Damit sind wir jetzt zu siebent. Sie, liebe anonyme Leserin oder anonymer Leser, Rudi, Patrizia, Peter, Rainer, Claudia und ich. Mir geht es gut mit euch. Bis auf einen, den Leser, hab ich alle voll unter Kontrolle. Das baut meine Angst ab. Jetzt kann ich zur Höchstform auflaufen.
Haben Sie, liebe Leserin, lieber Leser, schon etwas im Glas oder in der Tasse? okay. Sie müssen Ihren Tee noch ziehen lassen. Die drei Minuten warten wir gerne auf Sie. Da können sich die anderen auch noch etwas nehmen.
Rainer hätte gerne einen Lungo vom Umutima wa lake Kivu Rwanda. What Else? Aber die Nespressomaschine für die Laptop-Tasche wurde noch nicht entwickelt und hier am Flughafen in Frankfurt gibt es den noch nicht. Musst du dich mit deinem stillen Mineralwässerchen begnügen. Patrizia, du schenkst dir einen Prosecco ein. Keine Supermarktware, sondern einen schönen docg aus Conegliano Valdobbiadene. Zwölf Euro die Flasche. Man gönnt sich ja sonst nichts. Schaun wir mal, wie viel von der Flasche übrig bleibt. Peter, Sodazitron oder Bier? Was ist dir jetzt lieber? Du nimmst das Sodazitron. Beim Alkohol bist du vorsichtig. Rudi bekommt was Tolles ins Glas. Was trinkt ein gesetzter Schweizer in Lausanne, wenn er sich entspannen will? Du wählst einen Côte de Beaune. Beim Winzer direkt gekauft. Ist ja nicht weit von dir. Claudia, fang mit einem Kräutertee an. Vielleicht lass ich dich später auf einen von euren superben steirischen Weißweinen umsteigen. Aber du wirst immer ein bisschen wuschig, wenn du zwei Gläser hast.
Haben alle etwas? Sind wir bereit? Dann los. Machen wir etwas aus den gemeinsamen Stunden.
Ja, Rainer. Was gibt es denn schon?
UNTERLIEBT ♥ Worum geht es überhaupt?
Du willst wissen, wie die Agenda lautet, worüber wir überhaupt reden. Bisher war es ja nur ineffizientes Geschwafel. Du willst endlich auf Zug kommen und Action haben. Wir müssen ja etwas weiter bringen. Sonst gehst du wieder. Ob du gehst oder bleibst, entscheide noch immer ich. Wegen der Agenda ersuche ich dich, einmal effizient das Inhaltsverzeichnis zu lesen. Das ist ja so etwas wie eine Agenda. Da wird dir vielleicht das Wort unterliebt auffallen. Also wird es wohl eher nicht um den Überfluss an Liebe gehen, sondern eher vom zu wenig davon. Das ist das Thema dieses Buches. Kommt ja sogar im Titel vor. Es geht um die große Unterliebe. Unterliebe. Davon sind die meisten von uns betroffen. Wir haben einfach zu wenig Liebe. Wir bekommen zu wenig und geben uns selbst auch nicht genug. Du, Rainer, bist ganz sicher einer von den Unterliebten. Es ging auch schon bisher um die Unterliebe, nur hab ich das noch nicht so deutlich geschrieben, immer gleich rot unterstrichen oder irgendwie animiert. Ich wollte den Leser, die Leserin durch die Geschichten und das Spielen mit dem Namen emotional ins Thema einsteigen lassen. Den Verstand ein bisschen irritieren, austricksen. Erst wenn man sich vom Gewohnten trennt, kann man sich für das Neue öffnen. Der Verstand ist oft der Hüter des Gewohnten. Der glaubt, er weiß, wie es geht. Die Ratio dominiert bei uns viel zu oft die Emotio. Ich muss den Verstand verwirren, damit er Platz macht für die Emotion.
Rainer, diese Worte werden uns immer wieder begegnen: Liebe, Unterliebe, Eltern, Selbstliebe, Fremdliebe, Herde, Wertschätzung, Selbstwert, Fremdwert, Anerkennung, Nespresso, Selbstwertflunder, Jesus, Wirtschaft, Begeisterung, Leben, Filter, Angst, Freude. Lass dich drauf ein. Und diese Formel wird sich auch gleich aus dem Dunkeln lösen:
L G= L S+ L F
Wann genau das sein wird, entnimm bitte dem Inhaltsverzeichnis. Sie ist jedenfalls die Basis für unsere Betrachtungen.
Wir werden uns mit meinen Fragen beschäftigen:
• »Warum sind wir eigentlich so schlecht drauf?«
• »Wer hat uns so gemacht?«
• »Wer braucht solche Menschen?«
• »Wer hat einen Nutzen davon, dass es uns nicht so gut geht?«
• »Was können wir dagegen machen?«
Rainer, zu deinem Vorwurf des ineffizienten Geschwafels möchte ich dich darauf hinweisen, dass Vertrauen die Basis jeder Beziehung ist und erst aufgebaut und dann gepflegt werden muss. Warum ich das euch Führungskräften immer wieder von Neuem sagen muss! Du hast es ja leicht. Du kannst deine Mitarbeiter freisetzen, wenn du ihr Vertrauen verloren hast. Ich kann meinen Leser aber nicht einfach rauswerfen, wenn er mir die Gefolgschaft verweigert. Da ist es umgekehrt. Der Leser kann mich aus seinem Leben rauswerfen. Nimm das jetzt einmal und gedulde dich. Sonst hänge ich dir gleich eine Mail von eurem Super-CEO von weltweit überhaupt um, der euch alle zu einem Boardmeeting vergattert. Morgen zehn Uhr früh in London. Ihr seid 3,62 % unter Plan. Sparmaßnahmen müssen sofort gefasst werden. Da kannst du dein Super-Businessclass-Ticket umbuchen und kommst heute wieder nicht nach Nürnberg heim. Yeah. Die Runde geht wohl an mich. Aber du sollst deine Action haben.
Ich möchte dich, Rainer, meine anderen virtuellen Leser und Sie, liebe Leserin, lieber Leser, in die warme Sonne Kaliforniens entführen. Zum Superbowl.
UNTERLIEBT ♥ Der Superbowl
Der Superbowl ist das wichtigste Einzelsportereignis der Welt mit knapp einer Milliarde Fernsehzuschauern weltweit. Ein 30-sekündiger Werbespot kostet 4 Millionen Dollar.
Er ist das Endspiel der nfl, der National Football League in den USA, wo die Sieger aus den beiden Vorrunden aufeinander treffen und den Champion ausspielen. In diesem Jahr fand das Endspiel im Levi's Stadion in Santa Clara in Kalifornien statt. Dort begeben wir uns jetzt hin und tun so, als ob wir live dabei wären. Ein wunderbares Stadion. 75.000 Zuschauer. Und wir mitten drinnen. Angenehm warm ist es da.
Die Spieler sind noch nicht eingelaufen, doch die Begeisterung ist schon zum Greifen, die Euphorie spürbar. Alle sind gut drauf. Die Stimmung ist toll. Die Leute machen schon die Welle. Ohoohooo! Da sollten wir jetzt mitmachen. Wir sitzen ja auch im Stadion. Live dabei. Patrizia, du willst nicht? Du bleibst lieber auf deinem Sofa sitzen. In deinem Schmuddelpyjama. Es ist gerade so gemütlich. Claudia, du liest das Buch gerade in der Straßenbahn. Da würde die Welle ein bisschen peinlich wirken. Inmitten all dieser ernsten Gesichter und dieser vielen Menschen, die ihre privatesten Geheimnisse in ihr Mobiltelefon schreien. Peter, du liest mich auf deinem stillen Örtchen. Du bleib bitte sitzen. Lassen wir das mit der Welle.
Die Kisscam fängt immer wieder Pärchen ein. Die werden dann auf den großen Videowalls gezeigt, von einem Herz gerahmt und sollen sich küssen. Alle jubeln dazu. Da ist auch der Popcorn und Hotdog-Verkäufer mit seinem Bauchladen. Der Duft ist ein unverzichtbarer Bestandteil der Stimmung. Dort sitzt so ein typischer Ami mit seiner Cola-Dosen-Mütze. Sie wissen eh, je eine Dose rechts und links auf der Kappe mit einem Schlauch direkt zum Mund. Damit man die Hände fürs Popcorn und den Hotdog frei hat. Crazy. Mit unseren Wein, Prosecco und Kräutertee fallen wir schon ziemlich auf.
Am Spielfeldrand tanzen sich die Cheerleader schon warm. Die Cheerleader sind diese leicht bekleideten, gut aussehenden Mädchen. Kurze Röcke, enge Tops. Die sorgen mit ihren Choreografien für jede Menge Akrobatik und Erotik.
Und da kommen die beiden Mannschaften aufs Spielfeld, Gladia …
Rainer, Rudi und Peter, habe ich euch gerade verloren? Seid ihr gedanklich bei oder in den Cheerleadern hängengeblieben. Die Präposition macht einen Unterschied. Unsere Damen denken sich gerade, was schon wieder für eine hormongesteuerte Geschichte. Gut. Meine Herren, ihr könnt euch jetzt selbst in einen kurzen Werbeblock hängen oder weiter von den Cheerleadern träumen. Oder ihr lest auch, was ich über die Wichtigkeit der Cheerleader zu sagen habe.
Definition der Cheerleader, nach Wikipedia.
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