Bente Clod - Küssen ist Macht

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Heiße Küsse und andere Erotik-Abenteuer… In «Küssen ist Macht» entführen uns 17 erotische Kurzgeschichten unter anderem nach Griechenland, in den Zirkus, zur Kupferhochzeit, ins Jugendzimmer, ins Theater und auf die kanarischen Inseln. Es wird wild, feucht, schnell und ehrlich – echte Menschen, unabhängig von Alter, Geschlecht oder Land, begehren sich, brennen vor Verlangen und stürzen sich in teils hemmungslosen Sex. Wenn einem da mal nicht heiß wird…-

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Bente Clod

Küssen ist Macht

Übersezt von Kirsten Evers

Saga

Küssen ist Macht

Übersezt von Kirsten Evers

Titel der Originalausgabe: Kyssekraft

Originalsprache: Dänisch

Coverbild/Illustration: Shutterstock

Copyright © 2016, 2021 Bente Clod und LUST

Alle Rechte vorbehalten

ISBN: 9788726760637

1. E-Book-Ausgabe

Format: EPUB 3.0

Dieses Buch ist urheberrechtlich geschützt. Kopieren für gewerbliche und öffentliche Zwecke ist nur mit der Zustimmung vom Verlag gestattet.

Da Capo

Ich kenne seinen Namen nicht. Ich kenne keinen ihrer Namen. Vor Kurzem kam eine SMS von einem Lars, der sich für die schöne Zeit bedankte und fragte, ob wir uns nicht bald wiedersehen wollten? Ich habe keinen blassen Schimmer, wer er ist. Die frühmorgendliche Eroberung hinter der Bar, während der Barkeeper damit beschäftigt gewesen war, sich mit den letzten Gästen die Kante zu geben? Vielleicht. Oder der Kerl, den ich eines Morgens am Strand Bellevue gefickt hatte? Solange ich Sex kriege, sind mir die Umstände generell ziemlich egal.

Heute Abend steht Speed-Dating auf dem Programm. Drei Gruppen. Vorspeise, Hauptgang, Dessert. Das Dessert wird im Tivoli eingenommen, im Divan 2. Abends, wenn die Touristen und Familien nach Hause gegangen sind, wird der Park zur edlen Flaniermeile. Das muss man sich leisten können. Falls man es denn überhaupt bis zum Dessert schafft. Aber dafür schafft man ja sonst vielleicht etwas anderes, was gut tut, was dem Körper schmeckt, während das all-abendliche Feuerwerk unsere begeisterten Gesichter erleuchtet.

Die Schuhe sind neu, extrem hoch und leuchtend rot, das Haar glänzt und hat zur Feier des Tages frische blonde Strähnen bekommen, das Kleid gehörte mal meiner Model-Mama: Roter Satin mit zartrosa Seidenspitze. Darüber eine hüftlange Jacke und der neue Duft von Dolce&Gabbana. Sponsored by Opas Kreditkarte. Danke, lieber reicher Opa.

„Hauptsache, du lebst dein Leben und hast Spaß, Idalein. Hauptsache, du vergisst mich nicht, und meine Zigarren, dann kannst du die Karte ruhig nehmen. Ich brauch sie ja nicht mehr.“

Ich besuche meinen Opa einmal in der Woche im Heim und inspiziere seine Kleidung, seine Akte, seine Pillendose, halte seine Hand, während er mir sentimentale Geschichten von Mama erzählt oder wir gemeinsam fernsehen. Bevor ich gehe, stelle ich sicher, dass alles ist, wie es sein soll, dass die Pillen da liegen, wo sie liegen sollen. Das Pflegepersonal kriegt was unter der Hand zugesteckt, dann mischen die sich nicht ein. Meine größte Sorge ist, dass das Wohlergehen meines Opas vom Staat und seinen unterbezahlten, gestressten Angestellten abhängen sollte. Dann ist alles aus. Ich spreche regelmäßig mit dem Arzt und weiß genau, was Opa wann bekommen soll. Ich sorge für Gesundheitschecks und neue, gute Kleidung. Die bringe ich immer unangemeldet. Keiner der alten Knacker in dem Laden lebt ein besseres Leben als mein Opa.

Nächste Woche fängt ein neuer Pfleger an. Mit dem muss ich dann noch ein Wörtchen reden, bevor der mein System verpfuscht. Der kriegt direkt ein Angebot, das er nicht ausschlagen kann.

Die Vorspeise wird in einem vietnamesischen Restaurant im Stadtteil Østerbro eingenommen. Das kann sich wirklich jeder leisten. Als ich ankomme, sind die anderen drei Teilnehmer bereits vor Ort. Wir stellen uns vor. Die andere Frau ist Lehrerin und lacht offenbar gern. Die Männer sind jeweils Ingenieur und Elektriker. Der Elektriker hat sich in seine schicke Markenmontur geworfen. Typisch, dass der Ingenieur das nicht für nötig hält. Wir erforschen die Karte, suchen uns exotisch klingende Gerichte aus, und köpfen ein paar Flaschen, noch ehe das Essen kommt. Ich habe mir den Elektriker ausgesucht, strecke meine Hand aus und streiche ihm zart über die Wange. Die anderen beiden starren herüber. Er errötet. Es wird kurz still, dann wird auf der anderen Seite des Tisches hektisch weiter konversiert. Ich schaue dem elektrischen Mann direkt in die Augen, und er hat keine Probleme, meinen Blick zu erwidern. Heiß. Aber vielleicht hat er es ebenso eilig wie ich. Speed-Dating ist nichts für Romantiker. Ich zwinkere ihm zu. Er schenkt mir ein schiefes Grinsen. Die anderen tun so, als würden sie nichts bemerken. Selbst haben sie keine Unze Chemie, und ihre ziellose Aufmerksamkeit sickert langsam aber sicher zu uns herüber. Ich erhebe mich und flüstere etwas in das elektrische Ohr. Er wird wieder rot und räuspert sich verlegen, während ich zur Toilette gehe. In mir spitzt ein kleines Pferd die aufmerksamen Ohren und spannt die Muskeln an. Es ist bereit zur Flucht, falls das nötig sein sollte. Aber es hat keine Angst. Nie Angst.

Kurz darauf klopft er an die Tür, fünfmal. Ich sitze auf dem Toilettensitz, nur in meinen BH und ein großes Lächeln gekleidet, und strecke meine Hand nach ihm aus. Sekunden später habe ich ihn verschlungen. Seine Hände sind überall auf meinem sonnengebräunten Körper und in meinen Haaren. Ich dirigiere seine Hand zwischen meine Beine. Die kann ein paar Tricks, sodass ich direkt ein wenig außer Atem gerate. Beinahe verliere ich das Gleichgewicht vor lauter Überraschung. Positiver Überraschung. Eine Mischung aus Kälte und Hitze macht sich in mir breit. Als er kurz davor ist, zu kommen, stehe ich auf und drehe ihm meinen Hintern zu, während ich mich mit den Händen auf dem Klodeckel abstütze. Er stößt zu. Bis zum Anschlag. Fast komm ich bis ganz nach oben, bis zu den Sternen, aber eben nur fast. Er kommt, und wir küssen uns innig und heiß, ehe er das Biest wieder in seinen Käfig sperrt.

„Du schuldest mir eine Revanche“, flüstere ich, und er nickt voller Eifer: „Jederzeit!“

Das Pferd steht still, schnaubt, der Staub legt sich.

Der Hauptgang wird im Copenhagen Corner eingenommen, direkt am Tivoli. Schon eine etwas edlere Adresse. Die fünf anderen Teilnehmer - ach, die Frauen hab ich vergessen, aber die eine hat eindeutig noch nie was von Botox gehört. Die Männer sind allesamt sportlich, einer davon ein wenig älter als er es gern wäre, das wahrscheinlich schütter werdende Haupthaar wurde vorsorglich abrasiert, das Hemd trägt er jugendlich rebellisch über der Hose. Der zweite ist ein robust aussehender Klempner mit knarrenden Muskeln unter der eng anliegenden Jacke. Der dritte ist Lehrer, und so sieht er auch aus. Hier krieg ich Konkurrenz, denn die anderen beiden Damen sind auch scharf auf Handwerkersex. Sie umzingeln den Klempner und gurren und gackern, bis er ganz verwirrt ist - bis ich meine Hand ausstrecke und seine Wange streichle. Überrumpelt sieht er mich an, aber sein Blick ist wach, und seine Lippen spitzen sich zu einem Luftkuss. Wenn Blicke töten könnten, hätten die anderen beiden Frauen uns erlegt - und mich kurzerhand gevierteilt. Ich stehe auf und flüstere ihm etwas ins Ohr, sodass er sich mit einem Ruck zu mir umdreht. Das halb gegessene Steak ist vergessen.

“Jetzt…?”, formen seine Lippen stumm. Ich nicke und rausche Richtung Toilette an ihm vorbei, sodass das wirbelnde Kleid ihn in eine verführerische Dolce&Gabbana-Wolke hüllt.

Feine Toiletten in feinen Restaurants können problematisch sein. Feine Damen stehen vor der Spiegelwand gegenüber der Kabinen und machen sich noch feiner als sie ohnehin schon sind. Die Kabine ist besetzt. Gibt es noch andere Möglichkeiten, vielleicht außerhalb der Toilette? Direkt nebenan gibt es einen kleinen Raum mit nur wenigen Tischen und Stühlen, die zusammengeklappt an der Wand lehnen. Bestimmt für kleine private Gesellschaften. Als mein Klempner auftaucht und durch die wartenden Frauen kurz verunsichert wird, stehe ich schon bereit und nehme ihn vertrauensvoll bei der Hand. Mit übertriebenen Bewegungen wie zwei Einbrecher schleichen wir uns in den kleinen Raum und sehen uns um. Wir haben freie Bahn, es gibt nur den einen Eingang. Ich schließe die Tür hinter uns und lächle ihm entgegen. Meine Handtasche lasse ich auf einen Stuhl fallen.

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