Auf politischer Ebene existieren vielfältige Richtlinien durch Gesetzgebungen. Im Mai 2003 haben die WHO-Mitgliedstaaten gesundheitspolitisch »Geschichte geschrieben« durch die Annahme des WHO-Rahmenübereinkommens über Tabakkontrolle, der Framework Convention on Tobacco Control (FCTC)– der erste Vertrag speziell im Zusammenhang mit der öffentlichen Gesundheit. Heute sind 181 Parteien Unterzeichner, und das FCTC ist damit eines der am weitesten verbreiteten Instrumente der Vereinten Nationen (WHO 2003).
Ziele bis 2030 sind die Reduktion vorzeitiger Sterblichkeit durch nicht übertragbare Krankheiten um ein Drittel und die Stärkung der Umsetzung der FCTC.
Die australische Regierung hat beispielsweise 2012 veranlasst, dass Hersteller in Australien nur noch olivgrüne Einheitsverpackungen – bedruckt mit den bereits üblichen Schockfotos und Warnhinweisen – in den Handel bringen dürfen. Auf Logos oder Schriftzüge wird dabei verzichtet; Schriftart, Schriftgröße und Packungsgrundlage werden vereinheitlicht.
In Großbritannien haben die Einführung von Einheitsverpackungen und die Mindestabgabe die Zigarettenverkäufe deutlich gesenkt. Seit 2017 hat Großbritannien komplett auf Einheitsverpackungen umgestellt. Zu diesem Zeitraum trat auch eine Mindeststeuer in Kraft, die es den Verkaufsstellen erschwert, die Zigarettenpreise zu drücken. Diese kombinierten Maßnahmen reduzierten den Absatz von Tabakprodukten deutlich.
Den Nutzen von Plain Packing, also Einheitsverpackungen, erkennen immer mehr Länder und lassen es zu: Irland, Frankreich, Kanada, Neuseeland, Norwegen, Slowenien, Türkei, Niederlande.
Tabakwerbeverbote müssen umfassend sein, wenn sie wirken sollen.
Die Weltgesundheitsorganisation (WHO) hat in ihrer Rahmenkonvention der Tabakkontrolle (FCTC) Grundsätze festgelegt für die Tabakprävention. Kinder und Jugendliche sollen nicht mehr zum Tabakkonsum angeworben werden. Promotion, Werbung und Sponsoring für Tabakwaren sowie zur Erhältlichkeit von Tabakwaren sind dort geregelt.
Merke: Die Tabakindustrie ist ein weltweiter Wirtschaftszweig mit einer vielfältigen Werbung, die sich gezielt an verschiedene Konsumentengruppen richtet, vor allem an Jugendliche und Neueinsteigende. Die größten wirtschaftlichen Kosten beim Tabak verursachen die Behandlungen von tabakbedingten Krankheiten. Auf politischer Ebene existieren vielfältige Richtlinien durch Gesetzgebungen, die die Denormalisierung des Rauchens und den Rauchstopp fördern.
1.3 Gesellschaftliche Aspekte
1.3.1 Passivrauchen
Das Wissen über schädliche Folgen des Passivrauchens ist in der Bevölkerung bekannt, dessen Schädlichkeit wird von Raucherinnen und Rauchern jedoch weniger hoch eingeschätzt als von nicht rauchenden Personen.
Der Anteil Personen, die dem Passivrauchen ausgesetzt waren, konnte in den letzten Jahren durch neue gesetzliche Regelungen in den einzelnen Ländern reduziert werden. Personen, die regelmäßig Tabakrauch ausgesetzt sind, haben ein erhöhtes Risiko für Krebserkrankungen, Schlaganfall und akute koronare Herzerkrankungen. Der passiv aufgenommene Rauch gleicht dem aktiv inhalierten Tabakrauch. Partikel des Tabakfeinstaubs lagern sich an Wänden, Textilfasern (z. B. Vorhängen) und Einrichtungsgegenständen ab und werden von dort wieder in die Raumluft abgegeben.
Kinder in Raucherhaushalten sind durch Passivrauchen besonders gefährdet, da sie eine höhere Atemfrequenz und ein weniger effizientes Entgiftungssystem haben als Erwachsene. Wenn ihre Eltern rauchen, leiden sie vermehrt unter Mittelohrentzündungen und Atemwegserkrankungen wie Bronchitis und Lungenentzündung. In Autos, in denen geraucht wird, sind Kinder den giftigen und krebserzeugenden Substanzen des Tabakrauchs schutzlos ausgesetzt. Daher bedeutet Passivrauchen im Auto für Kinder eine vermeidbare Gesundheitsgefahr.
Auch E-Zigaretten und Tabakerhitzer belasten den Fahrzeugraum mit lungengängigen Partikeln und Nikotin.
Die schädigenden Auswirkungen des Passivrauchs wurden lange von der Tabakindustrie verharmlost und wissenschaftliche Erkenntnisse wurden manipuliert. Ein typisches Beispiel dazu ist die »Rylander-Affäre« von 2003, die eine Unterwanderung der Wissenschaft durch die Tabakindustrie aufzeigte und eindrücklich im Buch »Vernebelung - Wie die Tabakindustrie die Wissenschaft kauft« dargestellt wird.
»Die Journalisten Sophie Malka und Marco Gregori beleuchten in diesem Buch die Hintergründe eines berühmt gewordenen Falles von Wissenschaftsbetrug. So kollaborierte Ragnar Rylander, Professor der Medizin an den Universitäten Göteborg und Genf, während über 30 Jahren mit Philip Morris. Er organisierte pseudowissenschaftliche Symposien und publizierte Studien, welche die Schädlichkeit insbesondere des Passivrauchens leugneten. Die Autoren zeigen, wie die Rylander-Affäre schließlich aufflog und die höchsten juristischen Instanzen beschäftigte: ein Skandal, aber nur die Spitze des Eisbergs« (Umschlagtext »Vernebelung – Wie die Tabakindustrie die Wissenschaft kauft« Malka und Gregori 2008).
Merke: Passivrauch ist ebenso wie Tabakrauch gesundheitsschädigend und trägt ebenso durch die Folgen des Tabakkonsums zur Krankheitslast der Bevölkerung bei.
1.4 Technologische Aspekte
Die in kurzer Zeit immer komplexer werdende Thematik der elektronischen Zigaretten, des »Dampfens« und anderer, moderne Technologie einsetzender Applikationsmethoden ist beachtlich. Daher wird dieses Zukunftsthema hier kursorisch und orientierend angesprochen.
In den nächsten Jahren werden weitere Fortschritte in der Angebotspalette, in den gesundheitspolitischen Regelungen, aber auch in den wissenschaftlichen Erkenntnissen über die Schädigungsmuster (und gegebenenfalls über den potenziellen Nutzen) deutlich werden.
Der technische Fortschritt bringt einige Änderungen mit sich. Zum einen erweitern sich die Arten, wie Tabak konsumiert werden kann, durch das Aufkommen von E-Zigaretten, E-Shishas, E-Pens und Vaporizern. Es entstehen durch den technologischen Fortschritt neue Möglichkeiten für die Vermarktung und den Vertrieb von Tabakgütern. Eine wichtige Rolle spielen dabei die sozialen Medien, auf denen die Tabakunternehmen selbst aktiv sind. Vor allem profitieren die Tabakunternehmen vom Einsatz von Influencerinnen und Influencern sowie vom Engagement normaler Social-Media-Nutzender. Sämtliche Tabakprodukte können zwischenzeitlich online bestellt werden.
E-Zigaretten und andere Produkte werden als »Einsteigerprodukte« vermarktet. In den letzten Jahren hat die Tabakindustrie (und andere nicht-Tabak-kommerzielle Akteure der Herstellung von E-Zigaretten) eine breite Palette von Produkten eingeführt. Die Mehrheit davon simuliert den Akt des Rauchens, während normalerweise Nikotin abgegeben wird.
Derzeit gibt es drei große Kategorien dieser Produkte:
1. Beheizte Tabakerzeugnisse (Heated Tobacco Products/HTPs) sind Tabakerzeugnisse, die Aerosole produzieren und Nikotin und giftige Chemikalien enthalten. Diese Aerosole werden von Benutzerinnen und Benutzern während des Saugprozesses aufgenommen (Beispiel: iQOS von Philip Morris International, Ploom TECH von Japan Tobacco International, Glo von British American Tobacco und PAX von PAX Labs). HTPs sind keine E-Zigaretten. HTPs erhitzen Tabak, um Nikotin zu erzeugen. E-Zigaretten erhitzen E-Flüssigkeit, die Nikotin enthalten kann oder nicht, und in den meisten Fällen enthalten diese keinen Tabak.
2. Elektronische Nikotinabgabesysteme (Electronic Nicotine Delivery Systems/ENDS), auch elektronische Zigaretten, E-Zigaretten, Vaping genannt, sind Geräte, in der eine Flüssigkeit erwärmt wird. Es entsteht ein Aerosol, das mit der Luft eingeatmet wird. Die Flüssigkeit enthält Nikotin (aber keinen Tabak) und andere Chemikalien, die für den Menschen giftig sein können.
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