(2b) Normativ fordert Ethik
Die Rahmenbedingungen für ethische Handlungen und Haltungen müssen weiter erarbeitet werden, die dann von jedem einzelnen gelebt werden und zu unternehmerischem Handeln führen. Ethik sind die Begründungen und die Bildung von Kriterien für gutes und schlechtes Handeln; eine Aufstellung und Bewertung ethischer Motive und ethischer Folgen unter der Fragestellung »Was soll ich tun?« (Kant 2011).
Dazu ist eine Unternehmungsethik, aber auch eine Individualethik zu konzipieren. Horst Steinmann (2006) hat eine Konzeption erarbeitet (
Tab. 1.3), die stark am Konsens, am Frieden und auf der Argumentation und Begründung aufgebaut ist (vgl. auch Hans-Ulrich Küpper 2011). Diese Konzeption ist beeinflusst von Jürgen Habermas (Habermas 1983) und Karl-Otto Apel (Apel 2016).
Tab. 1.3: Dialogethik nach H. Steinmann (Quelle: in Anlehnung an Küpper 2011, S.145 ff., Hundeler 2019, S.41 ff.).
MerkmalInhalt
Die Normative Perspektive ist damit dreifach zu sehen:
1. Die Normative Perspektive stellt die Ausrichtung auf das Wesentliche, auf das Kerngeschäft und auf die Vision der Unternehmung ab.
2. Die Normative Ausrichtung versteht sich als Begründung und Erklärung betriebswirtschaftlichen Handelns.
3. Die Normative Sichtweise ist ethisch ausgerichtet an Werten, Normen und Regeln.
1.2 Begriff des Managements
Ausgangspunkt ist die Definition »Management ist die Gestaltung, Lenkung und Entwicklung eines produktiven, sozialen Systems mit dem Zweck«, das System problemlösungsfähig zu erhalten (Bleicher 2011, S.54). Daraus ergibt sich aber eine Spannweite unterschiedlicher Auffassungen, die in Tabelle 1.4 zusammengefasst sind (
Tab. 1.4). Die institutionelle Spannweite des Begriffs stellt ab auf die Unternehmungsspitze oder eine Dreiteilung in Top- bis Lower- Management. Die funktionelle Sichtweise ist aus aufgabenorientierter Sicht aus der amerikanischen Managementliteratur beeinflusst und umschreibt die Aufgaben des Managements. In der personenorientierten Perspektive sind die Manager gemeint.
Instrumentell kann Management verstanden werden als ein Regelungswerk, mit Organisation als eine generelle Regelung, Improvisation (spontane Reaktion), Disposition (fallweise Regelung) oder eher verhaltensorientiert.
Der Bezugsrahmen kann sich orientieren an den Management by-Konzeptionen und an einer systemtheoretischen Konzeption, die sich ausgehend von Hans Ulrich über Knut Bleicher bis hin zu Johannes Rüegg-Sturm entwickelt haben (vgl. ausführlich dazu Zapp u.a. 2014, S.91 ff.).
Tab. 1.4: Spannweite des Managementbegriffs (Quelle: in Anlehnung an Zapp u.a. 2014, S.94)
AnsätzeDifferenzierungenUnterteilungen
In diesem Buch wird Management nicht institutionell verstanden. Auch konzentrieren wir uns in unserer Betrachtung nicht auf unternehmerisches Handeln, d.h. auf gestalterisches Handeln an der Spitze einer Unternehmung. Management und gestalterisches Handeln finden sich auf allen Ebenen der Unternehmung. Somit braucht es auch einen alle Ebenen der Unternehmung umfassenden normativen Rahmen, auf dem Managementhandeln begründet ist. Dies gilt für den Ärztlichen Direktor eines Maximalversorgers ebenso wie für die Stationsleitung eines Krankenhauses der Grundversorgung.
1.3 Normative Ausrichtung des Managements
Wie können nun Normativ und Management zusammengeführt werden?
Es wird deutlich, dass zunächst die normative Ausrichtung in seiner Spannweite erarbeitet werden muss. Die Koppelung mit dem Management erfolgt darauf aufbauend über die institutionsbezogenen Spannungsfelder, denen sich die personenbezogenen Felder anschließen.
Die Instrumente, die Entscheidungsebenen, die operative und strategische Ausrichtung, die in der Betriebswirtschaftslehre bereits erarbeitet und begründet sind, werden nun durch diese normative generelle Ausrichtung und durch die unternehmungsspezifischen und persönlichen Spannungsfelder gefiltert. Im Ergebnis gilt es, Management auf allen Ebenen zu integrieren. Gibt das Normative beispielsweise eine mitarbeiterorientierte Ausrichtung der Unternehmung vor, die jeden Einzelnen mit seinen individuellen Bedürfnissen wertschätzend in den Blick zu nehmen verspricht, sollte sich dies auch im alltäglichen Managementhandeln auf allen Ebenen einer Unternehmung widerspiegeln, beispielsweise auch im Umgang zwischen anleitenden Mitarbeitenden und Praktikanten. Unternehmungs- wie auch personenspezifische Spannungsfelder weiten oder begrenzen hier wiederum Handlungsspielräume: Eine Unternehmung, die ausschließlich mittels Leistungskennzahlen steuert, wird möglicherweise eine Mitarbeiterorientierung und damit verbunden soziale Ziele schneller aus dem Blick verlieren als eine Unternehmung, die diese Ebene ebenfalls in ihr Steuerungssystem einbezieht. Eine Führungskraft wiederum, die persönlich wenig davon hält, interessierten Personen im Rahmen von Praktika Erfahrungsräume zu eröffnen, wird Mühe haben, in der täglichen Interaktion mit Praktikanten einen wertschätzenden Umgang zu praktizieren.
1.4 Beispiel: Magnet-Krankenhaus
Magnet-Krankenhäuser zeichnen sich durch einen normativen Rahmen aus, der die Bedeutung exzellenter Pflege für eine qualitativ hochwertige Patientenversorgung in den Mittelpunkt stellt. Als zentrale Voraussetzung werden dabei die Arbeitsbedingungen für Pflegende im Krankenhaus fokussiert. Nachfolgend wird ein Einblick in das Magnet-Modell gegeben. Auf der Basis wird erkennbar, wie Werteorientierung und damit die Normative Ebene mit Gestaltung und Lenkung und somit mit der Strategischen und Operativen Ebene verknüpft sind.
Abbildung 1.1 illustriert die fünf Handlungsfelder des Magnet-Modells, die darauf aufbauend erläutert werden (
Abb. 5.1). Basis für die nachfolgenden Ausführungen sind die Informationen der American Nurses Association (vgl. American Nurses Credentialing Center 2021), die das Modell beschreibt und u.a. eine entsprechende Zertifizierung von Krankenhäusern anbietet. Von Bedeutung ist an dieser Stelle jedoch nicht die Zertifizierung, sondern der Zusammenhang zwischen Werteorientierung, Gestaltung und Lenkung, der nachfolgend an ausgewählten Beispielen verdeutlicht werden soll.
Abb. 1.1: Das Magnet-Modell (Quelle: in Anlehnung an Nurses Credentialing Center 2021)
Handlungsfeld: Strukturelle Rahmenbedingungen
Das Handlungsfeld Strukturelle Rahmenbedingungen adressiert institutionsbezogene Spannungsfelder und betont zunächst die organisationale Einbindung der Pflege im Krankenhaus. Hierbei wird sowohl die Vertretung Pflegender in allen zentralen Organen einer Institution – z.B. in Aufsichtsrat, Krankenhausleitung, Leitung einer Abteilung/Klinik – angesprochen wie auch die Stellung der Pflegenden in Entscheidungsprozessen. Im Sinne der normativen Ausrichtung des Krankenhauses (»Wir wollen exzellente Pflege!«) wird hier die Notwendigkeit der gleichberechtigten Mitwirkung abgeleitet. Darüber hinaus werden jedoch auch weitere strukturelle Rahmenbedingungen adressiert, wie beispielsweise ein angemessener Personalbestand, faire Vergütung, die Vereinbarkeit von Beruf und Familie sowie Gesundheitsförderung. Hieraus wiederum lassen sich vielfältige operative Anforderungen ableiten – beispielsweise die regelmäßige Durchführung von Personalbedarfsrechnungen wie die Implementierung von Instrumenten zum Management kurzfristiger Personalausfälle wie Stand-by Dienste, Personalpools – um einen angemessenen Personalbestand kontinuierlich sicherzustellen.
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