Die Revolution von 1848 Die Revolution von 1848 Anfang 1848 löst die Februarrevolution in Frankreich einen politischen Flächenbrand aus, der fast den gesamten europäischen Kontinent erfasst. Der revolutionäre Funke springt auch auf die Staaten des Deutschen Bundes über, wo die national-liberale Bewegung trotz aller Unterdrückungsversuche lebendig geblieben ist. Es kommt zur Erhebung der bürgerlich-demokratischen und nationalen Kräfte gegen die monarchisch-konservativen Regierungen im Deutschen Bund. Am 18. Mai 1848 tritt in der Frankfurter Paulskirche mit der Nationalversammlung das erste frei gewählte gesamtdeutsche Parlament zusammen. Es soll über eine freiheitliche Verfassung für einen zu schaffenden deutschen Nationalstaat beraten. Nach dem Willen der Parlamentarier soll der Deutsche Bund als Fürstengemeinschaft durch ein neu zu gründendes Deutsches Reich ersetzt werden. Im Juni löst sich die Bundesversammlung des Deutschen Bundes auf. Zugleich schafft die Frankfurter Nationalversammlung die sogenannte »Zentralgewalt« als provisorische Reichsregierung. Doch das Vorhaben einer nationalen Einigung scheitert letztlich an der politischen Spaltung der Abgeordneten und am Widerstand der deutschen Fürsten.
Die Schleswig-Holsteinische Erhebung Die schleswig-holsteinische Erhebung Die von Frankreich ausgehende Revolutionsbewegung bringt auch den seit Langem schwelenden Konflikt zwischen den nationalen Bewegungen Dänemarks und Schleswig-Holsteins zum offenen Ausbruch. Der wesentliche Streitpunkt ist die Frage, ob Schleswig Teil des dänischen Nationalstaates werden oder zusammen mit dem zum Deutschen Bund gehörigen Holstein einem noch zu bildenden deutschen Nationalstaat angehören soll. Doch die Entscheidung über die zukünftige Zugehörigkeit Schleswig-Holsteins fällt nicht in den Parlamenten, sondern auf dem Schlachtfeld und durch die internationale Diplomatie. Als Reaktion auf die Berufung einer national-liberalen Regierung in Kopenhagen wird in der Nacht vom 23. zum 24. März 1848 in Kiel eine »Provisorische Regierung« gebildet, die sogleich verkündet, sich der deutschen Einheitsbewegung anschließen zu wollen. Die Dänen betrachten die »Erhebung« der Schleswig-Holsteiner als Aufruhr und reagieren mit einer militärischen Intervention. Im März 1848 beginnt der erste deutsch-dänische Krieg. Die Schleswig-Holsteiner erhalten militärische Unterstützung durch Truppenkontingente des Deutschen Bundes. Zunächst greifen hannoversche und kurz darauf auch preußische Truppen in den Kampf ein. Zusammen mit der schleswig-holsteinischen Armee stoßen sie bis nach Jütland vor. Ungeachtet des spektakulären Sieges schleswig-holsteinischer Küstenbatterien über ein dänisches Geschwader bei Eckernförde am 5. April 1849, bei dem die Fregatte GEFION erobert und das Linienschiff CHRISTIAN VIII. vernichtet wird, endet der Krieg 1851 mit der Niederlage der Schleswig-Holsteiner, nachdem Preußen bereits 1849 auf Druck der europäischen Großmächte aus dem Krieg gegen Dänemark ausgeschieden ist und den Schleswig-Holsteinern die militärische Unterstützung entzogen hat.
Die Gründung der Reichs- oder Bundesflotte Die Gründung der Reichs- oder Bundesflotte Bei Beginn des ersten deutsch-dänischen Krieges im Frühjahr 1848 nimmt die dänische Flotte die Blockade der deutschen Küsten auf. Da die norddeutschen Küstenstaaten nur über geringe Seestreitkräfte verfügen und sich die in der Adria stationierte österreichische Marine infolge der revolutionären Ereignisse in Italien in Aufruhr befindet, besitzt Dänemark die unangefochtene Seeherrschaft in der Nord- und Ostsee. Dadurch kommt der schutzlose deutsche Seehandel fast völlig zum Erliegen. Allein in den ersten Tagen nach Kriegsausbruch bringen die Dänen mehr als 50 deutsche Handelsschiffe auf. Dies lässt den Ruf nach einer deutschen Marine laut werden, der sich bald zu einer wahren Flottenbegeisterung steigert. Am 14. Juni 1848 setzt die Frankfurter Nationalversammlung einen Beschluss der Bundesversammlung um und bewilligt die Gelder für den Aufbau der Reichsflotte genannten ersten (gesamt-)deutschen Marine, die oft auch unzutreffend als Bundesflotte bezeichnet wird. Sie führt die schwarz-rot-goldene Flagge mit dem doppelköpfigen Reichsadler in der Gösch (linkes Obereck der Flagge). Parallel dazu beginnt auch Preußen 1848 mit dem Aufbau einer modernen Seestreitmacht.
Prinz Adalberts Gedenkschrift Prinz Adalberts Denkschrift Die neu gebildete Reichsregierung überträgt dem Handelsminister, dem Bremer Senator Arnold Duckwitz, einem energischen Marinebefürworter, die Leitung der Flotte. Eine seiner ersten Maßnahmen ist die Einberufung einer Technischen Marinekommission unter der Leitung Prinz Adalberts von Preußen, eines ausgewiesenen Marinefachmanns. In seiner Denkschrift über die Bildung einer deutschen Flotte skizziert Prinz Adalbert 1848 drei verschiedene Flottenmodelle: 1 eine defensive Küstenverteidigungsmarine (ausschließlich Ruderkanonenboote), 2 eine für eine offensive Verteidigung und Handelsschutz ausgelegte Marine (Ruderkanonenboote und Fregatten), 3 eine selbstständige Seemacht nach britischem oder französischem Vorbild (Ruderkanonenboote, Fregatten und Linienschiffe). Prinz Adalbert selber tritt für die zweite Lösung ein, da eine vorwiegend aus Fregatten bestehende Flotte die großen Seemächte im Gegensatz zu einer aus Linienschiffen bestehenden Schlachtflotte nicht herausfordern, die zukünftige deutsche Marine aber zu einem geeigneten Bündnispartner für diese machen würde.
Der Aufbau der Bundesflotte Der Aufbau der Bundesflotte Trotz vieler Widrigkeiten nimmt der Aufbau der ersten gesamtdeutschen Marine allmählich konkrete Formen an. Zum Oberbefehlshaber wird Karl Rudolf Bromme, genannt »Brommy«, ernannt, der mehr als 20 Jahre lang als Offizier in der griechischen Marine gedient hat. Unter seiner Führung erreicht die sogenannte Bundesflotte schließlich eine Gesamtstärke von 27 Ruderkanonenbooten für den Küstenschutz und zwölf größeren Kriegsschiffen, von denen die meisten Dampfschiffe sind. Die preußischen Seestreitkräfte verbleiben hingegen aufgrund der politischen Spannungen zwischen Preußen und der Frankfurter Zentralgewalt unter preußischem Befehl.
Das Gefecht von Helgoland 1849 Das Gefecht von Helgoland 1849 Am 4. Juni 1849 trifft ein deutsches Geschwader unter dem Befehl von Kommodore Brommy nahe dem damals britischen Helgoland auf die dänische Segelkorvette VALKYRIEN. Um diplomatische Auseinandersetzungen mit Großbritannien zu vermeiden, bricht Brommy das für die deutschen Schiffe günstig verlaufende Gefecht vorzeitig ab und zieht sich zurück. Dies bleibt der einzige Vorstoß der Bundesflotte. Schiffe der Bundesflotte unter der schwarz-rot-goldenen Flagge Kurz darauf weist die britische Regierung in einer Note darauf hin, dass ihr die schwarz-rot-goldene Flagge unbekannt sei. Tatsächlich hat es die deutsche Regierung versäumt, Großbritannien die neue Flagge anzuzeigen, die daher nur von einigen kleineren Staaten, aber nicht von der größten Seemacht der Welt anerkannt wird. Um außenpolitische Verwicklungen zu vermeiden, bleibt die Bundesflotte in der Folgezeit untätig vor Anker liegen.
Die Schleswig-Holsteinische Flottille Die schleswig-holsteinische Flottille Auch die Schleswig-Holsteiner beginnen nach dem Ausbruch des Krieges gegen Dänemark mit dem Aufbau eigener Seestreitkräfte. Die kleine, hauptsächlich aus Ruderkanonenbooten bestehende Flottille kann gegen die weit überlegene dänische Flotte einige Erfolge erringen. Vor allem zeichnet sich die Schleswig-Holsteinische Flottille aber durch technische Innovationen aus. Mit dem Einsatz des dampfgetriebenen Schraubenkanonenbootes VON DER TANN, das wegen seiner Antriebsanlage zu den modernsten Kriegsschiffen seiner Zeit zählt, und dem Bau des BRANDTAUCHER genannten ersten prinzipiell funktionsfähigen U-Bootes weist sie weit in die Zukunft des Seekriegswesens. Nach der Niederlage gegen Dänemark 1851 wird die Schleswig-Holsteinische Flottille aufgelöst. Obgleich die Schleswig-Holsteiner am Ende der dänischen Übermacht unterlegen sind, hat auch die dänische nationale Bewegung keinen wirklichen Sieg errungen. Statt der Eingliederung des Herzogtums Schleswig in das Königreich Dänemark erfolgt auf Druck der europäischen Großmächte die Wiederherstellung des dänischen Gesamtstaats. In den Londoner Protokollen von 1851/52 muss Dänemark völkerrechtlich verbindlich zusagen, auf einen Anschluss Schleswigs an das Königreich zu verzichten. Die Fregatte GEFION. Das im Gefecht von Eckernförde am 5. April 1849 eroberte dänische Schiff wird zunächst als ECKERNFÖRDE von der Bundesflotte übernommen und nach deren Auflösung 1852 an die preußische Marine abgegeben, die es wieder unter seinem ursprünglichen Namen GEFION in Dienst stellt.
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