Wenige Tage um den Abschlussstichtag herum, der meist am Jahresende liegt, werden der gesamte Vermögensbestand sowie alle Schulden ermittelt und erfasst. Unter »wenige Tage« verstehen wir übrigens maximal zehn Tage.
Körperliche und wertmäßige Bestandsaufnahme : Das bewegliche Anlagevermögen, das Vorratsvermögen und Kassenbestände werden körperlich , das heißt mengenmäßig erfasst. Bei dieser mengenmäßigen Erfassung werden die Vermögensgegenstände gezählt, gewogen, gemessen oder im Notfall auch geschätzt – beispielsweise bei den Büroklammern im Büroschrank. Das unbewegliche Anlagevermögen sowie Forderungen, Guthaben und Schulden werden dagegen wertmäßig , das heißt in harten Franken oder Euro erfasst.
Da die Stichtagsinventur eine sehr aufwendige Methode ist, kann sie oftmals nur mithilfe von vielen, extra für diesen einen Tag angestellten Inventurkräften bewältigt werden. Damit der Zoobestand oder im Falle eines Supermarkts der Warenbestand in Ruhe gezählt werden kann, muss das Geschäft meist auch für einen Tag geschlossen werden. Vielleicht standen Sie ja auch schon mal im Januar vor einem geschlossenen Geschäft und an der Eingangstür hing ein Schild mit der Aufschrift »Wegen Inventur geschlossen«. Da kommt bei der Kundschaft meist große Freude auf.
Flexibel: Die zeitversetzte Inventur
Manchmal kann es sein, dass so eine Inventur am Abschlussstichtag äußerst unpassend ist, weil das benötigte Personal zu diesem Zeitpunkt vielleicht nicht zur Verfügung steht. Kein Problem, es gibt ja noch die zeitversetzte Inventur. Nach § 241 Abs. 3 HGB kann die Inventur auch bis zu drei Monate vor oder zwei Monate nach dem Bilanzstichtag durchgeführt werden.
Am Ende eines jeden Geschäftsjahres, also am Bilanzstichtag oder Abschlussstichtag , wird die Bilanz erstellt. Da das Geschäftsjahr bei den meisten Unternehmen mit dem Kalenderjahr identisch ist, fällt der Bilanzstichtag oft auf den 31.12.
Bei der zeitversetzten Inventur dürfen Sie den ermittelten Bestand und Wert natürlich nicht einfach so in die Bilanz übernehmen. Sie müssen den Bestand vorher natürlich wertmäßig fortschreiben oder zurückrechnen, je nachdem, ob der Inventurstichtag vor oder nach dem Bilanzstichtag liegt.
Nehmen wir einmal an, der Bilanzstichtag Ihres Zoos wäre der 31.12. Die Inventur haben Sie aber schon am 30.11. gemacht (siehe Tabelle 4.1).
Wert des Zoos am Inventurstichtag 30.11.: |
15.000.000 |
Wertzugänge 01.12.–31.12.: |
500.000 |
Wertabgänge 01.12.–31.12. |
100.000 |
Wert am Bilanzstichtag 31.12.: |
15.400.000 |
Tabelle 4.1: Inventurstichtag 30.11. – Werte in Euro
Hätten Sie die Inventur erst am 31.01. gemacht, müssten Sie eine Rückrechnung durchführen (siehe Tabelle 4.2).
Wert des Zoos am Inventurstichtag 31.01.: |
15.900.000 |
Wertzugänge 01.01.–31.01.: |
600.000 |
Wertabgänge 01.01.–31.01.: |
100.000 |
Wert am Bilanzstichtag 31.12.: |
15.400.000 |
Tabelle 4.2: Inventurstichtag 31.01. – Werte in Euro
Alles im Griff: Die permanente Inventur
Dank guter Aufzeichnungsverfahren wissen Sie zu jeder Zeit, wie der aktuelle Bestand des Zoos ist. In diesem Fall müssen Sie am Bilanzstichtag keine körperliche Bestandsaufnahme durchführen. Die permanente Inventur genügt.
So weit die gute Nachricht. Die schlechte Nachricht lautet: Auf die körperliche Bestandsaufnahme darf trotzdem nicht komplett verzichtet werden. Sie muss im nächsten Geschäftsjahr nachgeholt werden. Aber keine Angst, auch dann ist keine Vollinventur nötig. Es genügt auch eine Stichprobeninventur. In Unternehmen bilden in aller Regel dabei Warenwirtschaftssysteme, kurz WWS, die Warenbewegungen über den Einkauf, die Lagerhaltung mit Inventur bis hin zum Verkauf ab.
Hochrechnung: Die Stichprobeninventur
Das Vorratsvermögen, wie zum Beispiel das Stroh und das Futter, darf auch anhand von Stichproben ermittelt werden. Die anschließende Hochrechnung muss mit anerkannten mathematisch-statistischen Methoden erfolgen.
Vom Gesetzgeber anerkannt sind zum Beispiel die freie Mittelwertschätzung , die Differenzenschätzung , die Verhältnisschätzung oder die Regressionsschätzung . Für weitergehende Informationen hierzu empfehlen wir Ihnen die Lektüre von Statistik für Dummies .
Aufgelistet: Das Inventar
Die bei der Inventur ermittelten Bestände werden nun in einem Bestandsverzeichnis, dem sogenannten Inventar, festgehalten. Das Inventar kann grob in drei Teile untergliedert werden:
Vermögen
Schulden
Eigenkapital beziehungsweise Reinvermögen
Alles meins: Das Vermögen
Das Vermögen wird in das Anlage- und Umlaufvermögen unterteilt.
Zum Anlagevermögen zählt alles, was dem Zoo beziehungsweise dem Unternehmen langfristig dient, etwa das Menschenaffenhaus oder das Verwaltungsgebäude. Umlaufvermögen ist all das, was dem Zoobetrieb nur kurzfristig dient, zum Beispiel Futter.
Das Vermögen wird im Inventar nach der Liquidität geordnet; also nach der Möglichkeit, wie schnell die einzelnen Dinge zu Geld zu machen sind.
Hoffentlich nicht bis über beide Ohren: Die Schulden
Nach dem Vermögen werden die Schulden im Inventar aufgelistet. Auch hier darf nicht kunterbunt gemischt werden. Die Schulden sind streng nach deren Fälligkeit zu ordnen. Zuerst werden die langfristigen Schulden aufgeführt und dann erst die kurzfristigen.
Zu den langfristigen Schulden zählen Hypotheken- oder Darlehensschulden. Kurzfristiger Natur sind Schulden, die Sie bei Ihren Lieferanten haben, oder der teure Dispo, den Sie bei Ihrer Bank versehentlich voll ausgereizt haben.
Das bleibt übrig: Das Eigenkapital beziehungsweise das Reinvermögen
Im dritten Teil des Inventars werden die Schulden vom Vermögen abgezogen. Die Differenz nennt man Eigenkapital beziehungsweise Reinvermögen . Sollten die Schulden größer als das Vermögen sein, erhalten Sie eine negative Zahl, die Ihnen signalisiert, dass Sie überschuldet sind. Doch diesen Fall wollen wir Ihnen nicht wünschen.
Für den Zoo könnte das Bestandsverzeichnis aussehen wie in Tabelle 4.3.
1. Vermögen |
Wert |
Gesamt |
1.1 Anlagevermögen |
|
|
1.1.1 Bauten |
9.000.000 |
|
1.1.2 technische Anlagen |
1.500.000 |
|
1.1.3 Tiere |
5.000.000 |
15.500.000 |
1.2 Umlaufvermögen |
|
|
1.2.1 Futter |
1.000.000 |
|
1.2.2 Bankguthaben |
200.000 |
1.200.000 |
2. Schulden |
|
|
2.1 Hypothek |
1.000.000 |
|
2.2 kurzfristige Verbindlichkeit |
700.000 |
1.700.000 |
3. Ermittlung Eigenkapital |
|
|
3.1 Summe Vermögen |
16.700.000 |
|
3.2 Summe Schulden |
1.700.000 |
|
3.3 Eigenkapital |
15.000.000 |
|
Tabelle 4.3: Inventar für den Zoo – Werte in Euro
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