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Auch die Auswahl und Zusammenstellung des Kern-Transaktionsteamssollte sorgfältig geplant werden. Dabei bewähren sich, auch im Interesse eines kontrollierten Informationsflusses, eher kleinere Kernteams. Ab wann und in welchem Umfang das Management der Zielgesellschaft eingebunden werden soll, will sorgfältig überlegt sein. Bei Bieterverfahren erfordert spätestens die Durchführung einer verkäuferseitigen Due Diligence seine Einbindung. Rechtzeitig ist darüber nachzudenken, wie in der späteren Projektphase sichergestellt werden kann, dass das Management dem Verkäufer gegenüber Bestätigungen darüber abgibt, dass ein vereinbarter Garantiekatalog ohne Haftungsrisiken des Verkäufers abgegeben werden kann. Direkte Kontakte des Managements mit Bietern sind, auch im Interesse des Managements selbst, auf ein Mindestmaß zu reduzieren (etwa auf die Managementpräsentation).
169Dazu unten Rn. 449ff. 170Detailliert und zusammenhängend zum Carve-Out Hörmann, in: Holzapfel/Pöllath, Unternehmenskauf in Recht und Praxis, Rn. 2099ff., und knapper Meyer-Sparenberg, in: Meyer-Sparenberg/Jäckle, Beck’sches M&A-Handbuch, § 46 Rn. 3ff. 171Meyer-Sparenberg, in: Meyer-Sparenberg/Jäckle, Beck’sches M&A-Handbuch, § 46 Rn. 3. 172So etwa bei Hörmann, in: Holzapfel/Pöllath, Unternehmenskauf in Recht und Praxis, Rn. 2099ff. 173Dazu unten Rn. 506ff. 174Eine auch für den Share Deal hilfreiche umfangreiche Checkliste von Zustimmungserfordernissen bei M&A-Transaktionen findet man bei Seibt, in: Seibt, Beck’sches Formularbuch Mergers & Acquisitions, A. III. 175Zum Begriff des Teilbetriebs Füssenich, in: BeckOK EStG, § 16 EStG Rn. 446ff. 176Die Anteile an der Zielgesellschaft sind allerdings sperrfristbehaftet, sodass bei einer im zweiten Schritt erfolgenden Veräußerung Haltefristen zu beachten sind. Steuervorteile für den Verkäufer können daher im Rahmen einer Carve-Out-Transaktion, bei der zwischen Carve-out und Veräußerung nur Monate liegen, allenfalls in Höhe von 1/7 erzielt werden. Umgekehrt dürfte das erhöhte Abschreibungsvolumen beim Käufer den Kaufpreis erhöhen. 177Zu den Vorteilen einer umwandlungsrechtlichen Ausgliederung der knappe Überblick bei Hörmann, in: Holzapfel/Pöllath, Unternehmenskauf in Recht und Praxis, Rn. 2169ff. 178Hörmann, in: Holzapfel/Pöllath, Unternehmenskauf in Recht und Praxis, Rn. 2162. 179Vgl. Weißhaupt, ZHR 185 (2021), 91, 119f. 180Dazu unten Rn. 89f. 181Dazu unten Rn. 225ff. 182Dazu unten Rn. 225. 183Zum Reliance- und Non-Reliance-Letter unten Rn. 168ff.
3.3 Teaser/Bieterverfahren
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Insbesondere bei Bieterverfahren(„ Auction Process “; alternativ auch kontrolliertes Bieterverfahren, strukturiertes Bieterverfahrenoder Auktionsverfahrengenannt) startet nach außen hin der Transaktionsprozess mit der Versendung eines sog. Teasersan potenzielle Interessenten, die vom Verkäufer oder seinen Beratern als potenzielle Bieter identifiziert worden sind. Der Teaser enthält regelmäßig auf anonymer Basis erste Informationen zu der zum Verkauf stehenden Zielgesellschaft, oft aus öffentlich zugänglichen Quellen (Jahresabschlüssen, Pressemitteilungen, der Homepage der Zielgesellschaft).
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Bieterverfahren werden heute bei dafür geeigneten Zielgesellschaften, bei denen ein Kaufinteresse vieler strategischer Investoren und Finanzinvestoren zu erwarten ist, häufig durchgeführt. Durch sie sollen im Vergleich zu bilateralen Verhandlungen ( One-on-One ) bestmögliche Marktbedingungengewährleistet werden. Verkäufer und Bieter begegnen sich allein schon wegen der Informationsasymmetrie hinsichtlich der Zahl der Bieter, des Inhalts ihrer Gebote, aber auch wegen der simplen Möglichkeit, bei ungünstigem Verlauf von Verhandlungen mit einem anderen Bieter abzuschließen, in einem Bieterverfahren nicht auf Augenhöhe. Der Verkäufer hat deshalb in Bieterverfahren typischerweise eine besonders starke Verhandlungsposition und kann leichter als bei bilateralen Verhandlungen Preis und Konditionen optimieren. Bei hinreichender Anzahl von Bietern kann es helfen, einen höheren Kaufpreis zu erzielen. Es erhöht, auch wegen des in der Regel ebenso starren wie straffen Zeitplans, die Transaktionsdynamik.184 Ein Auktionsverfahren kann zudem die Wahrscheinlichkeit steigern, den für den Verkäufer und die Zielgesellschaft „ passenden“ Käuferzu finden.185 Die Organeder Verkäufergesellschaft sichern durch ein Auktionsverfahren ihre unternehmerische Entscheidungab, zu den letztlich vereinbarten Bedingungen marktgerecht (insbesondere in Bezug auf den Kaufpreis186 sowie den Umfang der Garantien und Freistellungen187) verkauft zu haben.188 Andererseits erhöht ein Auktionsverfahren wegen der Mehrzahl an Bietern den Aufwand auf Verkäuferseiteund auch, im Vergleich zu bilateralen Verhandlungen, oft die Dauer, also den zeitlichen Aufwand.189 Mit der Anzahl der Beteiligten und der typischerweise längeren Dauer steigt auch das Risiko, dass der Verkaufsprozess nicht vertraulichbleibt, etwa im Datenraum offengelegte Betriebsgeheimnisse zweckwidrig verwendet werden oder Schlüsselmitarbeiter der Zielgesellschaft, auf die Bieter aufmerksam geworden sind, abgeworben werden. Schließlich ist auch der Abbrucheines Auktionsverfahrens im Einzelfall für den Verkäufer oft problematischerals ein Abbruch von bilateralen Verhandlungen ( One-on-One ).
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Letztlich ist es daher eine unternehmerische Abwägungsentscheidung, ob auch im konkreten Einzelfall dem Auktionsverfahren Vorzug vor bilateralen Verhandlungen (die nicht exklusiv sein müssen, weshalb der Begriff der „exklusiven“ Verhandlungen oft nicht treffend ist) gegeben wird. Eine gesellschaftsrechtliche Pflicht der Organe der Verkäufergesellschaft, ein Bieterverfahren durchzuführen, besteht nicht.190
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Ein solches strukturiertes Bieterverfahren läuft regelmäßig in folgenden Schrittenab:
– (Abwägungs-)Entscheidung zwischen bilateralen Verhandlungen (One-on-One) und Auktionsverfahren,
– Bildung des Projektteams und Einschaltung von Beratern,
– Bewertung der Zielgesellschaft, um zu einer realistischen Erwartungshaltung auf Verkäuferseite zu kommen und ggf. eine – im Verfahren zu verfeinernde – Grundlage für die spätere unternehmerische Verkaufsentscheidung zu bilden,
– Erstellung und Versendung eines Teasers an potenzielle Bieter und Aufforderung, ein Erwerbsinteresse unverbindlich zu bekunden,
– Versendung des Entwurfs einer Vertraulichkeitsvereinbarung (NDA),
– Abschluss einer Vertraulichkeitsvereinbarung (NDA), ggf. nach Berücksichtigung legitimer Änderungswünsche des Bieters (insbesondere Private Equity-Bieter haben oft besondere Anforderungen an den Inhalt der Vertraulichkeitsvereinbarung191),
– Versendung eines die Bedingungen des Verfahrens beschreibenden Verfahrensbriefs (Process Letter) und des Informationsmemorandums,
– Vorbereitung des (elektronischen) Datenraums (Virtual Data Room oder kurz VDR), der datenschutzrechtliche und kartellrechtliche Schranken beachtet,
– auf der Grundlage des Informationsmemorandums Abgabe eines rechtlich unverbindlichen sog. indikativen Angebots (Indicative Offer oder Non-Binding-Offer) durch Bieter,
– Auswahl der zum weiteren Prozess eingeladenen Bieter und ggf. Versendung eines weiteren Verfahrensbriefs (Process Letter II) an diese,
– Due Diligence durch diese Bieter; ggf. Zur-Verfügung-Stellung von „Vendor’s Due Diligence“-Berichten (je nach Einzelfall mit oder ohne „Reliance“ gegenüber den Bietern und dem Käufer) oder Fact Books (Letzteres beschränkt sich auf die zusammenfassende Wiedergabe des Inhalts des Datenraums ohne inhaltliche, also z.B. rechtliche Analyse und ohne Handlungsempfehlungen), die der Verkäufer und seine Berater erstellt haben,
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