, mit Menschen Kontakt aufgenommen, E-Mails bearbeitet und saß dann bis abends oder nachts am PC. Mein Hobby hatte sich zu Arbeit entwickelt. Aber es gibt natürlich auch Ruhephasen, wo ich dann mal zwei Monate lang meine Ruhe habe. Dann gibts aber auch Phasen wie beim Festival-Sommer, da bin ich dann wirklich fast jedes Wochenende unterwegs in ganz Europa. Ich habe 2017, 2018 angefangen, ganz viele Leute zu treffen und zu filmen, wie sie ihre Kunst machen. Vielleicht werde ich irgendwann mal was Großes daraus schneiden.
Was hat es mit dem Namen femtrail auf sich?
Der Name entspricht meiner Wut von damals. Das war auf das Thema bezogen, mit dem ich mich befasst habe. Da ging es viel um Verschwörungstheorien mit ganz viel Antisemitismus, Chemtrails und so was. Ich habe dann mit einem Freund rumgewitzelt, dass ich meinen Blog femtrail nenne. Das ist dann die Kontrolle der Frauen von oben, die sich da Macht holen. Ich habe einfach versucht, mit dem Wort ein bisschen zu spielen. Das kam auch ganz gut an und bis heute versuchen Menschen den zu klauen. Das hätte ich so nicht gedacht. Aber es ist einfach was Provokantes. Das sehen dann die Rechten und ärgern sich: Oh man, die blöden Frauen schon wieder!
Das ist dann die Kontrolle der Frauen von oben, die sich da Macht holen.
Du fährst oft in Europa herum. Ist dein Blog deswegen auch auf verschiedenen Sprachen?
Genau. Ich habe ab der zweiten oder dritten Ausgabe versucht, alles auf Englisch zu machen. Ich hatte dann auch Personen, die mir alles übersetzt haben, oder habe auch mal selber übersetzt. Ich habe dann ganz schnell einen Onlineshop eingerichtet, wie mir von Leuten angeraten wurde, und dann kamen so viele Bestellungen aus den Niederlanden oder aus Frankreich, wo ich dann ein ganz schlechtes Gewissen hatte, dass die das nicht lesen können. Ganz am Anfang war die Reichweite tatsächlich sehr weit verteilt im Ausland anstatt in Deutschland, obwohl das gar nicht meine Zielgruppe war. Aber ich fand es dann gar nicht so schlecht, dass das überall so gut ankommt. Mittlerweile wird es aber in Deutschland auch bestens verkauft. Ich habe auch schon in die USA verschicken können. Ich bin schon sehr glücklich, dass das so eine Reichweite bekommen hat.
Was ist denn deine Zielgruppe, wer liest deinen Blog oder deine Zines?
Ich habe mich schon darum bemüht, das mal rauszufinden. Online kann man das ja auch ganz gut einsehen. Nach dem, was ich auf Veranstaltungen mitbekommen habe, sind das meistens Menschen von 16 bis 30, die meistens auch in der Musik aktiv sind oder in der alternativen Szene. Es sind fast ausschließlich Frauen und Transpersonen. Wenige Männer! Wenn, dann vereinzelt Transmänner. Ich glaube, das liegt daran, dass viele Beiträge von Personen sind, die nicht viel Relevanz haben im männlichen Umfeld. Ich habe dann versucht, mehr Beiträge von bekannteren Personen reinzubringen oder Personen, die für Männer mehr Relevanz haben. Das hat teilweise auch geklappt, dass dann mehr Männer dazukamen, aber viele tun sich immer noch schwer, das ernst zu nehmen.
Was sind das für Leute, die dir Beiträge schicken?
Es kommt auf die Ausgabe drauf an. Am Anfang waren es noch unterschiedliche Leute aus jeder Ecke. Mittlerweile sind da viel mehr musik- und kunstrelevante Themen drin, z. B. viele Graffiti-, Hip-Hop- und Punk-Sachen, das heißt, es sind dann auch Personen aus dieser Bubble.
Wie entscheidest du, welche Beiträge du veröffentlichst und welche nicht?
Ich habe selten Texte inhaltlich abgelehnt. Im Einzelfall gabs schon Texte, die so oberflächlich geschrieben waren, dass ich sie nicht mit gutem Gewissen teilen konnte. Ich sage dann nicht einfach, dass das nicht geht, sondern versuche, darüber mit den Personen zu reden. Ich erkläre dann auch, wo das Problem war, z. B. gab es Fälle, wo Wording benutzt wurde wie »biologische Frau« oder »Frau*«, die ich in meinem Sprachgebrauch nicht benutzen möchte. Ich lege denen dann ans Herz, das noch mal zu reflektieren.
Gerätst du dann manchmal in Konflikte mit den Leuten?
Seltener mit meiner Community, aber ich habe schon viele, viele, viele Hassnachrichten bekommen. Da kamen viele Meninists, viele Männerrechtsbewegungen und rechte Menschen, die mir geschrieben haben. Die schreiben mir dann klischeehafte Sachen wie: »Deine Zines zerstören die Geschlechterrollen!«, oder dass ich mich aufspielen würde, was ich alles kaputt machen würde. Teilweise kommen auch Drohnachrichten, aber die konnte ich schnell löschen, blockieren und dann auch schnell vergessen.
Ich habe schon viele, viele, viele Hassnachrichten bekommen.
»Deine Zines zerstören die Geschlechterrollen!«
Wie gehst du mit solchen Hassnachrichten um?
Am Anfang war das noch schlimmer für mich als heute, da war ich ja auch noch ein bisschen jünger. Jetzt mache ich das ja schon sechs Jahre. Ich habe mich daran gewöhnt, aber es ist auch besser geworden dadurch, dass meine Community größer geworden ist. Eigentlich ist es traurig, dass man sich so auf seine Bubble verlassen muss, aber es ist auch gut, dass sie mir den Rücken stärken.
Was hat dir geholfen, trotzdem weiterzumachen, besonders am Anfang?
Das war wirklich der Zuspruch. Ich habe sehr viele Erfolge erzielt. 2017 habe ich drei Workshops geleitet, wie man Zines macht. Da habe ich so viel Liebe bekommen und Zuspruch, dass das, was ich mache, gut und wichtig ist. Auch wenn es nur mein kleines Zine ist, mein kleines DIY-Projekt, ist es doch relevant und macht mir Spaß. Das hat mich immer weiter motiviert.
Denkst du, Queerfeminismus ist eher eine Sache, die besonders junge Menschen bewegt?
Ja, absolut. Die meisten Leute, die mitgemacht haben, waren jünger. Das waren Leute, die sich noch nicht sicher waren oder sich gerade noch so wie ich in einer Selbstfindungsphase befinden. Als ich noch in Stuttgart gewohnt habe, habe ich auch ganz viele Leute kennengelernt, die schon 40 plus waren und gesagt haben: »Hey, das ist voll cool, was du da machst!«, aber es waren nie Personen, die selbst mitgemacht, sondern das eher im Hintergrund unterstützt haben. Die, die mitgemacht haben, waren eher jüngere Leute, die einen Anker gesucht haben, um auch in diese Bubble reinzukommen. Femtrail hat auf jeden Fall eine schöne Community erzeugt.
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