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Marco Bertolaso
Rettet die Nachrichten!
Was wir tun müssen, um besser informiert zu sein Schriften zur Rettung des öffentlichen Diskurses, 6 Köln: Halem, 2021
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© Copyright Herbert von Halem Verlag 2021
Print: |
ISBN 978-3-86962-493-8 |
E-Book (PDF): |
ISBN 978-3-86962-494-5 |
E-Book (EPUB): |
ISBN 978-3-86962-520-1 |
ISSN 2699-5832
UMSCHLAGGESTALTUNG: Claudia Ott, Düsseldorf
UMSCHLAGFOTO: Joshua Rawson Harris / unsplash
LEKTORAT: Rabea Wolf
SATZ: Herbert von Halem Verlag
DRUCK: docupoint, Magdeburg
Copyright Lexicon © 1992 by The Enschedé Font Foundery.
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Schriften zur Rettung des öffentlichen Diskurses
Marco Bertolaso
Was wir tun müssen, um besser informiert zu sein
Die Reihe Schriften zur Rettung des öffentlichen Diskurses
Warum ist der Lager übergreifende öffentlich-demokratische Diskurs gefährdet, ja geradezu ›kaputt‹? Weshalb ist der öffentliche Wettbewerb auf dem Marktplatz der Ideen ins Stocken geraten? Und welche Rolle spielen dabei Digitalisierung und Algorithmen, aber auch Bildung und Erziehung sowie eskalierende Shitstorms und – auf der Gegenseite – Schweigespiralen bis hin zu Sprech- und Denkverboten?
Die Reihe Schriften zur Rettung des öffentlichen Diskurses stellt diese Fragen, denn wir brauchen Beiträge und Theorien des gelingenden oder misslingenden Diskurses, die auch in Form von ›Pro & Contra‹ als konkurrierende Theoriealternativen präsentiert werden können. Zugleich gilt es, an der Kommunikationspraxis zu feilen – und an konkreten empirischen Beispielen zu belegen, dass und weshalb durch gezielte Desinformation ein ›Realitätsvakuum‹ und statt eines zielführenden Diskurses eine von Fake News und Emotionen getragene ›Diskurssimulation‹ entstehen kann. Ferner gilt es, Erklärungen dafür zu finden, warum es heute auch unter Bedingungen von Presse- und Meinungsfreiheit möglich ist, dass täglich regierungsoffiziell desinformiert wird und sich letztlich in der politischen Arena kaum noch ein faktenbasierter und ›rationaler‹ Interessensausgleich herbeiführen lässt. Auf solche Fragen Antworten zu suchen, ist Ziel unserer Buchreihe.
Diese Reihe wird herausgegeben von Stephan Russ-Mohl, emeritierter Professor für Journalistik und Medienmanagement an der Università della Svizzera italiana in Lugano/Schweiz und Gründer des European Journalism Observatory .
EINLEITUNG
TEIL EINS: DIE KRISE DER NACHRICHTEN
KAPITEL 1 FREIE NACHRICHTEN: EINE HISTORISCHE AUSNAHME
KAPITEL 2 MEHR PROBLEME ALS GENUG: NACHRICHTEN UNTER DRUCK
Nicht klar definiert? – Was mit Nachrichten gemeint ist
Nicht mehr geliebt? – Die Sache mit dem Vertrauen
Nicht mehr repräsentativ? – Wenn Menschen sich nicht wiedererkennen
Nicht mehr gebraucht? – Die gefährlichen Umgehungsstrategien
Nicht mehr genutzt? – Netz und soziale Medien als neue Informationsquellen
Nichts mehr wert? – Die (scheinbar) kostenlose Ware Nachricht
EXKURS: DER ALLTAG DER NACHRICHTEN
Eine Redaktion im Lauf der Jahrzehnte
Das alltägliche Ziel: Konstruktion von Wirklichkeit
TEIL ZWEI: REALISTISCHE NACHRICHTEN – NEUSTART FÜR DEN INFORMATIONSJOURNALISMUS
KAPITEL 3 WER WIR SEIN WOLLEN – DAS SELBSTVERSTÄNDNIS DER NACHRICHTEN
Verzicht auf die Allwissenheit
Nachrichten und Wahrheit(en)
Abschied von der Objektivität
Probleme der Postobjektivität
Nachrichten und Emotionen
Die große Negativverzerrung
Nachrichten und Macht
KAPITEL 4 WAS SICH ÄNDERN MUSS: MEHR NACHRICHTEN WAGEN
Ein neues Verständnis von Aktualität und Relevanz
Ausweitung der Beobachtungszone
Gesellschaftliche Perspektiven
Internationale Sichtweisen
Komplexität und Vertiefung
Das A und O: Die Quellen der Nachrichten
Organisation, Ressourcen und Verbreitung der Nachrichten
TEIL DREI: DIE NACHRICHTEN RETTEN: EINE GEMEINSCHAFTSAUFGABE
KAPITEL 5 REALISTISCHE NACHRICHTEN: EINE ZUSAMMENFASSUNG IN ZEHN PUNKTEN
KAPITEL 6 WAS DIE GESELLSCHAFT TUN SOLLTE: EINE WUNSCHLISTE MIT ACHT PUNKTEN
SCHLUSSBEMERKUNG UND DANK
LITERATUR UND ANDERE ZITIERTE QUELLEN
Wir müssen uns um die Nachrichten kümmern. Sie, ich, wir alle. Demokratische Verhältnisse, der Rechtsstaat und unsere individuellen Freiheiten, all das ist historisch betrachtet selten, aber auch in unserer heutigen Welt rar und kostbar. All das setzt allgemein zugängliche und verlässliche Informationen voraus. Nur so kann sich jede und jeder eine Meinung bilden. Nur so bleibt eine Öffentlichkeit lebendig, die gemeinsam akzeptierte Tatsachen kennt, eine Öffentlichkeit, die auf dieser Grundlage diskutiert, streitet, entscheidet und Kontrolle ausübt.
Lange war unbestritten, dass den Nachrichten dabei eine zentrale Rolle zukommt. Sie waren Kommunikationsraum und Immunsystem der Demokratie. Ob Zeitungen, Radio, Fernsehen oder Internet – der Informationsjournalismus hat die vergangenen einhundert Jahre geprägt. Jetzt steckt er in der Krise. Gesellschaftliche Fragmentierung, Infragestellung klassischer Medienangebote, die digitale Revolution mit ihren radikal neuen Informationsmöglichkeiten und mit ihren neuen, radikalen Monopolisten, das brutale Ende tradierter Geschäftsmodelle, das sind einige der bekannten Stichworte.
Aus meiner Sicht stehen die Gefahren für den Informationsjournalismus in Wechselwirkung mit einer anderen Krise, mit der Krise der repräsentativen Demokratie. Massenmedien und Parteien verlieren an Kraft, die sozialen Medien und Bewegungen gewinnen an Gewicht. Auch darum geht es in diesem Buch, doch mein Schwerpunkt liegt auf der Absicherung und Weiterentwicklung des Nachrichtenjournalismus. In diesem Berufsfeld bewege ich mich seit drei Jahrzehnten aus Überzeugung und mit Freude. Vor Ihnen liegt daher auch kein kommunikationswissenschaftlicher Text, sondern der eines gesellschaftlich engagierten Nachrichtenredakteurs.
Unser Handwerk muss Regeln nachjustieren. Wir sollten uns von Gewohnheiten und Glaubenssätzen verabschieden, von denen manche auch mir lange heilig waren. Einige Beispiele: Beobachten und kontrollieren wir noch die richtigen Entscheidungsträger, etwa mit journalistischen Hundertschaften rund um den Bundestag, den Schauplatz von teils nur noch vermuteter Macht? Wie lassen sich transnationale, internationale oder gar globale Themen in den überwiegend nationalen Medienlandschaften angemessen darstellen? Viele Menschen erkennen sich und ihre Lebenswelt in den Nachrichten nicht mehr wieder. Wie können Redaktionen darauf reagieren, um Vertrauen zu bewahren oder zurückzugewinnen? Stimmt die nachrichtliche Aktualitätsfixierung eigentlich? Sind unsere Quellen zeitgemäß? Warum klammern wir uns weiter an den mythischen Begriff der Objektivität? Und weshalb behaupten wir immer noch so oft, über ›alles Wichtige‹ zu berichten, als ob dieses Versprechen jemals auch nur für einen Tag einzulösen gewesen wäre?
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