Zukunftsperspektiven Corina und Markus gehen auf die Sechzig zu und spüren dies auch. »Wir sind nicht mehr gleich leistungsfähig wie mit vierzig«, betont Corina. »Ich komme von der Arbeit nach Hause, bin müde und kann nicht mehr viel erledigen.« Wenn Markus in vier Jahren pensioniert wird, möchte er mehr freie Zeit für sich und seine Hobbys haben. »Es war für mich immer klar – als wir die Kinder hatten –, dass ich auf eigene Bedürfnisse verzichte und diese zugunsten der Familie hintanstelle. Nun genieße ich es, mehr für mich tun zu können. Ich spiele heute viel mehr Klavier, ich koche, ich reise, und ich gehe wandern.« Corina hingegen wünscht sich mehr Zeit, die sie mit ihrem Mann verbringen könnte. Sie hat manchmal den Eindruck, (zu ihm) »dass du ein wenig sehr selbstbezogen geworden bist. Ich empfinde es manchmal so, dass ich stärker – nicht ausschließlich – auf uns beide achte. Wir müssen uns nun neu definieren.«
Verpflichtungen gegenüber den (Groß-)Eltern Betreuungspflichten gegenüber eigenen Eltern gibt es (noch) keine. Markus Brandenbergs Mutter lebt im Altersheim und ist dort gut aufgehoben. »Es heißt für mich jedoch, dass ich sie – wenn möglich alle zwei Wochen, manchmal wird es ein Monat – im Altersheim Zug besuche. Das nimmt einen halben Tag in Anspruch.«
Corinas Eltern sind noch selbstständig und bei guter Gesundheit. Sie ist sich aber bewusst, dass mit zunehmendem Alter ein gewisser Betreuungsbedarf entstehen kann. »Mein Vater wird 87, und meine Mutter ist 77 Jahre alt. Ich rechne damit – es ist jedoch noch nicht der Fall –, dass sie irgendwann viel mehr Unterstützung benötigen werden.«
Vor- und Nachteile des egalitären Rollenmodells Corina Elmer und Markus Brandenberg erkennen am egalitären Rollenmodell Vor- und Nachteile. »In diesem Modell gibt es ein labiles Verhältnis zwischen zwei Leuten mit je unterschiedlichen Vorstellungen«, stellt Markus fest. »Wir mussten viel daran arbeiten, und es ist aufwendig, dass es funktioniert. Es braucht Ausdauer, damit man dranbleibt.« Corina betont, definierte Rollen könnten auch hilfreich sein, »indem sie die Dinge vereinfachen. Wenn nicht klar ist, wer der Außenminister und wer der Innenminister ist, muss man sich vermehrt einigen.« Einen Vorteil des Modells sieht sie darin, »dass beide Partner in beide Bereiche hineinsehen. Man weiß, was es heißt, einen Tag lang mit quengelnden Kleinkindern zu Hause zu sein. Und man weiß, was es heißt, einen Tag lang an Sitzungen teilzunehmen, arbeiten zu müssen und am Abend nach Hause zu den Kindern zu kommen.« Corina ist überzeugt davon, »dass das partnerschaftliche Modell den Kindern extrem guttut. Aus Sicht der Gewaltprävention finde ich es zudem wichtig, dass die Jungen – die eher dazu neigen, ihre Aggressionen nach außen zu tragen – durch das Erleben ihrer Väter gestärkt und in ihrer Identität gefestigt werden.«
Gesellschaftliche Rahmenbedingungen Corina wünscht sich »ein Betreuungsmodell, das den Eltern erlaubt, das zu wählen, was für sie stimmt. Man müsste vermehrt familienverträgliche Arbeits- und Betreuungsstrukturen schaffen und diese öffentlich unterstützen. Ich bin der Ansicht, dass diesbezüglich der Wille der Öffentlichkeit gering ist und dass die Schweiz im Vergleich mit anderen Ländern extrem schlecht abschneidet. Auch die Arbeitgeber und die Wirtschaft müssten sich dafür einsetzen. Sie könnten von familienverträglicheren Modellen nur profitieren.«
Beide Partner haben in ihrem beruflichen Umfeld die Beobachtung gemacht, dass junge Menschen zum Teil wieder traditioneller denken. Brandenberg sieht bei seinen weiblichen Studierenden oft »die Einstellung, dass sie zu Hause bleiben möchten, um eine gute Mutter zu sein. Das höre ich heute viel öfter als vor zwanzig Jahren.« Corina bestätigt: »Viele Frauen, die es sich leisten können – die mittelständischen –, ziehen sich, wenn sie Kinder bekommen, aus dem Arbeitsprozess zurück.« Das Paar findet diese Entwicklung bedenklich – und unbegründet. Sie haben ihr Rollenmodell als anspruchsvoll, aber bereichernd erlebt und sehen viele gute Gründe, es weiterzuempfehlen. Sie wünschen sich deshalb geeignete Maßnahmen, die darauf abzielen, die egalitäre Rollenteilung bei jungen Leuten bekannt(er) zu machen.
TEIL II FORSCHUNGSSTAND ZUR EGALITÄREN ROLLENTEILUNG
(Verena Witzig)
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