Im Gegensatz zu FSH und Östrogen ist die Ausschüttung von LH in den Wechseljahren relativ stabil. Ein Anstieg zeigt sich erst in den allerletzten Zyklen. Durch die sinkende Koordination der GnRH-Ausschüttung wird auch der Zeitpunkt des LH-Anstiegs kurz vor dem Eisprung beeinträchtigt und das Muster verändert sich: LH-Spitzen werden vermehrt von Plateaus abgelöst. In Bezug auf die Reaktionsfähigkeit Ihrer Eierstöcke entsteht so eine Art Kettenreaktion.
Testosteron ist kein männliches Hormon, denn es wird von allen Menschen hergestellt. Es erreicht ebenso wie Östrogen und LH kurz vor dem Eisprung (Ovulation) seinen Höchststand. Es macht sie aktiv, ehrgeizig, sexy und wettbewerbsorientiert oder, anders gesagt, es ist die Serena Williams der Hormone. Testosteron hilft beim Aufbau und Erhalt von Muskeln und Knochendichte und kurbelt im Vorfeld des Eisprungs Ihre Libido an.
Wer mit einem weiblichen Fortpflanzungssystem geboren wurde, bei dem wird Testosteron an zwei Orten produziert: Die Nebennieren, die auf den Nieren sitzen, stellen sowohl DHEA her (das Mutterhormon, aus dem verschiedene andere Hormone hergestellt werden), als auch Androstendion, das in Testosteron umgewandelt werden kann. Zusätzlich produzieren die Eierstöcke Testosteron.
Nach der Menopause nimmt die Testosteronproduktion zwar ab, allerdings stellen die Eierstöcke in den ersten fünf Jahren nach der Menopause meist mehr Testosteron her als während der Wechseljahre. Wenn die Eierstöcke doch mehr produzieren, warum also sinkt der Gesamtspiegel dann? Der Grund hierfür findet sich in den Nebennieren, es ist die reduzierte Umwandlung von Androstendion in Testosteron.
Ist der Testosteronspiegel niedrig, kommt es häufig zu Symptomen wie Stimmungsschwankungen, Zunahme von Bauchfett, Energiemangel, Konzentrationsprobleme, Rückgang von Muskelmasse und Knochenschwund. Hohe Testosteronwerte hingegen können Akne, eine Zunahme der Gesichts- und Körperbehaarung, Haarausfall und Aggressionen fördern.
Progesteron wird gebildet, wenn ein Eisprung stattfindet. Es dominiert die zweite Hälfte Ihres Zyklus (Lutealphase) und sorgt dafür, dass die Gebärmutter eine ausreichend hohe Schleimhaut aufbaut, um eine befruchtete Eizelle aufnehmen zu können. Insofern ist es essenziell für den Eintritt und die Aufrechterhaltung einer Schwangerschaft. Als die Kristen Stewart ihrer Fortpflanzungshormone ist es nervös und reizbar, steht nicht gerne im Mittelpunkt und bleibt am liebsten daheim, um mit Freundinnen Apfelkuchen zu essen.
Aber das ist nicht seine einzige Rolle. Progesteron ist entscheidend für den Erhalt gesunder Knochen und zur Vorbeugung von Brust- und Gebärmutterkrebs. Für eine Hormonersatztherapie ist es unabdingbar, denn ohne Progesteron kann sich die Gebärmutterschleimhaut verdicken – ein Risikofaktor für Gebärmutterkrebs. Im Allgemeinen beruhigt Progesteron die Stimmung und fördert guten Schlaf, denn es wird in Allopregnanolon (ALLO) umgewandelt, was die Rezeptoren in Ihrem Gehirn beruhigt, die Ihnen wiederum helfen, von der Palme herunterzukommen. In einzelnen Fällen jedoch, beispielsweise bei all jenen, die unter einer Prämenstruellen Dysphorischen Störung (PMDS) leiden, reagieren Betroffene aufgrund von dysfunktionalen Rezeptoren anders auf ALLO – statt der beruhigenden Wirkung kommt es zu Stimmungsschwankungen, Ängsten, Depressionen, Reizbarkeit und quälendem Grübeln.
Mit dem Alter sinkt die Progesteronproduktion, was nicht nur Auswirkungen auf die Fruchtbarkeit hat, sondern auch auf unser Erleben des Zyklus. Der sinkende Progesteronspiegel in den Wechseljahren wird mit einem niedrigeren ALLO-Spiegel in Verbindung gebracht, was eine Erklärung für die Stimmungsveränderungen sein kann, die in der Perimenopause auftreten. Anzeichen und Symptome eines niedrigen Progesteronspiegels sind:
• Prämenstruelle Schmierblutungen
• Zwischenblutungen in der zweiten Zyklushälfte
• Schwierigkeiten, schwanger zu werden
• Schwierigkeiten, schwanger zu bleiben
• PMS
• Zyklusbedingte Kopfschmerzen
• Starke Menstruationsblutungen
• Unregelmäßige Zyklen oder kürzere Zyklen
• Aufgeblähtheit oder Wassereinlagerungen
• Geschwollene Brüste, einhergehend mit Berührungsempfindlichkeit oder Schmerzen
• Tollpatschigkeit oder Koordinationsprobleme
• Juckende oder unruhige Beine, speziell nachts
• Schlafstörungen
• Zysten an Eierstöcken, Brüsten oder in der Gebärmutter (Polypen)
Das Progesteron hält überdies das Östrogen in Schach. Nimmt es ab, steigt der Östrogenspiegel an, und Sie leiden zusätzlich unter den Symptomen eines Östrogenüberschusses. Progesteron ist in allen Bereichen der reproduktiven Gesundheit ein zu Unrecht vernachlässigtes Hormon und wird allzu oft nur als Voraussetzung für den Eintritt einer Schwangerschaft angesehen. Tatsächlich ist es sowohl während der fruchtbaren Jahre als auch danach noch von Bedeutung. In den Wechseljahren müssen wir auf das ausgeklügelte Zusammenspiel von Östrogen und Progesteron achten, denn meist ist der Östrogenspiegel hoch und der Progesteronspiegel niedrig.
Dehydroepiandrosteron (DHEA) ist ein sogenanntes Vorläuferhormon, aus dem andere Hormone hergestellt werden. Biologisch bewirkt es im Grunde nicht viel, sondern erlangt erst seine Wirkung, wenn es in andere Hormone wie Testosteron und Östrogen umgewandelt wird. DHEA wird größtenteils in den Nebennieren aus Cholesterin hergestellt, die Eierstöcke können ebenfalls kleine Mengen produzieren. DHEA ist deshalb so wichtig, weil es während der Zyklusjahre für 75 Prozent Ihres Östrogens verantwortlich ist 17und nach der Menopause zur einzigen Quelle von Östrogen und Testosteron wird.
Das kleine Zyklus-Einmaleins
Ihr Menstruationszyklus wird gesteuert von einer Kommunikationsschleife zwischen zwei Drüsen in Ihrem Kopf – dem Hypothalamus und der Hypophyse – und den Eierstöcken. Diese Schleife ist bekannt unter dem Namen HHO-Achse (Hypothalamus-Hypophyse-Ovar, engl. auch HPO für Hypothalamic-Pituitary-Ovarian). Sie zeichnet verantwortlich für die größtenteils vorhersehbaren Abläufe und hormonellen Veränderungen in jedem Zyklus. Sobald wir in die Wechseljahre kommen, gerät das System allerdings immer stärker aus dem Lot. Ich möchte diese Veränderungen im Folgenden gerne erklären, damit Sie Ihre Erfahrungen – im Guten wie im Schlechten – besser einordnen können.
Zunächst einmal meine ich nicht Ihre Periode, wenn ich vom Zyklus spreche. Die Periode ist der Zeitpunkt im Zyklus, an dem Sie bluten, wohingegen der Zyklus die ganzen 28 Tage umfasst (beziehungsweise den Zeitraum, der für Sie typisch ist). Nur rund 12,4 Prozent aller Menstruierenden haben einen „Bilderbuchzyklus“ von 28 Tagen Länge, und in der Perimenopause sind unregelmäßige Zykluslängen sowieso eher vorprogrammiert.
Östrogen ist das Hormon, das über Ihre erste Zyklushälfte regiert, die man auch als Follikelphase bezeichnet. Seine Aufgabe ist es, den Körper auf eine Schwangerschaft vorzubereiten, ob Sie nun eine planen oder nicht. In der ersten Zyklushälfte sorgt das Östrogen dafür, dass die Gebärmutterschleimhaut – das Endometrium – anwächst. Auch die Produktion von Zervixschleim nimmt zu, der für das Überleben und Vorankommen der Spermien eine wichtige Rolle spielt. Unser Verhalten in der ersten Zyklushälfte ist ebenfalls vom Östrogen geprägt. Wenn Sie festgestellt haben, dass Sie in dieser Zeit gesprächiger sind, gerne ausgehen, leichter Menschen kennenlernen und mehr Lust auf Sex haben, dann liegt das am Östrogen (und am Testosteron), die einen guten Job machen.
Nach dem Eisprung wird Progesteron produziert, um das Einnisten der Eizelle und eine mögliche Schwangerschaft zu unterstützen. Das Progesteron verändert und erhält die Gebärmutterschleimhaut, sodass sie als „Nest“ geeignet ist. In der gleichen Weise, wie das Östrogen Sie in der ersten Zyklushälfte auf eine Empfängnis vorbereitet, will das Progesteron Sie in der zweiten Hälfte schützen und nähren. Progesteron sorgt für Entschleunigung. Sie sind vielleicht stärker in sich gekehrt und weniger daran interessiert, das Haus zu verlassen, und wenn, dann nur mit engen Freunden. Auf diese Weise möchte Progesteron für Ihre Sicherheit sorgen. Sogar Ihr Verdauungssystem arbeitet langsamer, damit Ihr Körper mehr Nährstoffe aus der Nahrung resorbieren und einen sich potenziell entwickelnden Embryo optimal versorgen kann.
Читать дальше