Forum Exegese und Hochschuldidaktik – Verstehen von Anfang
Jg.1 – 2016 | Heft 2
Herausgegeben von Stefan Fischer und Thomas Wagnerin Zusammenarbeit mit Melanie Köhlmoos
Narr Francke Attempto Verlag Tübingen
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E-Book-Produktion: pagina GmbH, Tübingen
ePub-ISBN 978-3-7720-0056-0
Forum Exegese und Hochschuldidaktik Verstehen von Anfang an (VvAa)
Jahrgang 1 – 2016, Heft 2
Stefan Fischer und Thomas Wagner
Die zweite Ausgabe dieser Zeitschrift ist dem Thema Proseminar gewidmet. Studierenden von Lehramt und Fachtheologie begegnet das Proseminar recht früh im Studienverlauf. Vom 28. September bis 1. Oktober 2015 befasste sich die erste Netzwerktagung »Verstehen von Anfang an« in Wuppertal mit dieser Veranstaltungsform. Während der Tagung führten uns Referentinnen und Referenten in ihre Methodik der Vermittlung exegetischer Methoden ein. Die Workshops und Vorträge dieser Tagung gaben einen Anstoß zu intensiven Diskussionen und methodischen Reflexionen, die in die hier abgedruckten Beiträge einflossen. Zugleich entstammen die vier Hauptbeiträge nicht nur der theoretischen Reflexion über das Proseminar, sondern sind alle praxiserprobt.
Matthias Hopf lehrt seit vielen Jahren das Proseminar an der Augustana-Hochschule in Neuendettelsau und wurde bereits als Student in literaturwissenschaftliche Methoden der Exegese eingeführt. In seinem Beitrag plädiert er für den exegetischen und didaktischen Mehrwert eines literaturwissenschaftlichen Ansatzes. Er hebt die methodischen Stärken einer literaturwissenschaftlichen gegenüber einer konventionellen Exegese hervor und stellt dazu vor allem die Werke von Uwe Becker »Exegese des Alten Testaments« und Helmut Utzschneider/Stefan Ark Nitsche »Arbeitsbuch literaturwissenschaftliche Bibelauslegung« gegenüber.
Die Neutestamentlerin Christina Hoegen-Rohls stellt ihre in Münster erprobte Methode der Verssegmentierung vor, die auch für Studierende ohne hebräische oder griechische Sprachkenntnisse geeignet ist. Am Beispiel von Johannes 4,1–15 zeigt sie, wie die Gliederung eines Textes auf das Leseverständnis wirkt. Sie regt an, von der visuellen Wahrnehmung her über Form und Inhalt zu reflektieren und so das Lesen des Textes zu entschleunigen. Ihr Lehrformat bietet sich sowohl für wöchentliche Veranstaltungen als auch für Blocktage an.
Wir als Herausgeber erlauben uns, in diesem Band jeweils einen eigenen Text vorzulegen. Uns beiden ist es wichtig, den hermeneutischen Voraussetzungen der Studierenden Gewicht zu verleihen. Thomas Wagner sieht das Proseminar als Chance zur Entdeckung biblischer Textwelten. Er führt die Unterscheidung von Methoden und Perspektiven ein und legt Wert auf die Vermittlung ihrer unterschiedlichen Funktionen, so dass Studierende zielorientiert mit dem passenden Werkzeug an Texte herangehen. Stefan Fischer nimmt in Wien die literaturwissenschaftlichen Methoden der Exegese als Erweiterung des Methodenkanons auf. Er stellt sie in einen grösseren hermeneutischen Zusammenhang und hebt die Notwendigkeit der Hermeneutik im Proseminar hervor. Persönliche Voraussetzungen und Zugänge der Studierenden sowie die Spannung zwischen kirchlichem Anspruch und universitärer Theologie legt er dar und zeigt, was in einem modifizierten Proseminar berücksichtigt werden sollte und wie eine schriftliche Arbeit aufgebaut sein kann.
Zwei kurze Berichte aus der Praxis bieten Jan Heilmann und Christian Stein. Jan Heilmann stellt die Methode der von Studierenden erstellten Kurzrezensionen vor. Diesen widmet er sieben Minuten pro Lehreinheit. Sie vermittelt nicht nur die Kenntnis relevanter Literatur, sondern ist eine vorgegliederte Schreibaufgabe, welche Studierende niedrigschwellig im wissenschaftlichen Schreiben fördert. Christian Stein berichtet von seinen Erfahrungen der Bibellektüre mit fachfremden Studierenden. Der Vorgabe vieler Bachelor-Curricula, Wahlfächer aus anderen Fachbereichen belegen zu müssen, wurde mit einem eigens entwickelten Modul begegnet, in dem hohes Gewicht auf die Lektüre biblischer Texte gelegt wird. Mit dieser Form der Veranstaltung wird eine niedrigschwellige interdisziplinäre Methodenreflexion von Studierenden geleistet, durch die sowohl die Ausprägung exegetischer Methoden als auch die Methodenkompetenz der Studierenden gefördert wird.
In zwei Rezensionen werden relevante Fachbücher vorgestellt und besonders auf ihren didaktischen Gehalt als Lehr- und Lernbuch hin angeschaut. Das Standardwerk »Einleitung in das Alte Testament« von Erich Zenger liegt nun in der neunten aktualisierten Auflage vor, für die erneut Christian Frevel die Herausgeberschaft übernahm. Einen Neuentwurf praktischer Methodenvermittlung bietet das von Sönke Finnern und Jan Rüggemeier vorgelegte Werk »Methoden der neutestamentlichen Exegese«, das sich im besonderen Maße der Frage der Integration von diachronen und synchronen Perspektiven in der exegetischen Analyse biblischer Texte widmet.
Schließlich stellt sich Peter Wick, Neutestamentler in Bochum, den Fragen eines Interviews und gibt so Einblick in seine Sicht von Forschung und Lehre im universitären Alltag.
Wir wünschen Ihnen viel Freude beim Lesen dieses Heftes, das mit seinen unterschiedlichen Perspektiven Ihren Blick auf die eigene Unterrichtspraxis fördern möchte. Für Anregungen und konstruktive Kritik sind wir dankbar. Diese senden Sie bitte an: info@forumexegese.de
Wien/Wuppertal Stefan Fischer und Thomas Wagner
Forum Exegese und Hochschuldidaktik Verstehen von Anfang an (VvAa)
Jahrgang 1 – 2016, Heft 2
Der exegetische und didaktische Mehrwert literaturwissenschaftlichen Arbeitens
Dargestellt anhand eines Vergleichs alttestamentlicher Methodenwerke
Matthias Hopf
Abstract | Biblical texts are literary entities but Hebrew Bible exegesis has not paid enough heed to this fact. Although the struggle between diachronic and synchronic approaches has subsided somewhat, exegetical methodology still clings to traditional features in several ways. In contrast, the textbook by Utzschneider/Nitsche employs insights of literary studies to a high degree. After an introduction into the basis of this approach, the present paper compares it to »classical« methodology with respect to the arrangement of methods in general, as well as the application of literary criticism and form criticism in detail (exemplified by the textbook of U. Becker). Strengths and weaknesses of both textbooks are portrayed. In sum, this paper argues in favour of cultivating insights of literary studies, not at least because academic teaching will benefit in several ways: Firstly, paying respect to the canonical text form counters a growing scepticism among students towards diachronic perspectives. Secondly, as many students combine theology with literary studies, there is a high interdisciplinary potential in applying a literary exegetical approach. And finally, future pastors and teachers will receive analytical tools, which can be applied easily and very fruitful in diverse practical contexts.
Die alttestamentliche Bibelwissenschaft ist in ihrem Kern eine Textwissenschaft, die sich mit hochliterarischen und hochästhetischen Texten auseinandersetzt.1 Nimmt man dies ernst, kann die daraus folgende ästhetisch-literarische Betrachtungsweise biblischer Texte Herausforderung und Ansporn sein, den überkommenen Methodenkanon der atl. Exegese konstruktiv fortzuschreiben bzw. zu modifizieren. Dies aufgreifend versteht sich der vorliegende Beitrag als ein Plädoyer für ein Um- bzw. Weiterdenken in der Bibelauslegung – hin zu einer stärkeren Wahrnehmung des Endtextes und seiner historisch-literarischen Würdigung. Trotz dieser Betonung der synchronen Textbeobachtung soll der bleibende Wert der diachronen Betrachtungsweise nicht in Frage gestellt werden. Im Gegenteil: Auch in einem zunächst synchron arbeitenden Exegesemodell mündet die Auslegung in die Analyse historischer Textentwicklungen. Eine entsprechende bewusst veränderte Anordnung der Arbeitsschritte führt die synchronen und diachronen Elemente zu einer Synthese zusammen und stellt deren jeweiligen Eigenwert heraus.
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