• Die Wert- und Normbeachtung kann auf der Erkenntnis basieren, dass die Beachtung der Vorschrift unverzichtbar für das Wesen der Gesellschaft oder einer Organisation oder Gruppe ist.
• Ein damit verwandtes Motiv für die Beachtung von Werten und Normen ist die direkte oder indirekte Erwartung eines entsprechenden Verhaltens anderer. Gegebenenfalls geht der Handelnde davon aus, dass die eigene Beachtung der Normen andere motiviert, diese Normen auch zu beachten.
Aus einer eher auf den individuellen Nutzen ausgerichteten Perspektive ergibt sich:
• Der Handelnde befolgt eine Norm, weil auch andere diese Norm beachtet haben, und nun die Normbeachtung erwartet wird. Die Normbeachtung ist daher Folge der »Reziprozitätserwartung«.
Ganz auf die egoistische Perspektive abstellend ergibt sich:
• Der Handelnde beachtet die Normen, um damit Sanktionen zu vermeiden, seien diese milde in Form gesellschaftlicher Geringschätzung oder in Form stärkerer Sanktionen wie Geld- oder gar Haftstrafen.
Insbesondere eine Nutzen und Kosten abwägende Denkweise steht im Mittelpunkt der Überlegungen von Gary Becker, der sich in seiner mit dem Nobelpreis ausgezeichneten Forschung mit der »ökonomischen Erklärung menschlichen Verhaltens« befasst (Becker 1993). Gary Becker argumentiert auf Basis der Annahme, dass Individuen durch nutzenmaximierendes Verhalten charakterisiert sind und Wahlhandlungen im Kontext der Optimierung verstanden werden müssen: Sein Ansatz unterstellt, dass auch die Beachtung von Normen grundsätzlich Ergebnis des Optimierungskalküls der handelnden Akteure ist und Normbeachtung häufig Ergebnis der rationalen Abwägung der Höhe und Eintrittswahrscheinlichkeit von Nutzen und Kosten ist. Seine Analyse, die er auf Themen wie Ehe, Fruchtbarkeit, Familie, Konsumverhalten und auf die Allokation der Zeit anwendet, erweitert den Blick auf normabweichendes Verhalten und erklärt dieses mit dem Prinzip der Nutzenmaximierung. Bezogen auf den Themenkomplex Kriminalität und Strafe unterstellt sein Ansatz beispielsweise, »dass eine Person eine Straftat begeht, wenn der für sie erwartete Nutzen größer ist als der Nutzen, den sie realisieren könnte, wenn sie ihre Zeit und sonstigen Ressourcen für andere Aktivitäten einsetzen würden« (Becker 1993, S.47–48). Ein anderes Beispiel gab Becker mit Verweis auf das Parken von Autos: Wenn die Strafen für falsches Parken gering sind, dann werden viele die Norm »Parke nicht im Parkverbot« nach einer Abwägung des Weitersuchens oder Strafe in Kauf nehmen missachten. Seine Schlussfolgerung ist eindeutig: Menschen werden in vielen Fällen die Beachtung von Normen von einer Nutzen-Kosten-Abwägung abhängig machen.
Becker, G. S. (1993): Ökonomische Erklärung menschlichen Verhaltens. 2. Auflage. Tübingen: J. C. B. Mohr (Paul Siebeck).
Bentham, J. (1822): Eine Einführung in die Prinzipien der Moral und der Gesetzgebung.
Göbel, E. (2006): Unternehmensethik – Grundlage und praktische Umsetzung. Stuttgart: Lucius & Lucius, UTB.
Henning, T. (2016): Kants Ethik – Eine Einführung. Stuttgart: Reclam.
Hinsch, W. (2016): Die gerechte Gesellschaft – Eine philosophische Orientierung. Stuttgart: Reclam.
Höffe, O. (2013): Einleitung, in: Höffe, O. (Hrsg.) (2013): Einführung in die utilitaristische Ethik. 5. Auflage. Tübingen und Basel: A. Francke, UTB. S.7–51.
Homann, K., Lütge, C. (2007): Einführung in die Wirtschaftsethik. 2. korrigierte Auflage. Münster: LIT.
Kant, I. (1788): Kritik der Praktischen Vernunft. Köln: Anaconda.
Sandel, M. (2017): Gerechtigkeit – Wie wir das Richtige tun. 5. Auflage. Berlin: Ullstein.
Sautter, H. (2017): Verantwortlich wirtschaften – Die Ethik gesamtwirtschaftlicher Regelwerke und des unternehmerischen Handelns, Ethik und Ökonomie. Band 20. Marburg: Metropolis.
Scherr, A. (2016): Normen und Werte. In: Scherr, A. (Hrsg.) (2016): Soziologische Basics. Wiesbaden: Springer VS.
Singer, P. (2016): Ethics in the real world – 82 brief essays on things that matter. Princeton und Oxford: Princeton University Press.
Singer, P. (2011): Practical Ethics. 3. Auflage. Cambridge: Cambridge University Press.
1In den Beiträgen von Peter Mayer wird der sozialwissenschaftliche Begriff für Organisation zugrunde gelegt: Eine Institution ist eine Organisation. In den Beiträgen der anderen Autoren wird zugrunde gelegt, dass eine Unternehmung oder Institution eine Organisation hat.
Конец ознакомительного фрагмента.
Текст предоставлен ООО «ЛитРес».
Прочитайте эту книгу целиком, купив полную легальную версию на ЛитРес.
Безопасно оплатить книгу можно банковской картой Visa, MasterCard, Maestro, со счета мобильного телефона, с платежного терминала, в салоне МТС или Связной, через PayPal, WebMoney, Яндекс.Деньги, QIWI Кошелек, бонусными картами или другим удобным Вам способом.