Mimmo Lucano - Das Dorf des Willkommens

Здесь есть возможность читать онлайн «Mimmo Lucano - Das Dorf des Willkommens» — ознакомительный отрывок электронной книги совершенно бесплатно, а после прочтения отрывка купить полную версию. В некоторых случаях можно слушать аудио, скачать через торрент в формате fb2 и присутствует краткое содержание. Жанр: unrecognised, на немецком языке. Описание произведения, (предисловие) а так же отзывы посетителей доступны на портале библиотеки ЛибКат.

Das Dorf des Willkommens: краткое содержание, описание и аннотация

Предлагаем к чтению аннотацию, описание, краткое содержание или предисловие (зависит от того, что написал сам автор книги «Das Dorf des Willkommens»). Если вы не нашли необходимую информацию о книге — напишите в комментариях, мы постараемся отыскать её.

Das kleine Dorf Riace in Kalabrien und ihr Bürgermeister Mimmo Lucano (2004–2018) wurden während der humanitären Krise von Lampedusa im Jahr 2009 international bekannt, weil sie 200 Flüchtlingen und Asylbewerbern Unterkunft und Gastfreundschaft gewährten – im Gegensatz zu Mailand, das gerade mal 20 Plätze zur Verfügung stellte. Im Jahr 2017 waren im Dorf 550 Migranten untergebracht, insgesamt hatten es über 6000 Menschen durchquert.
Ende der 1990er-Jahre gab es in Riace kaum noch Landwirtschaft und Ackerbau. Die einzige Möglichkeit für die wenigen verbliebenen Bewohner war die Flucht. Dann änderte das von Mimmo Lucano geschaffene Empfangssystem alles. Die Häuser im Zentrum, die lange Zeit verlassen waren, wurden neu besiedelt. Hunderten von Flüchtlingen konnte wieder Hoffnung gegeben werden, sie konnten in Handwerksbetrieben Glas und Marmelade herstellen und in einer Weberei arbeiten. Um die verzögerten Auszahlungen von staatlichen Geldern zu überbrücken, wurde gar eine lokale Währung geschaffen.
Das »Modell« stieß auf Gegenwehr. Am 2.Oktober 2018, während der Amtszeit des Innenministers Matteo Salvini wurde Lucano unter dem Vorwurf der Beihilfe zur illegalen Einwanderung verhaftet. Die Aufnahmeprojekte wurden geschlossen, und die Häuser stehen wieder leer. Im September 2021 wurde Lucano wegen Beihilfe zur illegalen Migration und anderen Verbrechen zu 13 Jahren Haft verurteilt.
Mimmo Lucano hat nie aufgehört, an seine Idee zu glauben: Jede Gemeinschaft muss auf der Achtung der Menschenwürde beruhen. Die Geschichte von Lucano ist die Geschichte Italiens, denn sein Mut konnte die Grenze aufzeigen, jenseits derer eine Demokratie ihre Grundwerte verrät. Das Buch ist ein direktes und tiefgründiges Zeugnis, das uns einlädt, die Augen dafür zu öffnen, wer wir sind und wer wir sein wollen.

Das Dorf des Willkommens — читать онлайн ознакомительный отрывок

Ниже представлен текст книги, разбитый по страницам. Система сохранения места последней прочитанной страницы, позволяет с удобством читать онлайн бесплатно книгу «Das Dorf des Willkommens», без необходимости каждый раз заново искать на чём Вы остановились. Поставьте закладку, и сможете в любой момент перейти на страницу, на которой закончили чтение.

Тёмная тема
Сбросить

Интервал:

Закладка:

Сделать

Schon bevor ich Bürgermeister wurde, und lange bevor die »globale Migrationskrise« sich als entscheidendstes Ereignis unserer Epoche erwies, habe ich den Traum von einer Erlösung übernommen, der ein Vermächtnis meiner Heimat ist. Ich zähle die Fehler nicht mehr, die ich gemacht habe, aber ich weiß, dass ich nicht anders handeln konnte. Ich war nie fähig zu einem Blick, der andere ausschließt. Privilegien und Diskriminierung ertrage ich nicht.

Das Meer und der »Borgo«, wie wir das alte, auf einem Hügel gelegene Dorf nennen, waren die Pole meiner Existenz. Der Lehmhügel, der die kleinen Häuser des Ortskerns umfängt, war die glückliche Grenze meiner Kindheit. Die Olivenbäume, die hingestreckten Wiesen, der Duft nach Jasmin und Birnenbaum, die warmen Farben von Ginster und Kaktusfeige. Wenn ich an meine Wurzeln denke, dann sehe ich eine ewige Sommerlandschaft vor mir. Im Riace meiner Kindheit lernte ich, dass Menschsein etwas Schönes ist: die Weberinnen und die Schäfer, die von früh bis spät ihre Arbeit taten, wie eine tiefe Reflexion, die man mit den Händen macht. Von den Roma mit ihren Tänzen, die unsere religiösen Prozessionen begleiteten, erfuhr ich die Bedeutung des Wortes »Freiheit«: keine enge Bindung zu einem bestimmten Territorium zu haben und doch tief verbunden zu sein mit der Geschichte der Völker.

Meine Mutter hat mich immer ermutigt, neugierig auf andere Menschen zu sein, niemals misstrauisch, und großzügig auch, weil wir alle bedürftig sind. In den Bildern meiner Erinnerung bewahre ich den bitterarmen, entlegenen italienischen Süden wie ein großes Wunder. Es ist dieses Gefühl, das mich später veranlasste, Reisende aufzunehmen, keine Migranten oder Flüchtlinge: In unserer Kultur sind es schon immer die Fremden gewesen, die uns lehrten, den Wert der Gastfreundschaft hochzuhalten. Die Geschichte hat sie an unsere Küste gespült, wie eine Welle, die sich am Ufer bricht, an genau die Schwelle, wo auch ich schon in den Gesichtern meiner Freunde von der Vergangenheit Abschied genommen, wo ich Melancholie und Verlust kennengelernt hatte. Die ganze Welt traf an diesem Punkt zusammen, ein Durchgang, der geprägt ist von ununterbrochenen Passagen.

Aus Argentinien bekamen wir Nachrichten von meinen Tanten: Ich erinnere mich gut an die bunten Luftpostbriefe, die damals Sinnbild waren für Abwanderung, für Grenzen, für eine neu zu erfindende Identität, für ein unbekanntes Land, aber auch für eine Verbindung, die jede Entfernung überwinden kann. Auch hier war es der Süden, in den es die Menschen verschlagen hatte, wenn auch auf einem fernen Kontinent. Ich selbst hingegen würde in den Norden gehen, nach Turin, und das Arbeiterleben in der Großstadt kennenlernen. Obwohl man dort meine Sprache sprach und ich meine Landsleute frequentierte, Auswanderer wie ich, fühlte ich mich entwurzelt. Die Verlorenheit, die ich empfand, hatte etwas von einer Ohnmacht.

Die Migration ist Teil der Geschichte unseres Landes. Die inneritalienischen Wanderungsflüsse sind eine Folge der schwierigen Beziehung zwischen Zentrum und Peripherie. Unsere Politik hat regionale Realitäten immer vernachlässigt, und sie hat zugelassen, dass der Süden verarmt. So hat sie genau die Bewegung geschaffen, die sie eigentlich beschränken wollte: vom Süden in den Norden, von der Peripherie ins Zentrum.

Auch heute noch ist die Emigration in Kalabrien die einzige Alternative. Um ein Modell für die Zukunft zu entwickeln, muss man sich eine bestimmte Art von Gesellschaft vorstellen, aber wie ist das möglich, an einem Ort, an dem keine Menschen mehr sind? Riace als Ort des Willkommens ist zum Vorreiter geworden, weil es in den Widersprüchen eines ungerechten Systems eine historische Gelegenheit für die eigene Wiedergeburt erkannte. Wir haben nicht »Migrationsströme verwaltet« – ein inakzeptabler Begriff –, wir haben keine Reformmodelle ausgearbeitet –, dazu hatten wir nicht die Mittel –, wir haben nicht mal unsere eigenen Probleme gelöst. Wir haben nur den Glauben an ein Ideal eingefordert, Seite an Seite mit den Fremden, den Neubürgern, weil diese Herausforderung uns alle betrifft und das gar nicht anders sein kann. Die Globalisierung der Migration ist ein nicht aufzuhaltendes Phänomen, und die Politik der Internierungslager, der Pushbacks und Abschiebungen, der immer weiteren Gesetzesverschärfungen kann kein positives Ergebnis bringen. Durch ein absurdes Zusammentreffen, durch eine Laune des Windes, ist die Geschichte auf ein Dorf gestoßen, das mit dem »Virus der Menschlichkeit« infiziert war, einen Ort, an dem es möglich war, sich vorzustellen, dass wir alle Menschen sind. Das hat eine tiefe Spur hinterlassen, das ist das Erbe, das wir weitergeben, der Traum, dessen Verwirklichung noch aussteht.

CAPITOLO 1

Becky oder: Nur ein Stück Papier

Grab von Becky Moses auf dem Friedhof von Riace Becky Moses kam aus Nigeria - фото 4

Grab von Becky Moses auf dem Friedhof von Riace

Becky Moses kam aus Nigeria. 1Sie hatte ihr Dorf verlassen, weil sie sich weigerte, den Mann zu heiraten, den ihre Familie für sie ausgesucht hatte. Sie war an einen Ort fern ihrer Heimat geflüchtet und hatte begonnen, als Friseurin zu arbeiten. Um nach Italien zu gelangen, begab sich Becky in die Hände von Schleusern. Sie hatte Afrika durchquert, war in Libyen angekommen und fand sich dann auf dem offenen Meer in einem Schlauchboot wieder, mit einem Riesenberg Schulden am Hals.

Am 28. Dezember 2015 landete sie an der Küste Kalabriens und kam kurz darauf nach Riace. Es hätte ihr das Schicksal vieler anderer Frauen blühen können, die gezwungen sind, ihre nie endende Schuld mit Prostitution und Abhängigkeit von der Mafia zu bezahlen. Zufällig haben die bürokratischen Wege sie nach ihrer Anlandung und Identifizierung aber nach Riace geführt. Wir haben sie in unserem Dorf in einem sogenannten CAS aufgenommen, einer Erstaufnahmeeinrichtung, die ebenso wie die kleineren und dezentraleren SPRAR-Projekte von der italienischen Regierung instituiert worden waren, um den zunehmenden Flüchtlingsstrom zu bewältigen. 2

In Riace waren die CAS keine verlassenen Hotels, die von Spekulanten ausgeschlachtet wurden, und auch keine Kasernen oder Fabrikhallen mit aseptischen Schlafsälen, in denen kein Gedanke an Gastfreundschaft aufkommen konnte. Hier handelte es sich vielmehr um über das Dorf verstreute Häuser, kleine Wohnungen, die im Lauf der Jahre hergerichtet und zu Orten des Willkommens umgewandelt wurden.

Um diese CAS zu betreiben, wurden Vereinbarungen mit den lokalen Gemeinden und Verwaltungsbezirken getroffen. Es waren schwierige Jahre, damals nach 2015, als die Ankünfte der Flüchtlingsboote stetig zunahmen: Einerseits trat die italienische Regierung über die Präfektur 3von Reggio Calabria ständig an uns heran, um uns trotz beschränkter Plätze um die Aufnahme von Menschen zu bitten, während andererseits dieselbe Regierung in Form des Innenministeriums uns die nötigen Mittel verweigerte, um den Gästen menschenwürdige Standards bieten oder die Gehälter des Fachpersonals zahlen zu können. Trotz aller Schwierigkeiten haben wir alles versucht, um Wege der Integration für unsere Gäste zu entwickeln.

Kurz nach ihrer Ankunft hatte Becky, so wie viele andere auch, begonnen, sich mit dem Italienischen vertraut zu machen, einen Beruf zu erlernen und sich einer Welt zu öffnen, die völlig anders war als die, die sie bis dahin gekannt hatte. Sie entpuppte sich schnell als fröhliche junge Frau, die ganz von dem Wunsch erfüllt war, sich eine Zukunft aufzubauen. Leider erlitten ihre Träume mit den Auswirkungen des Minniti-Orlando-Dekrets, 4das in erster Linie das Ziel hatte, die Zuwanderung zu beschränken und Rückführungen zu erleichtern, sowie mit der endgültigen Ablehnung ihres Asylantrags einen herben Rückschlag. Wenn sie nicht diesen entsetzlichen Tod gestorben wäre, hätte sie wahrscheinlich nicht in Italien bleiben dürfen, sondern wäre in ihre Heimat abgeschoben worden.

Читать дальше
Тёмная тема
Сбросить

Интервал:

Закладка:

Сделать

Похожие книги на «Das Dorf des Willkommens»

Представляем Вашему вниманию похожие книги на «Das Dorf des Willkommens» списком для выбора. Мы отобрали схожую по названию и смыслу литературу в надежде предоставить читателям больше вариантов отыскать новые, интересные, ещё непрочитанные произведения.


Отзывы о книге «Das Dorf des Willkommens»

Обсуждение, отзывы о книге «Das Dorf des Willkommens» и просто собственные мнения читателей. Оставьте ваши комментарии, напишите, что Вы думаете о произведении, его смысле или главных героях. Укажите что конкретно понравилось, а что нет, и почему Вы так считаете.

x