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Gespräch (face-to-face) |
Sprachnachricht (z.B. WhatsApp ) |
Animoji- Aufnahme |
Textnachricht (z.B. WhatsApp ) |
Synchronizität |
synchron |
quasi-synchron oder asynchron |
quasi-synchron oder asynchron |
quasi-synchron oder asynchron |
Visualität |
gegeben |
nicht gegeben |
gegeben |
gegeben |
Tab. 2:
Überblick – verschiedene KommunikationsformenKommunikationasynchroneKommunikationsynchroneKommunikationquasi-synchrone
Die Aufnahme hält in beiden Fällen die Charakteristika der Stimme der Sprecher*innen fest (bspw. die dialektale Färbung, Tonhöhe etc.), ebenso para- und nonverbale Merkmale wie Lachen, Räuspern oder auch Denkpausen. Hintergrundgeräusche werden von einer SprachnachrichtSprachnachricht ebenfalls aufgezeichnet, sei dies z.B. Strassenlärm oder Musik (siehe König/Hector 2017: 11). So können durch das Versenden einer Sprachnachricht (und eines AnimojiAnimoji) neben der sprachlichen Information – bewusst oder unbewusst – auch Hinweise auf die Umgebung, in der sich die Senderin oder der Sender befindet, übermittelt werden. Durch den bewussten Einbezug der Hintergrundgeräusche während der Aufnahme einer Sprachnachricht als Teil einer Szenerie kann der Nachricht, so König/Hector (2017), ein theatralischer Effekt verliehen werden. Bei der Aufnahme während eines Konzerts zum Beispiel kann bewusst Raum für die Musik gelassen werden, um dem Empfänger oder der Empfängerin zu zeigen, wo man sich befindet und wie die Stimmung ist.
Sprachnachrichten wie auch AnimojiAnimoji-Aufnahmen können vor dem Versenden angehört und bei Bedarf gelöscht werdenSprachnachrichtNutzer*in.WhatsApp1 Beide Kommunikate können aber immer nur als Ganzes gelöscht werden. Das bedeutet, es ist nicht möglich, wie bei einer geschriebenen Nachricht nur einen Teil zu ändern oder zu entfernen. Ist das Kommunikat einmal versendet, bleibt es, anders als bei einem Telefongespräch, auf dem SmartphoneSmartphone gespeichert. Ausserdem können Animojis, wie auch Sprachnachrichten, nur dann ‹heimlich› rezipiert und aufgenommen werden (König/Hector 2017: 13), wenn man Kopfhörer verwendet. Geschriebene TextnachrichtenTextnachricht hingegen kann man zum Beispiel während einer Sitzung verschicken und lesen, ohne dass dies jemand merkt oder andere Personen durch das Aufnehmen oder Abspielen der Nachricht gestört werden.
3.3 Animojis als audiovisuellesAudiovisualität Phänomen
Wir haben dargelegt, welche Elemente auf der visuellen und auditiven Ebene von Bedeutung sind. Im Folgenden soll erläutert werden, wie sich diese beiden Ebenen beeinflussen. Herring et al. (2020: 2) zeigen anhand ihrer Untersuchungsergebnisse, dass der Einsatz von Animojis als maskenähnliche Ersatzpersonen das Potenzial hat, die Kommunikation und das Sozialverhalten von Personen zu beeinflussen: Diejenigen Personen, die AnimojiAnimoji-Kommunikate produzieren, tun dies, indem sie z.B. ihre normale Sprechstimme durch phonologische und prosodische Modifikationen stilisieren. Zudem verwenden sie Dialekte oder einen theatralischen Sprachstil mit einem Inhalt, der sich oft direkt oder indirekt auf dieses Animoji oder MemojiMemoji bezieht (siehe Herring et al. 2020: 14). Die Animojis (als visuelles Phänomen) haben also auf den Sprachgebrauch (als auditives Phänomen) einen Einfluss: Je nachdem, welches Animoji verwendet wird, können auf gesprochen-sprachlicher Ebene unterschiedliche dialektale oder stilistische Variationen auftreten. Animojis stellen damit einen Teil eines umfassenderen Paradigmenwechsels von statischen Mitteln der digitalen Selbstdarstellung (wie SelfiesSelfie und Bitmoji-Sticker) hin zu dynamischeren und interaktiven Avataren dar, durch die zunehmend mittels gesprochener Sprache kommuniziert wird (siehe Herring et al. 2020: 15). Diese Tendenz – vom Statischen hin zum Dynamischen – scheint der Mündlichkeit als dynamischem Element in der digitalen KommunikationKommunikationdigitale mehr Bedeutung zu geben. Angesichts der Überlegung, wie Visuelles und Auditives zusammenhängen, stellt sich die Frage, ob sich die Art zu kommunizieren in eine Richtung bewegt, die erneut die Mündlichkeit priorisiert, nachdem SmartphonesSmartphone und ComputerComputer mit TextnachrichtenTextnachricht und E-MailE-Mails die mündliche Kommunikation lange Zeit in den Hintergrund rückten. Die zunehmende Verwendung der SprachsteuerungSprachsteuerung (an Stelle des Touchscreens) wäre bspw. ein Indiz dafür, dass Visuelles an Bedeutung verlieren und Auditives an Bedeutung gewinnen wird (siehe Schuppisser 2019).
3.4 Pragmatische Ebene – Vor- und Nachteile der Verwendung von Animojis
Animojis sind in der Geschichte der Kommunikation ein junges Phänomen. Sie können als eine Art spielerisch-vermittelte Selbstdarstellung im Bereich der Mensch-Mensch-Kommunikation via MaschineMaschine beschrieben werden. Obwohl Animojis seit 2017 nutzbar sind, ist ihre Verwendung im deutschsprachigen Raum nur spärlich verbreitet. Das liegt zu einem beachtlichen Teil daran, dass Animojis auf WhatsApp WhatsApp – der meistverwendeten digitalen KommunikationsformKommunikationdigitale in Europa – nicht verfügbar sind. Ausserdem muss beim Aufnahmeprozess eines AnimojiAnimoji-Kommunikats mehr Aufwand betrieben werden, als dies bei einer (herkömmlichen) SprachnachrichtSprachnachricht oder bei der Verwendung von Emojis in TextnachrichtenTextnachricht der Fall ist. Im Unterschied zu Animojis haben die auditiven Sprachnachrichten den Vorteil, dass die Sprecher*innen dafür ihren Blick nicht (oder nur zu Beginn) auf den Bildschirm richten müssen. Die visuelle Ebene fällt weg und das hat den praktischen Vorteil, dass man sich während der Aufnahme noch auf etwas Anderes konzentrieren kann. Dieser Vorzug geht bei der Aufnahme eines Animoji-Kommunikats verloren, da es notwendig ist, dass die Sender*innen das HandySmartphone während der gesamten Aufnahmezeit vor Augen haben bzw. die Kamera auf das Gesicht gerichtet ist. Die Bequemlichkeit in der Bedienung ist bei Howind das Hauptargument für die Nutzung von Sprachnachrichten (siehe Howind 2020: 34).
Die Kommunikation mittels Animojis ist zwar mindestens so effektiv wie, aber weniger effizient als die Verwendung von Sprachnachrichten. Das Mehr an vermittelter Information durch die zusätzliche animierte Mimik ist verhältnismässig gering. Denn bei Sprachnachrichten wird ein Teil der vermittelten Emotionen bereits durch die Stimmfärbung oder sonstige Stilisierung von gesprochener Sprache kommuniziert. Wenn dann ein Aspekt – zum Beispiel die Emotionalität einer Nachricht – verstärkt werden soll, kann das immer noch durch das Versenden eines passenden (lachenden oder weinenden) EmojiEmoji in der nächsten Nachricht geschehen.
4 Résumé: Animojis als Phänomen zwischen Kommunikation und PerformancePerformance
Wie bereits erwähnt, unterscheiden sich AnimojiAnimoji-Aufnahmen und Sprachnachrichten auf der auditiven Ebene nicht sehr. Der Unterschied liegt in der animierten Darstellung von dynamischen Gesichtszügen. Auch wenn auf visueller Ebene nicht viel zusätzliche Information vermittelt wird, wirkt das Animoji auf pragmatischer Ebene als Selbstdarstellungsversuch. Deshalb sind Animojis weniger geeignet, wenn es darum geht, ‹nur› Informationen zu vermitteln. Vielmehr ist davon auszugehen, dass Animojis eher als Spielerei verwendet werden, bei der zwei gut etablierte und häufig genutzte Phänomene – Sprachnachrichten und Emojis – zu einer neuer Kommunikationspraxis zusammengeführt werden. Die Vermittlung von Information steht im Hintergrund, vielmehr geht es um die Inszenierung der Nachricht bzw. des Senders, der Senderin. So kann zum Beispiel durch die Nutzung von Animoijs bei einer freudigen Nachricht das Aussergewöhnliche des Inhalts betont werden. In gewisser Weise kann die Verwendung von Animojis als ‹Spektakel› bezeichnet werden (siehe Androutsopoulos 2010: 430). Denn immer wenn Animojis verwendet werden, schwingt ein Aspekt der Unterhaltung mit.
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