Linien auf einer Fläche werden als Buchstaben identifizierbar, wenn sie im Kontext von Sprache beobachtet werden. Wenn ich ein „x“ als Datum sehe und es zum Buchstaben erkläre, verfüge ich über die Ordnung von Buchstaben und kann dem „x“ die Bedeutung von „ x “ zuschreiben, d.h. ich sehe in ihm den drittletzten Buchstaben des lateinischen Alphabets. „x“ kann aber auch das Kreuz auf dem Lottoschein sein; dann ist es ein Markierungssignal, die entsprechende Zahl gilt für das Spiel als gesetzt. Somit wird immer erst das zum Zeichen, was vom Rezipienten dazu gemacht wird bzw. gemacht werden kann. In kommunikativen Zusammenhängen muss gesichert sein, dass es wenigstens ein zweites Individuum gibt, das diesen Zusammenhang herstellen kann. Damit besitzt der Zeichenbegriff eine nutzerunabhängige Wertigkeit.
Die kommunikative Tauglichkeit hängt davon ab, ob die Nutzer sicher sein können, dass die Zeichen auf dem Hintergrund sehr ähnlicher Kontexte gelesen werden. Nur wenn das der Fall ist, können sie kommunizieren ohne die Kommunikation selbst in Frage stellen zu müssen. Im Alltag wird dieser Zusammenhang oft vernachlässigt, weil der Zeichengebrauch nicht reflektiert, sondern automatisch vollzogen und als selbstverständlich betrachtet wird.
Typen von InterpretantenPeircePeirce beschreibt drei Typen von Interpretanten.ZeichenTypen Es gibt den unmittelbaren Interpretanten , bei dem das Zeichen unvermittelt emotional auf sein Bewusstsein einwirkt. Als typisch für eine solche Wahrnehmung und Wahrnehmungsverarbeitung zitiert Peirce das Hören von Musik. Davon unterscheidet er die energetische Verarbeitung. In diesem Fall verarbeitet der Interpretant das Zeichen durch Handeln und kognitive Arbeitsleistungen. Diese Funktionsweise wirkt in das interaktive Verstehen der Zeichen unmittelbar hinein. Er besucht ein Theater, geht in Ausstellungen oder macht Sport. Die dritte Form findet sich in der logischen , normalen bzw. finalen Verarbeitung. Das Repräsentamen wird hier aufgrund bestimmter Denkgewohnheiten verarbeitet, die bei einzelnen Interpretanten bestehen. Es kann zu Veränderungen der Denkgewohnheiten kommen, wenn sich im Objektbereich entsprechende Modifikationen vollziehen.
Typen von RepräsentantenIndicesGrundsätzlich werden drei verschiedene Typen von Repräsentamen unterschieden. Es gibt Indices, sie werden auch als Indikatoren bezeichnet, die einen konkreten Bezug zu einem singulären Objekt organisieren. Der Index bzw. Indikator verweist darauf, ohne dabei einen Effekt, z.B. die Ähnlichkeit des Zeichens zum Objekt, zuhilfe zu nehmen. Der Hinweis erfolgt unvermittelt. Wenn wir Rauch sehen, vermuten wir, dass es ein Feuer gibt, und so verweist der Rauch indirekt auf das Feuer. Eine Geste mithilfe des ausgestreckten Fingers wird als Zeigen auf etwas verstanden. Wir können dem Finger in die angezeigte Richtung bis hin zu einem Objekt folgen und sehen in der Menge möglicher Bezugsobjekte das, worauf der Finger zeigt.
Von den Indikatoren unterscheidet PeircePeirce solche Bezugnahmen, in denen das Zeichen eine Ähnlichkeit simuliert. Er spricht dann von Ikonen .Ikon Typisch dafür sind Bilder. Wir erkennen im Abgebildeten aufgrund seiner Gestalt etwas, was wir durch unser Wissen über die Welt als Objekt identifizieren können. Auf diesen Zeichentyp wird gerne zurückgegriffen, wenn sprachunabhängig Informationen gegeben werden sollen. Bei den olympischen Spielen 1972 in München wurden solche Ikonen entwickelt, welche Hinweise auf die verschiedenen Sportarten boten sowie zur Orientierung an öffentlichen Plätzen genutzt wurden. Ganz selbstverständlich ist dort das Bildzeichen für den Fluchtweg geworden.
Piktogramm/Ikon
Der „Leser“ erschließt sich aufgrund der erkannten Gestalt und der Zuordnung eines mitgedachten Handlungszusammenhangs, was gemeint sein könnte. Die Grenzen dieses Zeichentyps wurden bei den Symbolzeichen der Windows-Programme erkennbar, wo die Ikonen nicht mehr ohne weiteres Handlungszusammenhänge ausdrücken konnten, weil die anzuzeigenden Inhalte zu spezifisch sind. Ein Ikon zur Wahl der Sprache oder zum Abzählen der Wörter funktioniert nur, wenn es sprachlich ergänzt wird.
SymbolDie arbiträr angelegten Zeichen klassifiziert Peirce als Symbole . Sie können nur funktionieren, wenn der Benutzer aufgrund speziellen Wissens über den Gebrauch des Zeichens von der Zeichengestalt her eine Beziehung über das vorgestellte zum vorfindlichen Objekt herstellen kann. Das setzt einen konventionell angelegten Gebrauch voraus, so dass Nutzer aufgrund des Zeichens auf dasselbe Objekt schließen können, wenn sie die Konventionen kennen, die an den Zeichengebrauch geknüpft sind. Sprache ist dafür das typische Beispiel und die verschiedenen Buchstaben oder Buchstabiersysteme als Morse- oder Flaggenalphabet.
Erklärung
Zeichen leben von der Interpretationsleistung ihrer Benutzer. Diese müssen über Wissen und Erfahrungen im Umgang mit kommunikativen Situationen verfügen, welche ihnen erst die Möglichkeiten geben, aus Datenkonstellationen auf mögliche damit verbundene Zeichen schließen zu lernen. Wissenschaftlich ist der Zugang schwierig, weil faktisch sehr viele Daten mit unterschiedlicher Qualität im Spiel sind, die keineswegs in ihren Details und ihrer Wirkung erklärt werden können, vorausgesetzt sie werden überhaupt bewusst wahrgenommen. Die Herausforderung besteht zu klären, wie aus der vielfältigen Varietät kommunikativ gemeinsames Handeln arrangiert wird.
Der Gebrauch der ZeichenZeichenGebrauch
Das Besondere an Peirce ZeichendarstellungPeirce ist, dass er Zeichen nicht als etwas für sich Gegebenes begreift. Er entwickelte einen dynamischen Zeichenbegriff: Der Nutzer von Zeichen muss Daten, die er vorfindet, in ihrem Zeichencharakter erkennen. Geschwärzte Stellen auf einem Blatt müssen als Buchstaben, Buchstaben als Wörter, Wörter als Sätze und Sätze als Text interpretiert werden. Das Zeichen ist dabei immer ein Ergebnis eines Adaptionsprozesses, bei dem auf dem Hintergrund von Index, Ikon oder Symbol nach passenden Kontexten des Gebrauchs gesucht worden ist. Findet der Akteur einen solchen, kann er die Zeichen lesen und deuten, wobei er ständig herausgefordert ist zu prüfen, ob die gefundene Lesart und Deutung dem erarbeiteten Kontext standhält. Der Akteur wird so permanent mit dem Problem konfrontiert, die sich ihm auftuenden Ordnungen und möglichen Kontexte zu harmonisieren und zu koordinieren. Denn die Offenheit dessen, was als Zeichen erkannt wird, sichert einerseits die Dynamik und Flexibilität im Umgang mit Zeichen, schafft aber andererseits Unsicherheitspotential. Ein gutes Beispiel dafür ist der Umgang mit individuellen Handschriften.
RepräsentamenDer Zeichennutzer kann nach PeircePeirce das Repräsentamen als Rhema , Dicent und als Argument gebrauchen. Auf diese Weise versucht Peirce, Ordnungen zu charakterisieren, wie sie vor allem durch das Zeichensystem der Sprache nahegelegt werden. Deren Wirkmächtigkeit besteht darin, dass sie Objekte, oder allgemeiner formuliert, Entitäten der tatsächlichen oder gedachten Wirklichkeit benennen kann. Dafür werden in der Regel Wortphrasen benutzt. Die Sprache stellt ferner verbale Mittel zur Verfügung, mit denen Eigenschaften und Relationen bezeichnet werden können. So ist es möglich, Objekte zu klassifizieren, zueinander in Beziehung zu setzen und auf diese Weise Ereignisse und Sachverhalte zu besprechen.
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