Inhalt
Heft 3 | Juli-September 2016
Jahrgang 89 | Nr. 480
Notiz
Barmherzigkeit allein reicht nicht?
Klaus Vechtel SJ
Nachfolge
Gott oder Gottes Willen finden?
Josef Thorer SJ
Scheue Frömmigkeit
Bernd Hillebrand
Nachfolge | Kirche
Den Heiligen Geist nicht blockieren. Zeichen der Zeit für unsere Klöster heute
Bernhard Eckerstorfer OSB
Anton Rotzetter (1939–2016)
Stefan Walser OFMCap
Nachfolge | Junge Theologie
„Selbstpreisgabe an den Totalismus“ Guardinis Theologie nach der Shoa
Jonatan Burger
Reflexion
Ist der Himmel auch für Tiere offen?
Christoph J. Amor
Gott solidarisch. Gedanken zu einer prozesstheologisch inspirierten Spiritualität
Julia Enxing
Affektive Christozentrik. Luther und Bernhard
Franz Posset
Spiritual Care und/statt Seelsorge?
Doris Nauer
Lektüre
Ars Moriendi. Johannes Gersons Sterbebüchlein
Alex Stock
Michel de Certeau und Ignatius
Dominique Salin SJ
Die Tage nach der Entscheidung (Teil I)
Michel de Certeau SJ
Buchbesprechungen
Impressum
GEIST & LEBEN – Zeitschrift für christliche Spiritualität. Begründet 1926 als Zeitschrift für Aszese und Mystik
Erscheinungsweise: vierteljährlich ISSN 0016–5921
Herausgeber:
Deutsche Provinz der Jesuiten
Redaktion:
Christoph Benke (Chefredakteur)
Anna Albinus (Lektorats-/Redaktionsassistenz; Satz)
Redaktionsbeirat:
Bernhard Bürgler SJ/Wien, Margareta Gruber OSF/ Vallendar, Stefan Kiechle SJ/München, Bernhard Körner/Graz, Simon Peng-Keller/Zürich, Klaus Vechtel SJ/Frankfurt, Saskia Wendel/Köln
Redaktionsanschrift:
Pramergasse 9, A–1090 Wien
Tel. +43–(0)1–310 38 43–111/112,
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Verlag: Echter Verlag GmbH,
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Zeitschrift für katholische Theologie, Echter Verlag
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Klaus Vechtel SJ | Frankfurt a.M.
geb. 1963, Professor für Dogmatik in St. Georgen, Beiratsmitglied von GEIST & LEBEN
vechtel@sankt-georgen.de
Barmherzigkeit allein reicht nicht?
In seiner Verkündigungsbulle Misericordiae vultus hat Papst Franziskus eines seiner wichtigen Anliegen – die Barmherzigkeit – in den Mittelpunkt eines außerordentlichen Jubiläumsjahres gerückt: die Kirche soll zu einem Raum der Barmherzigkeit werden. Der Papst ist überzeugt davon, dass das biblisch-christliche Gottesbild nicht auf die Gerechtigkeit als Eigenschaft Gottes beschränkt bleiben darf, ohne in einen Anthropomorphismus zu verfallen: „Wenn Gott bei der Gerechtigkeit stehen bliebe, dann wäre er nicht mehr Gott, sondern vielmehr wie die Menschen, die die Beachtung des Gesetzes einfordern. Die Gerechtigkeit genügt nicht und die Erfahrung lehrt uns, dass, wer nur an sie appelliert, Gefahr läuft, sie zu zerstören“ 1. Wie eine Antithese zu dem Papst-Wort „Gerechtigkeit genügt nicht“ mutet ein Interview an, das der renommierte Sozialethiker Friedhelm Hengsbach gegeben hat: „Barmherzigkeit allein reicht nicht“ 2. Für Hengsbach hat sich die Kirche in eine Sackgasse manövriert, insofern sie an verpflichtenden Normen wie der Unauflöslichkeit der Ehe unbeirrbar festhält. Gegenüber diesen normativen Ordnungen sei es ungenügend, mit der Barmherzigkeit zu operieren. Die Barmherzigkeit wäre eine Art „Hintertür“. Man befinde sich hinsichtlich vieler Fragen kirchlicher Ehe- und Sexualmoral in einer unlösbaren Situation, kaschiere diese aber, indem man sich auf die Barmherzigkeit Gottes berufe. Für Hengsbach reicht es nicht, auf der persönlich-individuellen Ebene Barmherzigkeit walten zu lassen. Vielmehr müsse sich die Kirche eine gerechtere Ordnung geben: „Barmherzigkeit ist eine persönliche Einstellung, Gerechtigkeit aber ist eine Ordnung“.
Einige Punkte in diesen Äußerungen scheinen mir missverständlich zu sein: So muss differenziert werden zwischen der sakramentalen Ehe und ihrem unauflöslichen Charakter einerseits und andererseits dem kirchlichen Umgang mit der Realität des Scheiterns von christlichen Ehen, die in bester Absicht vollzogen wurden. Kann ein solches Scheitern allein mit rechtlichen Kategorien bewältigt werden oder bedarf es dazu einer Dimension, die die Gerechtigkeit umfasst?; einer Dimension, die die Möglichkeit der Umkehr und eines neuen Anfangs einräumt – die der Barmherzigkeit? Auch scheint mir die starke Entgegensetzung einer persönlich-individuellen Ebene des barmherzigen Verhaltens und der gesellschaftlich-strukturellen Ebene der Gerechtigkeit nicht treffend zu sein. Kann (und muss) nicht gerade die Barmherzigkeit dazu führen, dass auch kirchliche Norm und Disziplin modifiziert werden? Trotz dieser Einwände sind Hengsbachs Überlegungen bedeutsam, weil sie darauf aufmerksam machen, wie Barmherzigkeit nicht zu denken ist: Die Frage nach der Barmherzigkeit darf nicht als ein „Trick“ verstanden werden, mit dem man die (unbarmherzige) Rechtsordnung umgeht. Eine bloße Nachsichtigkeit würde den/die „Empfänger(in)“ demütigen und seiner/ihrer Würde berauben. Im Sinne einer Lohn- und Strafgerechtigkeit würde ihm/ihr einfach nur erlassen, was er/sie eigentlich doch verdient hätte. Barmherzigkeit wäre ein rein asymmetrisches Verhältnis zwischen „Empfänger“ und „Geber“ der Barmherzigkeit und hätte schwerwiegende Konsequenzen für das Gottesbild. Der barmherzige Gott könnte sich eigentlich auch ganz anders gegenüber dem Geschöpf verhalten, verzichtet aus unerfindlichen Gründen jedoch darauf.
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