Klaus-Dieter Müller/Cord Siemon/Regina Wallner (Hrsg.)
Dieses Werk einschließlich aller seiner Teile ist urheberrechtlich geschützt. Jede Verwendung außerhalb der engen Grenzen des Urheberrechts ist ohne Zustimmung des Verlags unzulässig und strafbar. Das gilt insbesondere für Vervielfältigungen, Übersetzungen, Mikroverfilmungen und für die Einspeicherung und Verarbeitung in elektronischen Systemen.
1. Auflage 2022
Alle Rechte vorbehalten
© W. Kohlhammer GmbH, Stuttgart
Gesamtherstellung: W. Kohlhammer GmbH, Stuttgart
Print:
ISBN 978-3-17-040664-3
E-Book-Formate:
pdf: ISBN 978-3-17-040665-0
epub: ISBN 978-3-17-040666-7
Für den Inhalt abgedruckter oder verlinkter Websites ist ausschließlich der jeweilige Betreiber verantwortlich. Die W. Kohlhammer GmbH hat keinen Einfluss auf die verknüpften Seiten und übernimmt hierfür keinerlei Haftung.
Was verstehen wir unter Nachhaltigkeit?
Während es im 20. Jahrhundert eine große Kluft zwischen Wissen und Handeln gab, ökologische Bedenken des Club of Rome verdrängt wurden und unbegrenztes Wachstum vor allem ein breites Angebot und Wohlstand sicherte, sind wir heute in der Lage zu erkennen, dass dieses Wachstumsparadigma nicht nachhaltig ist. Wir revidieren unsere mentalen Infrastrukturen und etablieren einen neuen Blickwinkel auf die Welt, welcher planetare Grenzen erkennt und dadurch ökonomische, soziale und technologische Anpassungsoptionen erst möglich macht. Es ist daher das Ziel dieses Buches, das Entrepreneurship und die Businessplan-Logik um die Themen Umweltwandel und Nachhaltigkeit, Medien- und Kulturentwicklung sowie die Neuaushandlung räumlicher Bezüge von Kultur und Gesellschaft infolge von Umweltwandlungs- und Globalisierungsprozessen zu erweitern.
Nachhaltigkeit beeinflusst bereits heute Investitionen und Unternehmensstrategien. »Noch aber dominieren Denkblockaden und Lobby-Gewohnheiten. Das Neue wird verdeckt, wo betriebswirtschaftliche Rechnungen und Kundenkalküle immer noch elegant über die tatsächlich bestehenden sozialen und ökologischen Kosten hinwegsehen dürfen. Noch dominiert die stillschweigende Verwegenheit der Normalität.
Diese Denkblockaden dürfen gerade bei Gründungen neuer Unternehmen keine Rolle mehr spielen, da sie Treiber des erforderlichen Wandels sein und Vorbildfunktion einnehmen können. Da Nachhaltigkeit immer mehr auch zum Argument der Verbraucherinnen und Verbraucher für ihre Kauf- und Auftragsentscheidung wird, führt die Einbeziehung der neuen Anforderungen auch zu wirtschaftlicher Stabilität der jungen Unternehmen.
Das Ziel nachhaltiger Entwicklung ist es, Umwelt, Gesellschaft und Wirtschaft in Balance zu bringen. Die drei Dimensionen ökologische, soziale und ökonomische Nachhaltigkeit stehen für uns dabei gleichberechtigt nebeneinander. Die ökonomische Nachhaltigkeit erfordert Unternehmen, die innerhalb der materiellen Grenzen des Planeten langfristig bestehen können. Ein Wirtschaftssystem, das zu permanentem unbegrenztem Wachstum gezwungen ist, wird keinesfalls langfristig Bestand haben.
In einer Gesellschaft sollten soziale Spannungen und Konflikte nicht eskalieren, sondern auf friedlichem und zivilem Wege ausgetragen werden können. Es geht um die gerechte Verteilung gesellschaftlicher Lasten, soziale Nachhaltigkeit zielt auf gleiche Rollenverteilung der Geschlechter, auf eine gleichberechtigte Verteilung von Arbeit, die Einhaltung von Arbeitsrechten, Sozialstandards und Gesundheitsschutz der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter. Sozial nachhaltige Unternehmen übernehmen die Mitverantwortung für eine menschenwürdige Gesellschaft.
Es geht aber auch um die Transformation des Erforderlichen, das uns allen viel abverlangen wird und das Paradigma des quantitativen Wachstums überwinden muss, es geht um eine andere Kultur, in der der Egoismus Werten weichen muss, die für den Erhalt des Lebens und der Erde nachhaltig sind.
Wertorientierungen haben sehr viel mit der Persönlichkeit des Unternehmers und der Unternehmerin zu tun. Darum widmen wir der Frage nach der Bedeutung der Unternehmer/innen-Persönlichkeit ein eigenes Kapitel. Der Wertewandel gilt selbstverständlich auch für Investoren.
Die Welt ist medial und ökonomisch eng miteinander verzahnt. Angehörige international tätiger Unternehmen werden täglich mit anderen Kulturen und sehr unterschiedlichen Denk- und Gefühlswelten konfrontiert. Die Transkulturalität spielt heute eine wichtige Rolle in international tätigen Unternehmen, aber auch beim Recruiting gewinnt sie an Bedeutung, da der Fachkräftemangel transkulturelles Denken auch im Inland erfordert. Auch diese Kategorie muss bei Unternehmensgründungen mitgedacht werden.
Innovative mediale Instrumente spielen zunehmend eine zentrale Rolle für das Überleben von Unternehmungen, z. B.im Zusammenhang mit Datenanalysen, Datenmanagement, Instrumente des digitalen Marketings zur Erreichung fragmentierter Ziel- und Kundengruppen, Methoden und Möglichkeiten digitaler Wissensvermittlung sowie crossmedialer Entwicklung und Implementierung von Designdienstleistungen. Die Funktion der digitalen Medien in Gesellschaft und Wirtschaft ist Querschnittsaufgabe für die Erstellung von Businessplänen. Wir sprechen von Media Thinking, das Denken der Medien ist zu einer Kulturtechnik geworden, wie das Lesen und das Schreiben.
Wie verändert der digitale Raum die Art und Weise, wie wir Geschichten erzählen? Die psychologischen, neurologischen, sozialen Funktionen des Erzählens bleiben vom Medienwandel unberührt. Die Qualität der Erzählung bleibt der entscheidende Faktor. Geschichten verbreiten und vermarkten sich aber jetzt über alle Medien und Vertriebskanäle hinweg. Es geht um Netzwerke und Fankultur, eine starke Einbeziehung des Publikums in die Erzählwelten, die selbst neue Handlungsoptionen kreieren können.
Hausbanken spielen nach wie vor eine zentrale Rolle für Existenzgründungen, sie sind Ansprechpartner nicht nur für das Finanzierungskonzept, sondern auch für wesentliche Förderinstrumente. Nur die Hausbank kann Förderanträge an die KfW (Kreditanstalt für Wiederaufbau, die deutsche Förder- und Mittelstandsbank) stellen. Die Visitenkarte jedes Gründungsunternehmens bei der Hausbank ist der Businessplan und da vor allem die Zusammenfassung zu Beginn der Darstellung. Sie muss die Banker fesseln, Ideen bei ihnen auslösen, Lust machen auf Mehr.
Die Beiträge des vorliegenden Sammelbandes wurden von Vertretern und Vertreterinnen aus der Wissenschaft und Praxis verfasst, um den mittlerweile weit verbreiteten Dreiklang der Nachhaltigkeit Environmental – Social – Governance unter verschiedenen Perspektiven zu betrachten. Die Beiträge sind mal eher akademisch-abstrakt und mal eher pragmatisch-konkret abgefasst. Als gemeinsame Klammer fokussieren sie jedoch auf das zukünftige Erfordernis, die Themen Entrepreneurship und Nachhaltigkeit zukünftig stärker zusammenzudenken.
Klaus-Dieter Müller Cord Siemon Regina Wallner
2 Entrepreneurship und Dimensionen der Nachhaltigkeit
2.1 Strategien und Maßnahmen zur Nachhaltigkeit in Unternehmen
Leona Achtenhagen und Claudia Achtenhagen
2.1.1 Einleitung
In den letzten Jahren setzt sich zunehmend die Erkenntnis durch, dass Gewinnmaximierung als oberste Unternehmensmaxime ökologisch und gesellschaftlich nicht haltbar ist. Der Brundtland-Bericht der Vereinten Nationen (1987) definierte Nachhaltigkeit als das »Befriedigen der Bedürfnisse der heutigen Generation unter der Bedingung, dass zukünftige Generationen das ebenso können müssen« – d. h., dass unternehmerisches Handeln heute nicht die Umwelt, Ressourcenverfügbarkeit oder sozialen Strukturen der Zukunft beeinträchtigen sollte.
Читать дальше