Lisbeth Herger - Zwischen Sehnsucht und Schande

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Neun Kinder hat die Stickerin Anna Maria Boxler geboren, sieben von ihnen wurden ihr von den Behörden weggenommen, fremdplatziert oder verdingt. Über fünfzig Mal musste sie in ihrem Leben umziehen, wurde verurteilt wegen Ungehorsam, Abtreibung und Prostitution, war zwischenzeitlich administrativ versorgt. Lisbeth Herger und Heinz Looser verfolgen die Spuren von Anna Maria Boxler, der lange tabuisierten Grossmutter des Historikers Looser. Dieser recherchierte in Kirchen-, Dorf- und Staatsarchiven in den Kantonen St. Gallen, Thurgau und Zürich sowie in den Akten der Armenfürsorge, wo eindrückliche Bittschriften der Grossmutter auftauchten. Die persönlichen Briefe zeigen eine widerständige Stickerin im Kampf ums Überleben und geben – ergänzend zu den Behördendokumenten – einen einzigartigen Einblick in ein Frauenleben aus der Unterschicht. Dramatisch schildert die Autorin Lisbeth Herger die Recherche des Enkels und das Leben seiner Grossmutter. Dabei entsteht das Bild eines zwischen Sehnsucht und Schande verkeilten Lebens in einer Gesellschaft, die Armut als moralisches Versagen verurteilt. Ein historisches Glossar erlaubt eine vertiefte Einbettung dieses Lebens in die Geschichte der Schweiz dieser Zeit.

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Der Neustart in Zürich ist von kurzer Dauer. Anna Maria wird wegen Unterschlagung und Diebstahl polizeilich gesucht und im August 1916 in Zürich verhaftet. Man liefert sie nach St. Gallen aus. Im Gerichtsurteil kann der Enkel die neuen Straftaten seiner Grossmutter detailliert nachlesen.

Drei Jahre war es her, da hatte Anna Maria, wie früher schon erwähnt, sich eine Nähmaschine angeschafft, eine «Singer», auf Abzahlung, unter registriertem Eigentumsvorbehalt, wie dies in der Juristensprache heisst. Kaufpreis 240 Franken, monatliche Rate sechs Franken, nach gut drei Jahren Abzahlung hätte die Maschine ihr gehört. Die Rechnung ging leider nicht auf. Statt schönem Nebenverdienst und eigener Maschine stand Anna Maria das Wasser derart bis zum Hals, dass sie – Restschuld hin oder her – die Maschine in jenem Sommer verkaufte. Offenbar wurde sie auch dabei von jemandem verpfiffen. Der hiesige Vertreter der Singer Cie erhielt hievon Kenntnis und hat Strafklage gestellt, hält die Gerichtsakte fest.

Die zweite Unterschlagung ist ebenfalls ein nicht legaler Verkauf. Das Ehepaar Looser hatte von einem Bekannten zwei Betten, zwei Kasten und ein Tischchen ausgeliehen. Als sie sich nicht mehr anders zu helfen wussten, hat Anna Maria die Schränke und das Bett versetzt. Und bei der dritten Straftat geht es um den Diebstahl eines kupfernen Wasserschiffdeckels im Wert von zehn Franken. Den hat Anna Maria aus ihrer Mietwohnung entwendet und für zwei Franken dem Altwarenhändler Aschkenas verkauft. Sie hat sich damit eines Diebstahls schuldig gemacht, welcher als qualifizierter bezeichnet werden muss, da die Angeklagte als Mieterin zu dem Aufbewahrungsort des Diebstahlobjekts Zutritt hatte, notiert der Gerichtsschreiber dazu.

Anna Maria verteidigt sich vor Gericht wiederum selbst. Sie gibt sich zurückhaltend. Der Geschichte mit der verkauften Nähmaschine hat sie nichts beizufügen. Bei den verkauften Möbeln versucht sie es mit ein paar unbeholfenen Ausreden – einer der Kasten sei beim Umzug in die Brüche gegangen, und zudem habe sie diese inzwischen rechtmässig gekauft –, doch man glaubt ihr nicht. Auch den Diebstahl des kupfernen Deckels gibt sie fraglos zu. Sie hofft einzig auf mildernde Umstände: Die Angeklagte, deren Ehemann längere Zeit im ( freiwilligen) Militärdienst weilte, sucht die sämtlichen Begangenschaften mit ihrer Notlage zu entschuldigen. Um ihr Argument zu unterlegen, hat sie sich einen speziellen Auftritt ausgedacht: Sie hatte allerdings sechs Kinder bei sich . Ein starkes Stück. Insbesondere da sie vor dem Prozess in der Untersuchungshaft steckt und den kleinen Coup von dort aus organisieren muss. Offenbar sind alle gekommen. Maria, mit ihren zwölf Jahren die Älteste, dann Emma und Klara und die drei Brüder Adolf, Fritz und der zweijährige Hans. Zusammen mit ihnen stellt sie sich vor die Richter, eine verzweifelte Mutter Courage, und pocht auf etwas Milde. Ohne Erfolg. Denn es lautet die amtlich und privat über sie erteilte Auskunft äusserst schlecht.

Am meisten mag den Richtern aufgestossen sein, dass sich die sechsfache Mutter während der langen militärbedingten Abwesenheiten ihres Mannes einen neuen Liebhaber gesucht hat. Die wegen versuchter Fruchtabtreibung und wegen Gewerbsunzucht vorbestrafte Person hat die militärische Notunterstützung in Hauptsachen dazu verwendet, einen übel beleumdeten, ledigen Schlosser, Julius Müller, zu verhalten, mit dem sie in Abwesenheit ihres Mannes ein Liebesverhältnisse hatte. Julius Müller, ein Handwerker aus St. Gallen, war damals als ihr Zimmerherr in das Leben der Anna Maria Boxler gekommen. Offenbar hatte Anna Maria als Zusatzverdienst ein Bett in ihrer Wohnung ausgemietet, eine damals in ihrem Stand verbreitete Praxis. Dadurch hat sie den schlagfertigen jungen Mann kennengelernt, der ihr offenbar gefiel, er wurde ihr Geliebter und – Jahre später dann – ihr zweiter Ehemann. Die beiden haben ihre Liebschaft nie geleugnet. Ob Anna Maria aber so sorglos ihr Nothilfegeld mit ihm verprasste und die Kinder darben liess, wie die Richter ihr hier im Urteil unterschieben, verdient seine Zweifel. Auffällig ist jedenfalls, dass entsprechende Beweise entgegen der sonst üblichen Ausführlichkeit des Urteils fehlen.

Sie wird also für schuldig erklärt und zu drei Monaten Gefängnis verurteilt. Beim Eintritt in das Kantonale Strafgefängnis St. Jakob in St. Gallen trägt man sie unter der Stammnummer 3397 als Nachstickerin ein, während der Haft arbeitet sie als Näherin, ihr Verhalten sei angehend, hält das Kontrollblatt fest. Weiter stellt man bei der Inhaftierten eine Anämie fest. Diese Blutarmut als Folge von Vitamin- und Eisenmangel war in ihren Kreisen, vor allem bei den Frauen und Kindern, verbreitet. Zudem war Anna Maria bei Strafantritt im fünften Monat schwanger. Dieses Kind muss sie während ihrer Gefangenschaft verloren haben. Denn als sie Anfang Dezember entlassen wird, findet man weder auf ihrer Stammkarte noch auf dem Einwohneramt ein weiteres Kind registriert.

Anna Maria kehrt nicht mehr zu ihrem Mann zurück. Ihre erneute Verhaftung und wohl auch die Liebschaft mit Julius haben das Ehepaar endgültig auseinandergebracht. Adolf, der in Zürich geblieben ist und bei Hefti und Co. Arbeit als Schlosser gefunden hat, hat erst noch auf Versöhnung gehofft, doch dann gibt er es auf, schreibt nicht weiter Gesuche mit der Bitte, die Familie zusammen zu belassen. Er hat genug: Zu wiederholten Malen beklagt sich Adolf Looser-Boxler über das Verhalten seiner aus der Strafanstalt St. Gallen entlassenen Frau. Durch das Gemeindeamt wurde bereits Einlieferungsbegehren gestellt u. es ist nun abzuwarten was in Sachen geschieht, notiert man in seinem Bürgerort.

Wo Anna Maria, die nun getrennt von ihrem Ehemann Lebende, sich in den nächsten Monaten aufhält, ist nicht eindeutig festzulegen. Für einmal widersprechen sich die Quellen. Folgt man den Nesslauer Protokollen, führt das erwähnte Einlieferungsbegehren zu einer zwischenzeitlichen Versorgung der Strafentlassenen, vermutlich in der gemeindeeigenen Armenanstalt. Im Niederlassungsbuch der Stadt St. Gallen jedoch wird sie als von Zürich kommende Zuzügerin eingetragen, die bis Mitte August in Untermiete bei einer Frau Seraphia B. lebt und dann mit unbekanntem Zielort, also eventuell Nesslau, abgeschoben wird. Und in der dritten Variante, die der Enkel in einem der Gerichtsurteile findet, heisst es, sie habe sich direkt in St. Gallen bei der verwitweten Wäscherin Seraphia B. als Untermieterin eingeschrieben und sei dort ein Dreivierteljahr geblieben. Für die drei Monate danach allerdings finden sich auch hier keine Angaben. Anna Maria hat den festen Tritt verloren und die Behörden ihre genaue Spur. Bis sie dann am Nikolaustag 1917 erneut verhaftet wird.

Nach zwei Monaten Untersuchungshaft – die Ermittlungen haben offenbar gedauert – ist dann Gerichtstag. Wieder beim St. Galler Bezirksgericht. Man kennt sich. Einzig Herr Dr. Bärlocher ist neu unter den schwarzen Roben. Und sie, Anna Maria, steht diesmal nicht allein, sondern in einer ganzen Reihe von Mitangeklagten vor den Richtern.

Im Fokus der Anklage steht wiederum → Abtreibung. Die in den Fall verwickelten sechs Angeklagten sind mehr oder weniger Habenichtse, ihr Hilf-dir-selbst-Versuch im Kampf gegen Fruchtbarkeit ist ein Trauerspiel in bester Armeleute-Besetzung. Da ist der Handelsreisende Peter H., der wegen vollendeter Abtreibung und Gehilfenschaft bereits früher zwanzig Monate Zuchthaus abgesessen hat und es noch immer nicht lassen kann, Frauen in Not bei Bedarf mit Haselwurzpillen und Scheidenspülungen behilflich zu sein und dabei auch ein bisschen zu verdienen; da ist die Rosa Sch., die Wirtin vom «Schöntal» an der Schwertgasse, die als Vermittlerin zwischen dem Engelmacher Peter H. und den Frauen gewirkt haben soll und sich wegen fortgesetzter Gehilfenschaft zur versuchten & vollendeten Fruchtabtreibung zu verantworten hat; weiter stünde da Taglöhner Eduard T., der wegen fortgesetzter einfacher Unzucht ( → Unzucht) angeklagt ist, vor den Richtern, denn schliesslich hat er mit ausserehelichem Geschlechtsverkehr eine 25-jährige Kellnerin geschwängert; der jedoch ist längst über alle Berge, über ihn wird in Abwesenheit verhandelt. Und schliesslich steht vor Gericht die uns schon bekannte Zimmerwirtin Seraphia B., die gewusst haben soll, dass ihre Untermieterin Anna Maria Boxler regelmässig Besuch empfängt von ihrem Geliebten. Sie als Vermieterin wird der fortgesetzten einfachen Kuppelei verdächtigt, weil sie solch ungesetzliches Tun unter ihrem Dach wissentlich duldete. Ein Vergehen, das man ihr übrigens fraglos zutraut, es wäre nicht das erste Mal, wie die Richter wissen.

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